Malaysia: Im Tropenreich der Rotrücken-Adler
Langkawi - Maidan Bin Rashid ist Ranger, kein Redner. „Nennt mich Dian“, sagt unser Freund der knappen Worte. Je länger der Weg durch den Regenwald wird, desto kürzer werden seine Hinweise. Ja, mit dem Harz kann man prima Fugen von Booten und Hütten abdichten. Ja, die weiße Paste, die nach einem kurzen Schnitt mit dem Buschmesser aus einer Kautschukbaumwurzel quillt, sieht aus und klebt wie Kaugummi. Ja, das Wasser ist sauber, und aus Rattan kann man viele Dinge bauen. Das hat man sich schon so gedacht.
Mit langen Schritten führt Dian durch den Penang-Nationalpark. Sein schulterlanges graues Haar umspielt sein tiefbraunes Gesicht. Dschungle-Trekking? Na ja, mehr Natural Walk. Es geht recht bequem über kleine Brücken, steinerne Stufen und gut markierte Wege – auch wenn einem das Hemd schnell am Leibe klebt. Am Affenstrand gibt’s keine Affen. Am Kerachut-Strand strampeln in der Nähe eines Zeltplatzes eine Woche junge Olive-Ridley-Schildkrötenbabys handtellergroß in einem Bassin. Immerhin.
Der 2003 eröffnete Penang-Nationalpark im Nordosten ist mit seinen rund 2,5 Hektar der jüngste und kleinste Malaysias. 44 Reptilien- und 163 Vogelarten, über 1000 verschiedene Pflanzen. Fleischfressende auch. Das ist interessant, sagt Dian. Die schwüle Hitze ist trotz 90 Prozent Luftfeuchtigkeit erträglich. Traumhafte Sandstrände locken zum Baden, doch Achtung: Auf Penang sollte man nicht unbedingt ins Meerwasser springen. Denn sauber ist das nicht. Schilder warnen überall: Vorsicht, Quallen!
Dennoch: Malaysia macht auf Ökotourismus. Die Mangroven- und Regenwälder ließen schon vor 100 Jahren den Briten Sir Hugh Cliffort schwärmen: „Diese Wälder gehören zu den wundervollen Dingen der Erde. Ihre Ausdehnung ist immens, und die Bäume, die sie bilden, wachsen so dicht beisammen, dass sie sich gegenseitig bedrängen und überlagern.“ Die üppige Natur ist Malaysias Tourismus-Pfund. Und damit wird gewuchert – wenn auch manche Beobachter behaupten, mehr aus Geschäftssinn als aus Überzeugung.
Ein Ausflugsboot tuckert zwischen 9 und 17 Uhr täglich über einen Stausee zur Orang-Utan-Insel Bukit Merah – auch sie eine dieser gewagten Mischungen aus Touri-Attraktion und wissenschaftlichem Naturschutz. Doktor Sabapathy leitet die Aufzuchtstation seit ihrer Gründung im Jahr 2008. Mittlerweile leben hier 27 Orang-Utans, 18 wurden auf der Insel geboren. Auf dem Regenwald-Eiland werden sie trainiert, um in der freien Wildbahn zu überleben. „In Malaysia leben vielleicht noch 2000 Orang-Utans in den Wäldern“, sagt Sabapathy. Ein Kampf gegen die Zeit. Zigtausende Besucher kommen Jahr für Jahr auf die Insel. Dort laufen sie in einem 100 Meter langen schmalen Käfig herum, schauen den Primaten zu und werfen ihnen Früchte durchs Gitter. Von innen nach außen, sozusagen. Wer da wen nachäfft, ist die Frage. Das imposante Oberhaupt ist 29 Jahre alt und lässt sich von jungen, übermütigen Hüpfern nicht ärgern. Sabapathy ist mit dem Erfolg seiner Arbeit und mit den Besucherzahlen zufrieden – wie auch das geschäftstüchtige Management der nahen, in die Jahre gekommenen Ferienanlage, zu dem die Orang-Utan-Insel gehört.
Das luxuriöse Berjaya-Resort mit seinen komfortablen Pfahlbauhütten auf Langkawi im Norden Malaysias ist da eine bessere Adresse. Schroffe Felsen, imposante Bergrücken, Tropenwald, Plantagen, Reisfelder und Traumstrände – die Insel ist Malaysias touristisches Aushängeschild. Nicht zuletzt wegen der Freihandelszone, die auch das Bier günstiger als auf dem Festland macht.
Selamat Datang! Willkommen! Die Hauptinsel, 320 Quadratkilometer groß, boomt. Vor langer Zeit, so besagt die Legende, hatte die schöne Prinzessin Mahsuri sterben müssen, weil ihr eine Affäre mit einem malaiischen Reisenden angehängt worden war. Zu Unrecht, wie sich bei der Hinrichtung herausstellte, denn das Blut, das aus ihrem Leib strömte, war unschuldig weiß. Sieben Generationen lang, so Mahsuris Fluch, solle Langkawi auf keinen grünen Zweig kommen – es folgten auf der Insel Missernten, Pleiten und Überfälle der benachbarten Thais. Inzwischen sind sieben Generationen verstrichen, und der Fluch scheint gebannt. Die 99 Kalksteininseln mit ihrer Hauptstadt Kuah wachsen stetig und gedeihen. Mahsuri, vor allem aber den vielen Duty-free-Läden, sei Dank.
Naturschutz ist Geschäft – auch in einem tropischen Paradies. Die Fütterung der rotbraunen Adler, die Langkawi ihren Namen geben, ist nicht jedermanns Sache. Von Dutzenden Außenbordern, deren qualmende Dieselmotoren durchs Wasser schäumen, werden Fleischreste in den Kilim-Fluss geworfen, um die im Vergleich mit den weißbäuchigen Seeadlern etwas kleineren Rotrücken-Raubvögel anzulocken. Artgerecht ist das nicht. Aber lukrativ. Wie die Unesco-Global-Geopark-Tour durch das grandiose Mangroven-Sumpfgebiet zu Fledermaus-Tropfsteinhöhlen und Fischaufzuchten – vorbei an neugierigen Makaken. Einheimische Hochzeitsreisende zieht es dagegen mehr nach Dayang Bunting, zum See der schwangeren Jungfrau.
Seit sechs Jahren gibt es eine neue Attraktion, um Geologie, Vogelwelt und Regenwald aus extravaganter Perspektive zu bestaunen: die Sky-Bridge. Die frei schwingende Fußgängerbrücke bietet einen wunderschönen Ausblick über den Andamansee. Die Seilbahnfahrt zum 713 Meter hohen Mount Machincang dauert vom Retortendorf Oriental Village 15 Minuten. Ängstliche seien beruhigt: Seilbahn und Gondeln kommen aus österreichisch-schweizerischer Produktion.
Umwelt, Tourismus, Shopping: Dem Vielvölkerstaat (gut 50 Prozent Malaysier, rund 24 Prozent Chinesen, um die sieben Prozent Inder) fällt es manchmal schwer, sich klar zu entscheiden. Die Staatsreligion Islam (ihr gehören 60 Prozent der Bevölkerung an) kann nicht immer das friedliche Miteinander der Religionen garantieren – auch wenn Tempel, Kirchen und Moscheen in Georgetown oder Malakka oft eng nebeneinander liegen.
Aber gerade das macht Malaysia so reizvoll-spannend – und ist typisch für ein Land, in dem sich die Baba-Nyonya-Küche, in der Gerichte auf chinesische Art mit malaysischen Zutaten abgeschmeckt werden, in dem Fußball und Badminton Lieblingssportarten sind und Sikhs auf dem Motorrad keinen Helm tragen müssen, weil sie schon einen Turban auf dem Kopf haben.
Land
Malaysia, Partnerland der Urlaubsmesse CMT in Stuttgart (Halle 8), ist seit 1963 unabhängig und besteht aus zwei durch das Südchinesische Meer getrennten Landesteilen, der malaiischen Halbinsel im Westen und Teilen der Insel Borneo im Osten. Der Westteil grenzt im Norden an Thailand, im Süden befindet sich der Stadtstaat Singapur. Der Ostteil teilt sich die Grenze mit Indonesien und umschließt im Norden das Sultanat Brunei. Hauptstadt ist Kuala Lumpur.
Bevölkerung
Der Großteil der etwa 28,3 Millionen Einwohner lebt im westlichen Teil des Landes. In Malaysia leben 50,4 Prozent Malaien, 23,7 Prozent Chinesen, elf Prozent indigene Völker (Orang Asli und Dayak), 7,1 Prozent Inder und 7,8 Prozent Sonstige. Im Ostteil, also den beiden auf der Insel Borneo gelegenen Bundesstaaten Sarawak und Sabah, leben nur etwa 5 Millionen Menschen (rund 20 Prozent der Bevölkerung).
Staatsoberhaupt ist der Yang di-Pertuan Agong, der König Malaysias, der alle fünf Jahre aus einer Reihe von neun Adelsträgern gewählt wird. Damit ist das Land eine der wenigen Wahlmonarchien der Welt.
Anreise
Mit Malaysia Airlines von Frankfurt/Main nach Kuala Lumpur. Hin- und Rückflug für rund 650 Euro. www.malaysiaairlines.com
Unterkünfte
Boutique-Hotel: Casa del Rio in Malakka (www.casadelrio-melaka.com), Zimmer ab 700 Ringgit (ein Euro sind ungefähr 4,3 Ringgit); Berjaya Resort auf Langkawi (www.berjayahotel.com), Zimmer im Pfahlhaus-Bungalow ab 560 Ringgit; Royale Chulan in Kuala Lumpur (www.theroyalechulan.com.my) De-luxe-Zimmer ab 750 Ringgit; Lone Pine Hotel in Georgetown/Batu Feringghi (www.lonepinehotel.com), De-luxe-Zimmer ab 880 Ringgit.
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