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Immer mehr Anbieter verkaufen ihre Reisen über soziale Netzwerke - und erreichen dort die Generation, die lieber ins Internet als ins Reisebüro geht.  
Fabian von Poser |
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Internet-Blogger wie Johannes Klaus suchen Reiseinspirationen. Werbung ist ihnen ziemlich egal.
srt-Archivbild 2 Internet-Blogger wie Johannes Klaus suchen Reiseinspirationen. Werbung ist ihnen ziemlich egal.
Vor allem junge Internetsurfer sollen angesprochen und animiert werden.
dpa / Stefan Sauer 2 Vor allem junge Internetsurfer sollen angesprochen und animiert werden.

Am Anfang war die Reiselust. Dann kam der Blog, dann der Erfolg. Johannes Klaus ist ein Reisender aus Passion. Mit seinen 30 Jahren hat er schon viel gesehen. Er war in Armenien, in Berg-Karabach, im Irak, im Iran, im Sudan, in Ruanda und Burundi. Mit seinem Blog Reisedepesche (www.reisedepesche.de) über seine einjährige Weltreise zog er täglich hunderte Besucher an, die seine neuesten Erlebnisse mit verfolgten. Als er zurückkam, wurde der Blog von einem User für den Grimme-Online-Preis nominiert - und Klaus gewann. Seine Reise war nicht groß vorgeplant. "Ich wusste nie, was der nächste Tag bringen wird. Die Ideen holte ich mir aus Facebook, aus Foren und Blogs."


Immer mehr junge Leute planen ihre Reisen in sozialen Netzwerken. Mehr als 27 Millionen Deutsche sind bei Facebook, Linkedin, Twitter und Co eingeschrieben. Laut der Web-Studie "Tourismus 2011" der Webagentur Peppermind liegen soziale Netzwerke als wichtig für die Buchungsentscheidung mit 16 Prozent bereits an zweiter Stelle hinter den Internetseiten der Reiseanbieter (56 Prozent). Für die Reiseindustrie ist das spannend. Schließlich wächst da eine Generation heran, die noch nie eine Pauschalreise gebucht hat.

Werbung in sozialen Netzwerken ist bei den Usern verpönt


Neben wenig effektiver Bannerwerbung betreiben deshalb immer mehr Reiseunternehmen ihre eigenen Profile und versuchen Kunden als "Freunde" zu gewinnen. "Die Frage, ob man mitmachen soll oder nicht, stellt sich nicht. Die Frage ist nur wie", sagt Dirk Föste, Geschäftsführer von RUF Jugendreisen. Gerade für seine Klientel sieht Föste großes Potenzial. "Die meisten Reiseveranstalter erreichen die junge Kundschaft bis 35 Jahre nicht mehr." RUF betreibt derzeit 25 Seiten in sozialen Netzen, auf denen sich bis zu 130000 Jugendliche tummeln. "Da gibt es Leute, die warten förmlich auf Angebote. Für uns ist es eine zwingende Notwendigkeit, dabei zu sein."


Und Föste ist nicht allein. So hat erst vor wenigen Tagen Marco Polo Reisen für seine Marke Young Line Travel eine eigene Fanpage auf Facebook eröffnet, nachdem sich schon ohne Zutun des Anbieters 900 Kunden in einer privaten Facebook-Gruppe über ihre Reisen mit dem Unternehmen ausgetauscht hatten. Der Hamburger Spezialveranstalter Kite World Wide bewirbt seine Kitesurf-Reisen sogar fast ausschließlich über Facebook. "Damit sind wir groß geworden", sagt Dominik Christ. Innerhalb von zwei Jahren rekrutierte das Unternehmen 40000 Fans. Nur Branchenriesen Tui und Aida haben mehr. Rund 1000 Kite-Surf-Begeisterte buchen pro Jahr.

Jetzt gibt's auch schon den Fanpage-Baukasten für Reisebüros


In Zukunft werden sich wohl auch viele der 11000 Reisebüros in Deutschland noch stärker in sozialen Netzwerken tummeln. Im September hat der IT-Anbieter Amadeus seine Social Media Suite für Reisebüros vorgestellt. Mit ihr können sich Reisebüros künftig mit wenigen Mausklicks eine professionell und individuell gestaltete Seite für Facebook, später auch für andere Netzwerke, einrichten - inklusive Buchungsmöglichkeit. Das Programm ist noch in der Testphase, ab März 2012 soll es im großen Stil an Reisebüros verkauft werden.


Zwar ist es von Facebook nicht verboten, einen Shop auf seiner Seite zu betreiben. Unternehmen wie das Versandhaus Baur, die britische Supermarktkette Tesco und der Schweizer Kontaktlinsenanbieter Linsenmax tun das erfolgreich. Doch es ist ein sensibler Bereich. Wer auf Facebook und Co. geht, der will Kontakte pflegen. Werbung ist bei den Usern verpönt. Doch komme es auch stark auf das werbende Unternehmen an, sagt Michael Buller vom Webreisebüroverband VIR. "Wenn ich Fan von Lufthansa werde, dann erwarte ich ja doch, dass sie mich benachrichtigen, wenn es günstige Angebote gibt. "

Der Facebook-Freund sucht Reiseinspirationen statt Reiseangebote


Blogger und Facebook-Freund Johannes Klaus sieht das ähnlich. Offizielle Seiten sprechen den 30-Jährigen zwar kaum an. Er sucht keine Reiseangebote, sondern Reiseinspirationen. "Werbung ist aber dann okay, wenn sie unterhaltsam gemacht ist oder einen eindeutigen Nutzwert bringt. Alles andere nervt." Zwar halte sich unerwünschte Reklame derzeit noch in Grenzen, weiß der Blogger. Wenn ein soziales Netzwerk aber seine Kernqualitäten vergesse, um mehr Geld zu verdienen, dann gäbe es über kurz oder lang andere Wettbewerber, die das besser machten. "Es ist gut möglich, dass uns in einigen Jahren nur noch sentimentale Erinnerungen überkommen, wenn der Name Facebook fällt", sagt Klaus.


 

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