Maget in Albanien: Mehr als Einmann-Bunker und der Kellner von FJS

TIRANA - Auch ein Löwenbändiger macht mal Urlaub. Franz Maget, der Fraktionsvorsitzende der SPD im bayerischen Landtag, war in Albanien. Für die AZ-Leser hat er einen Reisebericht geschrieben.
Als wir erzählten, dass wir in den Urlaub nach Albanien fahren, ernteten wir überraschte Blicke und kritische Nachfragen. Man spürt sofort: Kaum ein anderes Land in Europa hat einen schlechteren Ruf als dieser kleine Balkanstaat und vor allem kaum ein anderes ist unbekannter.
Das lässt Raum für viele Vorurteile. Deshalb zunächst der Hinweis: Albanien ist sicher. Die größten Gefahren gehen von ungesicherten Baustellen, kratergroßen Schlaglöchern und den zahllosen Radarpistolen aus, über die die albanische Polizei heute verfügt. Tatsächlich wird alle paar Kilometer die Höchstgeschwindigkeit elektronisch kontrolliert, die ohnehin bei nur 80 km/h liegt. Und tatsächlich sind die Straßen wirklich schlecht. Man braucht Zeit und manchmal gute Nerven.
Sprachlich gibt es nie wirklich ein Problem
Die Anreise ist bequem. Täglich fliegt die Lufthansa von München direkt in die Hauptstadt Tirana. Der nagelneue Flughafen beherbergt bereits alle gängigen Leihwagenfirmen. Adriano, der örtliche Repräsentant von Sixt, ist nicht nur freundlich und hilfsbereit, er spricht auch deutsch, wie viele im Land. Die Jungen können häufig englisch. Und auch italienisch hört man oft. Nur auf dem Land wird es sprachlich manchmal eng, aber nie wirklich ein Problem.
Vom Flughafen führt eine neue Autobahn ins nahe Tirana. Wer auf einen Mietwagen verzichtet, der kann auch bequem und zuverlässig mit dem Bus reisen. Die Fahrpreise sind spottbillig, die Fahrpläne werden im Großen und Ganzen eingehalten. Nur der Zug ist ein Trauerspiel, das sich keiner wirklich antun will.
Tirana - jung und quicklebendig
Tirana ist die erste große Überraschung: eine quicklebendige, junge Stadt. Im Mittelpunkt gibt der Skanderbegplatz die Orientierung vor. Dort liegen Nationalmuseum, Kulturpalast und Opernhaus mit Terrassencafé. Alle Rundgänge kann man hier starten, auch das Touristenbüro ist um die Ecke und eine kleine Buchhandlung mit einem eingeschränkten Angebot an deutschen Zeitungen.
Das wahre Leben spielt sich im Blockviertel ab, dem Regierungsviertel. Verlassen liegt dort die Villa des einstigen kommunistischen Alleinherrschers Enver Hodscha. Aber drum herum wimmelt es von Straßencafés, Lounges und Restaurants. Angeblich hat jüngst die New York Times diese Ecke als "hottest spot in Europe" bezeichnet. Soweit würde ich nicht gehen, aber lebendig ist es schon.
Ein schönes Hotel sollte man in diesem Viertel nehmen. Die Preise sind moderat, die Zimmer haben allen Komfort, einschließlich Satelliten-TV, natürlich mit Flachbildschirm. Übernachten ist im ganzen Land kein Problem. Die Zimmerpreise liegen bei rund 30 bis 40 Euro fürs Doppelzimmer, in Tirana und am Meer etwas höher.
Der Reiseführer "Albanien entdecken" (Trescher Verlag) hat Tipps für die wichtigsten Ziele. Essen ist übrigens auch kein Problem. Im Gegenteil: Die Küche bietet Lamm und Fisch, Italienisch und Griechisch, Gegrilltes und Gemüse - und alles frisch.
Albanien bereisen heißt unterschiedliche Welten entdecken.
Die neueste Luxuslimousine, am liebsten deutsches Fabrikat, verkehrt neben dem Eselskarren. Albanien erlebt gerade einen sprunghaften Wandel. Auf dem Land ist die jahrzehntelange Isolation des Staates noch mit Händen zu greifen. Die Menschen sind arm, die Saat wird mit der Hand ausgebracht. Ehemalige Stahlwerke, einst von chinesischen Ingenieuren errichtet, rosten vor sich dahin. Das Land hat keine industrielle Basis und es verfügt über keine Bodenschätze. Der Weg zum Wohlstand und zu mitteleuropäischem Standard ist weit.
Aber der Tourismus ist eine Chance. Kulturdenkmäler oder verträumte Altstädte sucht man zwar vergeblich. Auch architektonisch gibt es wenig Bemerkenswertes, wenn man von Enver Hodschas Einmannbunkern absieht, die alle paar hundert Meter wie Betonpilze aus dem Boden ragen.
Das Land ist schön
Berat zum Beispiel, die alte Festungsstadt, deren Geschichte auf das 5. Jahrhundert vor Jesus Christus zurückreicht. Oder Korce, seit Jahrhunderten ein Zentrum der Teppichknüpferei. Uns hat der Ohridsee beeindruckt, der größte See des Balkans an der Grenze zu Makedonien.
Hotels gibt es in Pogradec und entlang des ganzen Seeufers. Am Ende des langen Sandstrands findet man Lagunenteiche mit Parkanlage und Trauerweiden. Brautpaare bummeln dort gerne oder lassen sich mit dem Mietboot durch die Waldoase rudern.
Übernachten und hervorragend essen kann man dort auch. Das Hotel Millenium bietet eine umfangreiche Speisekarte und guten makedonischen Rotwein. Eine Spezialität ist der Koran, ein zarter Fisch, frisch im Ohridsee gefangen.
Albanien hat Meer und Strände und Städte am Meer.
Die zwei wichtigsten sind Vlore und Sarande und beide gehören zum Pflichtprogramm. Die Bucht von Vlore ist weitläufig, mit Sandstränden, Hotels und Cafés gesäumt. Im Hotel Bologna oder im Cafe St. Tropez sitzt man auf den Terrassen wie in Italien.
Am Abend darf man das Restaurant Kuzum Baba auf einer Anhöhe über der Stadt nicht versäumen. Der Blick ist herrlich, der italienische Koch kann sogar die verwöhnten Münchner überzeugen und der Kellner immerhin damit punkten, dass er bereits Franz Josef Strauss und seine Jagdgesellschaft in der kommunistischen Ära Albaniens persönlich bedient hat.
Über den Logarapass mit dem schönen Hotel Alpin geht es zu den südlichen Stränden. Empfehlenswert ist zum Beispiel Jala, das man auf besonders schlechter Straße durch einen wunderbaren Olivenhain erreicht.
Ein kleines Paradies inmitten von Eukalyptusbäumen
Am südlichsten Punkt der albanischen Riviera erreicht man Sarande. Korfu liegt gegenüber und der Bauboom hat die Stadt auch schon erreicht. Täglich verkehren Schnellboote zur griechischen Insel, die zahlreiche Tagestouristen bringen. Wir aber haben uns mit Albanien angefreundet und bleiben auch hier über Nacht (Hotel Kaonia, direkt an der Strandpromenade).
Am nächsten Morgen besuchen wir noch die griechische Ausgrabungsstätte Butrint, ein kleines Paradies inmitten von Eukalyptusbäumen. Hier spürt man die bedeutsame Vergangenheit dieser Region und eines Winkels unseres Kontinents, der in Vergessenheit geraten ist. Aber es lohnt sich ihn wieder ins Bewusstsein zu holen. Jetzt ist die richtige Zeit dafür.
Franz Maget
Informationen über Tirana
Infos über Albanien gibt es bei der Botschaft der Republik Albanien für Deutschland, Friedrichstr. 231, 10969 Berli Telefon 030/2593-040, Fax -1890, www.albaniantourism.com, www.botschaft-albanien.de
Deutsche benötigen einen gültigen Reisepass für einen Aufenthalt von bis zu einem Monat, aber seit Ende 2008 kein Einreisevisum mehr. Der Kinderausweis wird anerkannt.
Der Tirana International Airport (Mutter Theresa Airport) wird angeflogen u.a von Adria Airways, Albanian Airlines, Alitalia, Austrian Airlines, British Airways, Lufthansa, Malév Hungarian Airlines, Olympic Airlines, Turkish Airlines.
Reiseveranstalter mit Albanien-Angebot sind u.a. Studiosus, Bayerisches Pilgerbüro, Dertour, Djoser Reisen, Hauser Exkursionen, Lernidee, Rotel Tours, Wikinger Reisen