Spektakuläre Aussichtsplattformen
Auf ihnen steht man mitten in der Bergwelt, kann frei wie auf einem einsamen Gipfel die Blicke schweifen lassen, und ein bisschen Gänsehaut ist auch dabei: Spektakuläre Aussichtsplattformen und in luftiger Höhe schwebende Brücken sind der neue Trend in den Alpen. Die schönsten dieser kühnen Konstruktionen aus Stahl, Holz und Glas stellen wir vor.
Il Spir - der Mauersegler über der Rheinschlucht
Im Schweizer Kanton Graubünden entspringt der Rhein als sprudelnder Bergbach und bahnt sich seinen Weg spektakulär durch die mehr als 400 Meter tiefe Schlucht Ruinaulta. "Little Swiss Grand Canyon" nennen die Eidgenossen diese gewaltige Naturkulisse südlich von Flims, die sie vor fünf Jahren mit einem besonderen Aussichtspunkt krönten. Wie ein Mauersegler - rätoromanisch spir - ragt Corinna Menns Konstruktion aus Lärchenholz, Stahl und nur einem einzigen Pfeiler aus dem Föhrenwald über die Schlucht hinaus. 180 Grad schweift der Blick hier über die Vorderrheinschlucht, den zweitgrößten Bergsturz weltweit. In knapp einer Stunde geht man von Flims-Dorf, Waldhaus, Laax oder Trin durch den schattigen Flimser Großwald nach Conn. Alternativen sind Mountainbike oder Kutsche. Il Spir liegt auch am Fernwanderweg Senda Sursilvana, der dem Vorderrhein an seiner nördlichen Flanke folgt (www.graubuenden.ch).
AlpspiX - Tausend Meter über dem Grund
Auch Bergerprobte kribbelt es hier im Magen. Der Boden der Aussichtsplattform oberhalb der Bergstation der Garmischer Alpspitzbahn ist aus Gitterrost. Mit jedem Schritt über einen der 24 Meter langen Stahlarme, die wie ein überdimensionales X aus dem Fels ragen, hat man das Gefühl, in der Luft zu schweben. Am Ende schaut man durch Glas wie durch ein Schaufenster fast 1000 Meter in die Tiefe. Unterhalb des AlpspiX beginnt der neue Genuss-Erlebnisweg, der sich entlang von 18 Stationen über drei Kilometer hinab zur Bergstation der Kreuzeckbahn schlängelt. Nicht nur Familien mit Kindern haben hier viel Spaß, wenn sie sich mit allen Sinnen auf die Spur des Riesen von der Alpspitze begeben (www.zugspitze.de).
Thun'scher-Gucker - Ausblicke auf Etschtal, Meran und Gipfelwelt
Statt schroffer Felswände säumen duftende Blüten und kunstvoll angelegte Rabatten den Weg zu diesem Aussichtspunkt. Der Bozener Stararchitekt Matteo Thun setzte an den äußersten Rand der Parkanlagen von Schloss Trauttmansdorf hoch über Meran sein überdimensionales Fernglas. Wer am Ende der Sisi-Promenade die Stufen zum Matteo-Thun'schen-Gucker erklimmt und sich ins Innere des Binokels begibt, dem öffnet sich nicht nur der Blick über den am Hang liegenden Garten. Aus der Vogelperspektive schaut man über Meran und die Vinschgauer Apfelgärten, die sich wie ein Teppich über das Etschtal legen und auf die Berge, die das Tal nach Süden hin abriegeln. Das Material der Plattform, das zu 95 Prozent lichtdurchlässig ist, vermittelt einem dabei den Eindruck, als würde man frei schweben (www.trauttmansdorff.it).
Dachstein Skywalk - rundum nichts als Gipfel
Der erste Schritt auf den gläsernen Boden des Skywalks am Dachsteingletscher kostet Überwindung. Doch bald schon löst sich die Hand von der Brüstung und man betrachtet fasziniert, was sich da zu Füßen tut: die gelbe Gletschergondel, die aus dem Tal nach oben schwebt oder die geschäftigen Dohlen, die krächzend durch die Lüfte tanzen. Seit 2005 ragt der Dachstein Skywalk am Hunerkogel in den Himmel. Vier Meter geht man über die Felskante hinaus, um nicht nur auf die mehr als 250 Meter senkrecht abfallende Wand unter sich zu blicken. In erster Linie genießt man vom 40-Tonnen-Stahlbeton aus den Blick über die felsigen Gipfel rundum. Die Aussichtsplattform liegt dabei deutlich höher als bei den Niagara- oder den Iguazú-Wasserfällen. Lohnend ist auch der Skywalk-Spaziergang, auf dem man an klaren Tagen Großglockner und Triglav sehen kann. Kontrastprogramm bietet die Eishöhle mit Thronsaal, Kristalldom und blauem Salon (www.derdachstein.at).
Welterbeblick - Fünf Finger in den Himmel
Am Nordrand des Dachstein-Massivs ist es der Krippenstein, der Schwindelfreien eine besondere Aussicht bietet. Auf dem 2108 Meter hohen Gipfel direkt am Hallstätter See zeigen die "5fingers" besondere Perspektiven. Die wie eine Hand über einem 400 Meter tiefen Abgrund angeordneten Stege eröffnen nicht nur herrliche Blicke über das Innere Salzkammergut, den See und im Süden auf vergletscherte Berge. Jeder der vier Meter langen Finger hat darüber hinaus eine besondere Spezialität: Auf einem ist ein wuchtiger, goldener Barockbilderrahmen so angebracht, dass man sich zum Foto vor dem Unesco-Welterbe Hallstatt in den besten Rahmen setzen kann. Einer davon ist ganz aus Glas. Der mittlere ist kürzer und endet mit einem (nicht begehbaren) Sprungbrett als Symbol für die Freiheit der Berge. Beim vierten Finger gibt ein Loch im Boden den Blick auf den Abgrund frei, während auf dem fünften ein Fernglas den Blick in die Weite eröffnet (www.dachstein-salzkammergut.com).
Skywalk - Europas längste Hängebrücke für Fußgänger
Nicht jedem gefällt das begeisterte Hopsen, mit dem die lachenden Kinder ihren Untergrund so schön zum Schwingen bringen. Schließlich kann es ordentlich Überwindung kosten, sich auf die Hängebrücke aus Stahlseil zu wagen, die sich so elegant über den wildromantischen Lauitobel im Schweizer Kanton Schwyz spannt. Auch wenn man Wald und grasbewachsenes Ufer am Rande des Bergbachs unter sich sieht, sind es doch immerhin 58 Meter bis hinunter zum Grund. Los geht's auf dem Mostelberg, nur ein paar Schritte von der Bergstation Stuckli entfernt. Zunächst wandert man nur ein paar Meter über dem Grund, doch schon bald wird es tief unter den Füßen. Und das auf einer Länge von 374 Metern. Immerhin ist die Hängebrücke am Mostelberg Europas längste. Und sie ist breit genug, dass sie auch mit Rollstuhl oder Kinderwagen befahren werden kann. Jenseits der Schlucht eröffnet sich ein weites Netz von Wanderwegen. Unter anderem ein 3,7 Kilometer langer Naturweg zu verschiedenen Kraftplätzen (www.sattel-hochstuckli.ch).
Karwendelrohr - in die Röhre geguckt
Mehr als nur ein Aussichtspunkt ist das überdimensionale Fernrohr, das in Mittenwald neben der Bergstation der Karwendelbahn an den Fels gelehnt ist, als hätte es ein Riese dort abgelegt. In der 34 Meter langen und acht Meter breiten Röhre aus Stahl, Beton und Lärchenholz befindet sich ein Museum. Deutschlands höchstes Klassenzimmer sagen die Einheimischen schmunzelnd zu diesem architektonischen Meisterstück auf 2244 Meter Höhe, in dessen Inneren wechselnde Ausstellungen (bei freiem Eintritt) die Lebensbedingungen von Mensch, Tier und Pflanzen im hochalpinen Gelände kurzweilig und anschaulich erklären. Am einen Ende der Räumlichkeiten blickt man aus einer großen Fensterfront hinaus über die 1300 Meter steil abfallende Felskante in Richtung Mittenwald und Isartal. Gegenüber fällt der Blick auf die Karwendelmulde, in der die Schneehühner eines ihrer letzten Rückzugsgebiete in den bayerischen Alpen haben (www.bergwelt-karwendel.de).
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