Lustvoll igeln mit Diplom

Beim Pralinenseminar für Naschkatzen in Halle an der Saale lernen Hobby-Chocolatiers auf die süße Tour jede Menge über Schokolade
Ob mit Chili, Lavendel oder superbitter: Schokolade liegt als Nascherei im Trend. Nie gab es so viele Sorten und exquisite Chocolatier-Geschäfte. Da liegt es nahe, sich selbst in der süßen Kunst zu versuchen. Das kann man neuerdings auch bei einem Pralinenseminar in der ältesten Schokoladenfabrik Deutschlands in Halle an der Saale. Wir haben es probiert und finden: eine rundum süße Sache. "So, und jetzt wollen wir mal schön igeln", ruft Claudia Heimann fröhlich. "Igeln?", staunt die Runde. "Ja, klar." Die zierliche Frau mit der roten Kappe auf den brünetten Locken greift nach einem tablettgroßen Gitterrost und zeigt gleich, wie's geht: Mit der Gabel eine Schokokugel fassen, in Kuvertüre tauchen und vorsichtig übers Gitter rollen. Fertig ist ein köstliches Trüffel-Praliné. Geigelt eben, wissen wir jetzt und fühlen uns gleich ein bisschen mehr wie richtige Chocolatiers. Denn denen wollen wir ja etwas abgucken, hier im Pralinenseminar bei Halloren, wie die 1804 gegründete und älteste noch produzierende Schokoladenfabrik Deutschlands genannt wird. Halloren hat ihren Sitz in einem renovierten Klinkerbau in Halle an der Saale. Ein Ort der Verlockung schon immer, auch für Hans-Dietrich Genscher. Neben Barockmeister Händel ist der frühere Außenminister prominentester Sohn der Stadt. Und zu seinen Jugenderinnerungen gehört der verlockende Duft, der ihm auf seinem Schulweg entlang der Schokofabrik in die Nase schlug. Damals war es ein Traum des später so mächtigen deutschen Politikers, einmal einen Schlüssel zu diesem süßen Paradies zu haben und nach Herzenslust zu naschen. Inzwischen ist ihm dieser Kinderwunsch erfüllt, Genscher hat einen - symbolischen - Fabrikschlüssel und stellt sich sogar gelegentlich als "Hallorenbotschafter" in den Dienst der süßen Sache.
Alle wollen nur das eine: Wissen, wie man's macht!
Ein Pralinenseminar allerdings hat er noch nicht besucht. Sonst hätte er glatt seine eigenen Naschträume kreieren können. So wie wir es an diesem Abend versuchen. Neun Frauen, ein Mann, unterschiedlichen Alters, verschiedener Berufe. Und alle wollen nur das Eine: Wissen, wie man's macht! Um daheim die Lieben zu verwöhnen, das eigene Geschick unter Beweis zu stellen, mit handgemachten Geschenken zu überraschen - und natürlich Spaß zu haben. Der geht schon los beim Tütendrehen. Der Fachmann nämlich arbeitet nur mit "Selbstgedrehten" beim Füllen und Verzieren der Pralinen. "Geht prima", meint Claudia Heimann und zaubert in Windeseile aus einem dreieckigen Stück Backpapier die perfekte Tüte. Ganz einfach? Von wegen! Daumen nach unten, dann nach oben, festhalten oder wie? Finger verhaken sich, Papier knittert, abenteuerliche Gebilde entstehen, keine Tüte, nirgends. "Nur zu", macht die Profi-Frau Mut, "die Blumenkinder früher müssen es ja schließlich auch draufgehabt haben." Lachen wirkt. Wir haben sie schließlich, die perfekte Tüte. Nun kann es losgehen.
Lustvolle Schmierereien
Erst mal mit einer lustvollen Schmiererei, bei der wir lernen, wie Schokomasse auf einer Marmorplatte ausgestrichen und mit einem Spatel heruntergekühlt wird. Weil es auf ganz genaue Temperaturen ankommt, sonst wird es grau und bröckelig. Dass die Masse "hochzuschlagen" ist und nicht nur schlicht zu verrühren. Wie man Pralinen füllt und die feinen Massen dazu komponiert. Auch wie sie kunstvoll geschminkt, also verziert werden. Und vor allem lernt man, wie viel Mühe - ja: Liebe - in solch einer kleinen Praline stecken kann. Zwischendurch Naschen ist nur in Maßen erlaubt, ganz nach Heimanns Motto: "Die nicht gelingen, darf man verschlingen." Gelegentliche lustvolle Seufzer beim Kosten inbegriffen. Schließlich steht eine Parade selbstgefertigter Köstlichkeiten vor uns: Amaretto-Pralinés, Marzipanpralinen und Marc-de-Champagne-Trüffel - für die wir das Igeln gelernt haben. Die Rezepte gibt es mit nach Hause und eine Urkunde "Chocolatier für einen Tag" für die erfolgreiche Teilnahme am Pralinenseminar obendrauf. Die dreistündigen Pralinenseminare kosten pro Person 65 Euro. Termine auf der Homepage www.halloren.de. Kontakt: Halloren Schokoladenfabrik AG, Telefon 0345/5642-192, www.halloren.de
Margit Boeckh