Tischlein deck dich
PARIS: TRÜFFEL IM BISTRO CHIC
In der schmucklosen Rue Ternaux nahe dem quirligen Oberkampf-Viertel fällt das unscheinbare Restaurant Villaret überhaupt nicht auf. Doch kaum hat der Gast seinen Fuß über die Schwelle dieses gemütlichen „bistro chic“ mit Eichentheke, Fachwerk und Backstein gesetzt, schlägt ihm schon der betörende Duft aus der Küche entgegen, den leises Geklapper von Töpfen und Pfannen untermalt. Hier wird klassisch französische Küche serviert, aber ohne Stern und Schnickschnack.
Sandrine und Olivier Gaslain, die Wirtsleute, bürgen hier schon seit 20 Jahren für eine leckere Tafel. Die Karte wechselt täglich, weil Küchenchef Olivier jeden Morgen frische Lebensmittel in Rungis, dem Bauch von Paris, besorgt: Fisch aus der Bretagne, Rind aus dem Limousin, Clementinen aus Korsika oder Ananas aus Benin. Absolut empfehlenswert ist das Menü für 32 Euro (mittags 25Euro). Auf das Amuse-Bouche folgt die Kresse-Cremesuppe mit Ravioli von Ziegenkäse, die sanft geschmorte Fasanenhenne mit Salbei, Speck und Brüsseler Kohl als Hauptgericht, zum Schluss der duftende Bratapfel mit Lebkuchen und Yoghurt-Eis. Im Preis-Leistungs-Verhältnis unschlagbar: das Trüffel-Menü für 95 Euro, das im edlen „Ritz“ glatt das Dreifache kostet. Ein echter Hammer ist die 750 Weine umfassende Weinkarte, die hauptsächlich aus guten Burgundern besteht, wie etwa einem Domaine Chauvenet-Chopin Vougeot für faire 54 Euro.
Von: Gerd Niewerth
Le Villaret, 13 Rue Ternaux, Paris, Tel. 0033/143577556, keine Homepage
Her mit dem Hirn! Gegenüber vom Spitalfields Market im Londoner Osten lautet die Kochphilosophie „Nose to Tail Eating“ – das heißt, dass hier alles vom Tier verwendet wird, nicht nur die edlen Teile, sondern auch die Innereien, die Schweineöhrchen, die Ochsenherzen. Im St. John Bread & Wine. Hier gibt es großartiges Essen, für die Gäste, die sich ein bisschen mehr trauen. Der Laden ist voll von Galeristen und andern hippen Menschen, die es sich leisten können, im angesagten Londoner East End zu leben. Das Essen ist bezahlbar (zwei Personen mit allem Pipapo – also mit Wein und Dessert – circa 80Euro). Die Gerichte basieren auf alten englischen Rezepten, es gibt jeden Tag eine andere Karte, serviert wird ähnlich wie in einer Tapasbar: Alles kommt in die Mitte des Tisches, jeder isst von allem etwas. So funktioniert es auch prima, wenn man „nur“ mehrere Vorspeisen wie zum Beispiel das gepökelte Schweinefleisch mit Salzgurken, die Muscheln in Weißweinsauce, Rote Bete mit Entenei und Rucola, knusprige Ente auf Brunnenkresse und Lamm von den Hebriden mit schlichtem Brokkoli ordert. Hier geht alles. Und es lenkt aber rein gar nichts von den wirklich sehr guten Produkten ab.
Die Speisen sind fantastisch, ohne jedweden Schnickschnack. Genau so unaufgeregt ist das Ambiente mit den hohen Decken und der offenen Küche. Die Damen im Service sind unkompliziert, die Gäste laut und lebhaft. Das ist nichts fürs romantische Date zu zweit. Dafür aber für alles andere. Die Londoner lieben das Restaurant. Deshalb sollte man unbedingt reservieren, was via Internet funktioniert. Ganz unkompliziert.
Anja Wasserbäch
St. John Bread & Wine, 94–96 Commercial Street, London www.stjohnbreadandwine.com
Das Offensichtliche zeigt sich gleich, protzt mit viel Licht, schreit geradezu: Seht her, hier bin ich, lasst euch hier nieder! Doch das Bescheidene ist in den Moskauer Straßen immer versteckt, hinter steinernen Bögen, in Hinterhöfen oder Kellern. Die Suche lohnt sich immer. Vor allem nach Chatschapuri, dem kulinarischen Lädchen aus Georgien. Es protzt nicht mit herabhängenden Knoblauchzehen von der Decke, es zieht nicht mit der allzu typischen steinernen Treppe am Eingang hinein, wie das meistens traditionelle Lokale zu tun pflegen. Es lockt mit einfachen und frischen Waren aus einem Land, von dem das offizielle Moskau wenig hält.
Das Politische wird zwar auch hier offenbar – Weine aus Georgien sind in Russland nach wie vor verboten –, dafür gibt es allerlei Hausgemachtes: Kompott und Limonade, „Chatschapuri“ in allen Variationen, diese „Pizza des 21. Jahrhunderts“, wie die Macher das mit Käse überbackene Brot selbst nennen, „Tschachochbili“, ein Hähnchengericht, oder das „Dessert Mazoni“, einen Naturjoghurt mit Früchten. Hier ist es stets laut und voll. Und vor allem – lecker.
Von: Inna Hartwich
Chatschapuri: Bolschoi Gnesdnikowski pereulok 10, Metro: Twerskaja/Puschkinskaja oder Ukrainski Bulvar 7, Metro: Kiewskaja www.hacha.ru (auch auf Englisch)
Hemingway ging hier ein und aus. Dalí, Picasso oder Sophia Loren waren hier. Die spanische Königsfamilie schaut gelegentlich vorbei. Spitzenpolitiker sprechen bei einem Rotwein die Zukunft durch. Das Café Gijón ist einer der traditionsreichsten Trink- und Speisetempel im Herzen der spanischen Hauptstadt Madrid. Dort treffen sich Spaniens Intellektuelle, aber auch das normale Volk, zum Essen oder einfach nur auf einen „café con leche“, einen Milchkaffee. Im eichenholzgetäfelten Salon, mit seinen großen Spiegeln, Säulen, Marmortischen und roten Plüschsofas kann man in uriger Atmosphäre, wenn auch bei leicht erhöhtem Lärmpegel, ausgezeichnet essen. Die Promis ziehen sich lieber in die diskrete Krypta, das Höhlen-Restaurant im Keller, zurück. Auch eine Terrasse mitten auf Madrids Prachtboulevard Paseo de Recoletos gehört dazu, von der aus man wunderbar das Treiben auf der Flanierallee beobachten kann.
Als Appetithappen liegt man nie falsch mit einem Teller des „jamón ibérico“, dem luftgetrockneten Bergschinken. Für den großen Hunger ist alles, was vom Grill kommt, empfehlenswert. Als Nachtisch sollte man einen hausgemachten Karamellpudding (flan) probieren.
Von: Ralph Schulze
Café Gijón, Paseo de Recoletos 21, Madrid, www.cafegijon.com
Mitten im ehemaligen jüdischen Viertel gelegen, kommen im Al Pompiere römisch-jüdische Spezialitäten wie die „Carciofo romano“ auf den Tisch, in der Pfanne angebratene frische Artischocken. Dieses gutbürgerliche Lokal befindet sich im ersten Stock eines barocken Palastes. Die Deckenfresken sind Jahrhunderte alt. Das Restaurant liegt im ersten Stock und ist von der Straße aus über eine Treppe zu erreichen. Hier trifft man viele Rom-Besucher, aber die Adresse ist vor allem bei jenen Römern sehr beliebt, die Klassiker kosten wollen, wie handgemachte Nudeln mit Wildschweinsoße, wie die köstlichen frittierten Gemüseteller und Fleischspeisen, zu denen auch die typisch römischen Innereien gehören.
Das Al Pompiere ist nicht schick, nicht trendy, dafür sind die Teller voll und die Speisen ausgezeichnet. Das Restaurant ist eines der letzten Roms, die noch nicht auf modern getrimmt oder auf alt gemacht daherkommen. Hier ist alles unverändert seit über 60 Jahren.
Von: Thomas Migge
Al Pompiere, Via Santa Maria Calderari 38, www.alpompiereroma.com