Trend X-Reisen: ErfolgXstory mit Fußangeln

Die neuen dynamischen Pauschalreisen machen dem Urlauber nicht selten ein X für ein U vor.
"Da kann ich Ihnen etwas besonders Cleveres anbieten: eine speziell für Sie zusammengestellte Pauschalreise." Wer freut sich nicht, wenn er so etwas im Reisebüro hört? "Dynamisch paketierte" oder "X-Reisen" sind denn auch der Reisehit des Sommers. Aber sie sind nicht ohne Tücken.
Plus: Man kann fast beliebig Flüge und Hotels kombinieren
Sie heißen "XNEC" und "XTJAE", "XFTI" und "X12FLY", "XTOC" und "XDER". Und sie mischen aktuell den Reisemarkt auf. Gemeint sind Ableger großer Reisekonzerne, die "Dynamic Packaging" anbieten. So nennt man elektronisch geschnürte Pauschalreisen, die aus keinem Katalog stammen. Stattdessen stellt der Computer erst in dem Augenblick, in dem man anfragt, ein individuelles Reisepaket aus Flug, Hotel, Transfers und sonstigen Elementen zusammen. Im Fachjargon heißen sie kurz X-Reisen, weil in den Buchungscomputern vor dem Veranstalternamen meist ein X steht.
Der Vorteil der X-Angebote ist klar: Sie reagieren schnell, flexibel und ganz individuell auf viele Kundenwünsche, die früher unbeantwortet blieben. Bei langfristigen Reisen lässt sich problemlos das Lieblingshotel mit einem Billigflug kombinieren. Und im Last-minute-Bereich, wenn die Katalogangebote ausverkauft sind, gibt es so überhaupt noch was. Denn ist der normale Ferienflieger ausgebucht, dann wird die Pauschalreise eben mit einer Linienfluggesellschaft geschnürt.
Jasmin Taylor vom Spezialanbieter JT Touristik bringt das Motto auf den Punkt: "Mehr Freiheit bei der Reiseplanung". Und ihr Kollege Ioannis Afukatudis, Geschäftsführer von Bucher Reisen, ergänzt: "Der Kunde kann zum Beispiel einen Germanwings-Flug mit einer beliebigen Hotelübernachtung kombinieren und genießt zudem die Vorteile einer Pauschalreise wie Flughafentransfer, Reiseleitung und Absicherung der Reise durch den Reiseveranstalter."
Minus: Ohne Katalog hat man im Streifall wenig vorzuweisen
Kein Wunder, dass das Konzept erfolgreich ist. Beim Reisedienstleister Traveltainment, über dessen Datamix-System die meisten Reiseveranstalter ihre Angebote bündeln, stieg die Zahl der einschlägigen Buchungen binnen Jahresfrist um 85 Prozent. Insgesamt wird mittlerweile jeder zehnte Pauschalurlaub dynamisch paketiert, bei Internetbuchungen ist es sogar fast schon jeder dritte, berichtete die Fachzeitschrift FVW.
Ein ErfolgXmodell also - aber es ist nicht ohne Tücken. Das Hauptproblem: Wo es keinen Katalog gibt, wird es im Streitfall schwer nachzuweisen sein, auf welches konkrete Angebot denn überhaupt gebucht wurde. Reisebüros berichten in der Fachpresse von Nonstop-Flügen, die plötzlich zu ganztägigen Umsteigeverbindungen wurden, und von Schnäppchenreisen, bei denen sich der Reisepreis sogar während des Buchungsvorgangs nach oben änderte. Ein verzweifelter Reisebürobesitzer: "Wie soll man glaubhaft versichern, dass dies so nicht zuvor im System stand?" Da hilft im Zweifel nichts, als penibel Bildschirm-Ausdrucke zu erstellen.
Ein anderes Ärgernis: X-Reisen sind oft nicht so komplett wie die klassischen Pauschalreisen. Denn um in Preisvergleichslisten günstig dazustehen, haben Reiseveranstalter wie Air Marin die Busfahrt vom Flughafen zum Hotel nicht mehr im Pauschalreisepaket eingeschlossen. Zahlreiche Wettbewerber, vor allem im Internet, haben nachgezogen. In solchen Fällen muss der Urlauber sich selbst drum kümmern, wie er zum Hotel und später wieder zurück zum Flughafen kommt. Das kann dann allerdings deutlich teurer werden als die Ersparnis bei der Buchung. Immerhin hat der marktführende Dienstleister Traveltainment mittlerweile seine Darstellung geändert: Wer genau hinsieht, der kann jetzt deutlich erkennen, ob der Transfer dabei ist. Wer allerdings nicht weiß, dass er darauf achten muss, ist weiter der Dumme.
Hans-Werner Rodrian