Nachbarschaftshilfe kann teuer werden

München - Kleine Gefälligkeiten unter Nachbarn sind an der Tagesordnung. Besonders in der Urlaubszeit ist es beruhigend, wenn man weiß, dass jemand den Briefkasten leert, die Blumen gießt und die Meerschweinchen füttert - aber wer haftet eigentlich, wenn dabei etwas passiert?
In der Regel erkennen die Gerichte bei Schäden, die im Zusammenhang mit einer Gefälligkeit entstehen, den sogenannten "stillschweigenden Haftungsausschluss" an. Das musste ein Konstanzer Hausbesitzer feststellen, dem durch Blumengießen ein Teppich ruiniert worden war. Weil der Blumenkübel besonders groß war, hatte der freundliche Nachbar es auch besonders gut gemeint, und etwas zu viel Wasser in den Kübel gegossen. Dadurch entstand nach ein paar Tagen ein Wasserfleck auf dem kostbaren Orientteppich. Kein Problem, dachte sich der Schadensverursacher, und schaltete seine Privathaftpflichtversicherung ein. Doch die lehnte ab, da es sich bei der Sache um eine reine Gefälligkeit unter Nachbarn gehandelt habe und somit der stillschweigende Haftungsausschluss greife – der freundliche Helfer also nicht haften müsse.
So landete die Sache vor dem Konstanzer Amtsgericht, und das gab der Versicherung Recht (Az 5 C 608/93). Hätten die beiden Nachbarn vorher mal darüber gesprochen, so der Richter, hätte der Blumenfreund sicher klargestellt, dass er zwar gerne helfe, vorausgesetzt, dass er für eventuelle Schäden nicht gerade stehen müsse. Der Helfer musste folglich nicht zahlen und damit die Versicherung auch nicht.
Eine Privathaftpflichtversicherung sollte jeder haben
Trotz dieses Entscheids: Wer seinem Nachbarn im Urlaub mit solchen Gefälligkeiten helfen will, der sollte unbedingt eine Privathaftpflichtversicherung abschließen. Denn der stillschweigende Haftungsausschluss ist eine Konstruktion, die nicht alle Gerichte mitmachen. Zwar soll derjenige, der hilfsbereit ist, dafür nicht auch noch bestraft werden. Andererseits steht im Bürgerlichen Gesetzbuch ebenso deutlich: Wer anderen einen Schaden zufügt, muss ihn ersetzen. Mit der Versicherung ist der Helfer in jedem Fall auf der sicheren Seite: Entweder greift der Haftungsausschluss, dann muss er für leicht fahrlässig verursachte Schäden nicht gerade stehen. Findet der Ausschluss keine Anwendung, etwa weil dem Helfer grobe Fahrlässigkeit unterstellt nachgewiesen wird, kann er seine Versicherung heran ziehen.
Kitzlig kann es auch beim "Hundehüten" werden.
Wenn jemand nur kurz den Hund Gassi führt, gilt dies als Gefälligkeit. Das heißt: Der Hüter haftet nur, wenn er die nötige Sorgfalt außer Acht lässt. Passt jemand hingegen während der Urlaubsreise des Nachbarn auf dessen vierbeinigen Mitbewohner auf, kommt stillschweigend ein Verwahrungsvertrag zustande. In diesem Fall trägt der Hüter die Verantwortung für den Hund – beispielsweise wenn dieser in seiner Obhut jemanden beißt. Was tun? Prüfen Sie, ob ihre Privathaftpflichtversicherung auch für Schäden durch Katzen und kleinere Tiere aufkommt. Außerdem sollte der Helfer den Hundebesitzer fragen, ob er eine Tierhalter-Haftpflichtversicherung hat. Durch diese sind Tierhüter oft mit versichert.
Besonders heikel wird es, wenn Kinder betroffen sind.
Wer ein fremdes Kind tagelang beaufsichtig, weil dessen Vater und Mutter auf Reisen sind, oder wer fremde Kinder mit in den Urlaub nimmt, sollte sich darüber klar sein, dass er dann die Aufsichtspflicht trägt und haftet, falls das Kind einen Schaden anrichtet oder wenn ihm selbst etwas zustößt.
Rudi Stallein