Trüffel, Sex und Swing

Eine Schlemmertour in den italienischen Marken ist ein Ereignis der besondern Art - mit Lizenz zum Genießen.
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Trüffel auf Fettuccine, Foto: G. Merk
srt 2 Trüffel auf Fettuccine, Foto: G. Merk
Gaudi-Band La Damigiana, Foto: G. Merk
srt 2 Gaudi-Band La Damigiana, Foto: G. Merk

Trüffel, Sex und Swing - Eine Schlemmertour in den italienischen Marken ist ein Ereignis der besondern Art - mit Lizenz zum Genießen.

Die Trüffel galt schon bei Pharao Cheops als pyramidale Delikatesse. Unsere alten Römer verehrten die Lustknolle als Mittel gegen Impotenz. Eben darum galt sie den Asketen des Mittelalters als Teufelswerk – ehe sie von fideleren Päpsten rehabilitiert wurden. Frage also: Die Trüffel als Aphrodisiakum, was ist da wirklich dran? Wir haben uns selbstlos für einen Versuch geopfert.

Ein Latin Lover aus Baviera

In den Marken, in den lichten Pinienwäldern und dunklen Schluchten zwischen Ancona und Appenin, schnüffelt ein Oberbayer den raren Pilzen der Gattung Tuber hinterher. Klaus Wilhelm Gérard hat mit Nr. 4809 als einziger Deutscher einen amtlichen Tessero (Ausweis) zum Trüffelsuchen in Italien. Sportlich, mit Dreitagebart und nackenlanger Frisur personifiziert er die erotische These – ein Latin Lover aus Baviera.

Dieser Duft lässt die Tischrunde selig stöhnen

Die Frauen umkreisen ihn wie die rötlichen Trüffelfliegen den vergrabenen Schatz. Denn wo immer sie ihre dampfenden Pastatöpfe aus der Küche tragen, er ist da: Klaus hobelt dann fleißig Trüffel drüber. Die hauchfeinen marmorierten Blättchen fallen wie rosiger Schnee auf die aufgetürmten Fettuccine. Und dann zieht ein Duft durchs Lokal, ein zauberhafter Duft. Sagen wir mal ruhig, es riecht sexy. In seiner Eindringlichkeit wäre das Odeur mit dem einer frisch gequetschten Knoblauchzehe zu vergleichen. Oder einem soeben vom Stanniol befreiten Romadour. Aber nein, dies ist ein edlerer Profumo. Dieser Duft entführt auf einen organoleptischen Höhenflug und lässt die Tischrunde noch vor der ersten Gabel selig stöhnen.

Truthahneier sind ein würdiges Bett für die Trüffelscheibchen

Mit seinen Reisegenossen tingelt der Trifolaio aus Peißenberg so von einer Dame zur andern. Die rosige Anna Maria in Cupramontana vergisst ihre Tankstelle und tänzelt leichtfüßig mit der heißen Nudelreine durchs Lokal. Die Wirtin der Fattoria "La Gentilena" in Monte San Vito bereitet mit ihrer Pasta casa aus Truthahneiern den Trüffelscheibchen ein würdiges Bett. Und Lolita in der Künstlerkneipe "al Tamburo Tattente" im Bergnest Castelbellino reicht zur Abwechslung üppige Platten mit köstlichem Grillfleisch.

Heiße Jungs singen Lumpenlieder

Da ist Musik drin. Überall hat Klaus, Trüffelhunter wie Talentscout, den richtigen Ton drauf. Bei "Gentilena" klingt das ganz à la marchigiana, wenn die heißen Jungs von "La Damigiana" zu Ziehharmonika und Tamburin ihre Lumpenlieder singen. Massimo an der Tankstelle bringt’s schon poppiger. Und die Fünf von "Burro e salvia" (Salbeibutter) bei Lolita näseln und swingen wie in den frühen 30ern. Das geht runter wie Trüffel. Vor allem, wenn man mit den ureigenen Weinen der Marken spült. Mit dem frischen, strohgelben Verdicchio und dem blutroten Lacrima di Morro d’Alba. Der duftet so herrlich nach Rosen und Veilchen.

Trüfel brauchen eine Bühne

Trüffel brauchen eine Bühne. Schon des Preises wegen. In Münchner Lokalen beispielsweise werden sie derzeit für 13 Euro auf den Teller gehobelt – pro Gramm! Aber wenn’s der Liebe dient? Ein alter Professor von Weihenstephan hat es dem Autor Klaus Wilhelm Gérard ("Die Geheimnisse des Trüffelsuchers", Piper, 8 Euro) bestätigt: Das Aroma des Pilzes ähnelt sehr stark dem Adrostenon, dem Sexualduftstoff des Ebers - weshalb die Sauen so gierig danach schnüffeln. Da trifft es uns schwer, wenn wir hören, dass österreichischen Wissenschaftlern der erste Nachweis einer asexuellen Vermehrung von Trüffeln gelungen ist. Diese könnte eine Kultivierung der wild wachsenden Luxusknollen ermöglichen. Aber, meine Herrn und Damen, wollen wir das? Trüffel beim Aldi, ganz asexuell?

Weitere Informationen

Sechs Trüffelreisen mit Klaus Wilhelm Gérard kann man bei The Italian Way in Peißenberg buchen, Tel. 08803/636421, Internet: www.trueffel-reisen.de. Zum Beispiel die "Reise für Leib und Seele" zu Kunst und Kulinaria unter spritueller Assistenz von (Ex-Andechs-Prior) Anselm Bilgri im Mai 2009. Oder zu "Opera & Tartufo" nach Ancona/Jesi/Macerata im Juli/August 2009.

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