Mexiko: Urlauber fliegen trotz Schweinegrippe

München - Die Schweinegrippe in Mexiko schreckt längst nicht alle Urlauber ab. Die Reiseveranstalter haben zwar die Fristen für kostenlose Stornierungen und Umbuchungen verlängert. Trotzdem halten die meisten Urlauber an ihren Badeferien auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan fest.
Am vergangenen Montag waren 31 TUI-Gäste nach Mexiko gebucht. 25 davon sind auch geflogen, sagt Pressesprecher Michael Blum. Für die ganze Woche betrachtet fällt die Quote der Umbucher beim größten Veranstalter Deutschlands mit 150 von 350 zwar höher aus, aber mehr als die Hälfte der TUI-Kunden wird trotz Schweinegrippe nach Mexiko starten. Die Stimmung unter den Urlaubern vor Ort ist noch eindeutiger. 800 TUI-Gäste sonnen sich in dieser Woche an den mexikanischen Stränden. Nur neun von ihnen wollten wegen der Schweinegrippe nach Hause und haben ihren Urlaub abgebrochen.
TUI hatte als erster Veranstalter kostenlose Stornos und Umbuchungen erlaubt. Alle anderen großen Anbieter zogen nach, als das Auswärtige Amt seinen Sicherheitshinweis verschärfte und seit Sonntag-abend "von nicht unbedingt erforderlichen Reisen nach Mexiko derzeit dringend abrät." Diese Empfehlung ist keine Reisewarnung, wie fälschlicherweise mitunter berichtet wird. Deshalb gibt es auch keinen Rechtsanspruch auf kostenlose Stornierungen oder Umbuchungen. Beides beruht allein auf der Kulanz der Reiseveranstalter.
Auf Yucatan hat es noch keinen Schweinegrippefall gegeben
Unisono weisen die Reiseveranstalter allerdings darauf hin, dass auf der Halbinsel Yucatan, dem Haupturlaubsgebiet der Deutschen, bisher kein einziger Fall von Schweinegrippe bekannt geworden sei. Die Strände der so genannten Riviera Maya mit dem Zielflughafen Cancun liegen rund 1200 Kilometer vom Seuchenherd Mexico City entfernt. Reisemediziner Dr. Tomas Jelinek vom Centrum für Reisemedizin (CRM) stimmt den Veranstaltern zu. "Ich hätte keine Bauchschmerzen, nach Cancun zu fliegen", sagt der Arzt. Doch eine regionale Differenzierung sei in der Öffentlichkeit nur schwer zu vermitteln, weshalb auch sein Institut empfiehlt, auf Reisen nach Mexiko ganz zu verzichten.
Mexiko ist ein beliebtes Reiseziel der Deutschen. Im vergangenen Jahr flogen fast 160000 Urlauber ins Land der Maya. Die allermeisten davon verbrachten ihre Ferien an den Stränden der Halbinsel Yucatan. Die Zahl der Mexiko-Urlauber schwankt übers Jahr recht stark. Die Hauptsaison ist im Winter und jetzt vorbei. Insbesondere Rundreisen werden derzeit kaum durchgeführt. Lateinamerika-Spezialist Miller Reisen hat aktuell nur einen einzigen Gast in Mexiko. Im Mai sollten sechs Urlauber Mexiko entdecken, so Produktmanagerin Manuela Käs, doch die haben umgebucht. Die Zeit der Mexiko-Rundreisen beginne erst wieder im Juni. Auch Studiosus hat zurzeit nur eine Reisegruppe in Mexiko, allerdings weitab der Hauptstadt im südlichen Bundesstaat Chiapas.
Um die Hauptstadt Mexiko City machen alle Veranstalter einen großen Bogen
Um die Hauptstadt Mexico City, dem Geburtsort des mutierten Schweinegrippen-Virus, machen alle Reise-veranstalter derzeit einen großen Bogen. Nicht allein aus gesundheitlichen Gründen. Die 20-Millionen-Metropole gleicht stellenweise einer Geisterstadt. Menschen mit Mundschutz prägen das Straßenbild. Alle öffentlichen Veranstaltungen sind abgesagt, nicht nur Schulen, sondern auch Museen und viele Restaurants sind geschlossen. Keine guten Voraussetzungen für eine Stadtbesichtigung. Grippe-Wetter herrscht dort aber nicht. Obwohl die Stadt auf 2300 Metern Höhe liegt, klettert das Thermometer tagsüber auf 25 Grad, nachts sind es um 15 Grad.
Reisen mit Mundschutz und Medikamenten
Wer jetzt trotz Schweinegrippe in seinen Mexiko-Urlaub fliegt, der kann vorbeugen. Ins Gepäck gehöre für alle Fälle ein Mundschutz (FP2-Masken) und Medikamente, empfiehlt das CRM. Sie vorbeugend zu schlucken, sei aber eher kontraproduktiv, sagt Jelinek. Regelmäßiges und gründliches Händewaschen ist angesagt, Menschenansammlungen und Kranke sollte man meiden, so die Tipps der Reisemediziner. Die Erkrankung selbst ist der normalen Grippe ähnlich. Die Inkubationszeit dauert eine Woche, die Schwei-negrippe selbst noch einmal solange. Da der Erreger neu ist, kann niemand sagen, wie gefährlich das Virus wirklich ist. Man könne aber davon ausgehen, dass die meisten Erkrankungen wie eine normale Grippe ohne schlimme Folgen verliefen, so Jelinek.
In Mexiko würden die glimpflich verlaufenden Fälle gar nicht erfasst, sagt Jelinek. Die Statistik wei-se nur die Patienten in Krankenhäusern aus. Die Weltgesundheitsorganisation WHO zählt davon mitt-lerweile mehr als 1000, mehr als 100 seien gestor-ben. Doch damit wäre die Schweinegrippe nicht ge-fährlicher für Menschen als eine normale Grippe. Auch bei der jüngsten Grippewelle in Deutschland seien rund zehn Prozent der in Krankenhäuser einge-lieferten Patienten gestorben, sagt der Reisemedi-ziner. Nur nehme von diesen Todesfällen kaum einer Notiz.
Thomas Hartung