Mit Billigticket in die Business Class

Absolut legal: Anders als ein Ministerpräsident können Privatleute ganz ohne Reue auf ein sogenanntes Upgrade hinarbeiten.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Stammkunden fliegen komfortabler
afp Stammkunden fliegen komfortabler

München - Absolut legal: Anders als ein Ministerpräsident können Privatleute ganz ohne Reue auf ein sogenanntes Upgrade hinarbeiten.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff handelte sich viel Ärger ein, als er sich und seine Familie bei einem Privaturlaub in Florida kostenfrei von der Economy in die Business-Class umbuchen ließ. Reumütig zahlte der Politiker mehr als 3000 Euro nach. Wer kein Politiker ist, der kommt dagegen mit etwas Glück manchmal auch ohne den happigen Aufpreis in den Genuss, vorn zu sitzen. Das Zauberwort heißt Upgrading.

Der Streckenmanager von United Airlines traute seinen Augen kaum: Gerade hatte der Computer noch eine ausgebuchte First Class der Donnerstagsmaschine von Chicago nach San Francisco gezeigt - und einen Wimpernschlag später waren alle 24 Plätze frei! Des Rätsels Lösung: Ein Vielflieger hatte alle Sitze unter fiktivem Namen gebucht und kurzfristig storniert. Er wollte eben ganz sicher gehen, dass ein Sitz frei wird für sein Standby-Upgrade... Seit immer mehr Firmen ihre Reiseetats zusammenstreichen, ist die Höherstufung in eine bessere Kabinenklasse zum Lieblingssport ganzer Heerscharen von Geschäftsreisenden geworden. Wichtigstes Hilfsmittel dabei sind die Frequent-Flyer-Programme. Aber es müssen gar nicht so extreme Ideen sein wie die oben beschriebene. Wer sich auskennt, kommt auch mit legalen Mitteln zum Ziel. Dazu ist allerdings Detailkenntnis nötig. Schließlich bietet jede Upgrading-Variante andere Ansatzpunkte.

Drei Tipps für die Praxis

Variante 1: Meilen für Höherstufung Der gängigste Weg aus der Ölsardinenklasse heißt Prämien-Upgrade: Wer genügend Meilen gesammelt hat, kann sie statt für einen Freiflug auch zur Höherstufung verwenden. Auf der Standardstrecke über den Atlantik legt man etwa bei Lufthansa als Economy-Vollzahler 35000 Meilen für den Lift in die Business Class an, bei den großen US-Gesellschaften sind es ab 20000 Meilen, vom Minimaltarifticket in die breiten Ledersessel kostet es das doppelte, und oft muss man zusätzlich noch 25 bis 500 Euro aufzahlen. Bei Flugpreisen ab 2500 Euro bleibt das trotzdem ein gutes Geschäft.

Variante 2: Stammkunden fliegen komfortabler Prämien-Upgrades sind freilich nicht die einzige Möglichkeit, in die nächste Klasse aufzusteigen. Noch lukrativer sind Sonder-Upgrades für die Elite-Vielflieger mit "Status". Die besten Stammkunden werden von den Fluggesellschaften teilweise sogar mit freien Upgrades auf allen Flügen geködert. Weniger großzügige Varianten sind: je ein Gratis-Upgradesticker nach 5000 gesammelten Meilen, Prämienupgrades zu günstigeren Konditionen und bezahlte Upgrades.

Variante 3: Am Check-in verhandelt Je höher der Status, umso mehr Chancen hat man auf ein frühzeitiges Upgrade. Hat das nicht geklappt, so bleibt immer noch die Standby-Variante: die Chance auf den "Lift" am Check-in, wenn noch Platz in einer besseren Kabinenklasse verfügbar ist oder das Gegenteil, die gebuchte Klasse überbucht. Bei sehr leeren Flugzeugen müssen manchmal Passagiere aus Balancegründen umgesetzt werden; die besten Chancen haben dann Gäste, die ursprünglich in der Mitte saßen. Wer auf einem überbuchten Flug freiwillig auf seinen Sitz verzichtet, sitzt danach ebenfalls oft vorn - in der nächsten Maschine. Gern angewendet wird auch eine nicht ganz ungefährliche Technik: ohne Sitzplatzreservierung auf einem ausgebuchten Flug erst kurz vor Torschluss zu erscheinen. Dann endet man entweder auf dem schlechtesten Sitzplatz in der Billigklasse oder wegen Überbuchung ganz vorne. Wie gesagt, das ist eine riskante Strategie, denn das Bodenpersonal ist eigentlich angewiesen, die Vollzahler und Vielflieger zuerst upzugraden.

Etwas Charme und ein paar Komplimente öffnen manche Tür

Charme und Komplimente sind hilfreich Klar, dass hier nicht nur die Papierform zählt. Seriosität, Charme und geschicktes Auftreten können nicht schaden. Ein Kompliment zur rechten Zeit hat schon viele Türen geöffnet. Umgekehrt ist es absolut kontraproduktiv, plump nach einer Höherstufung zu fragen. Das Airline-Personal reagiert darauf üblicherweise schroff. Upgrades sind eben eine Grauzone, in der es nicht nur feste Regeln gibt. Aggressivität führt in den seltensten Fällen zum Ziel. Auch der US-Passagier, der alle Firstclass-Sitze erst gekauft und dann storniert hat, wurde damit nicht glücklich. Die Airline bemerkte den Trick und lud alle Passagiere links und rechts des Passagiers ein, die Firstclass zu füllen. Nur er musste hinten bleiben...

Hans-Werner Rodrian

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.