Hilfe! Wo ist mein Koffer?

Es ist der Albtraum jedes Urlaubers: Man kommt am Flughafen an, aber der Koffer bleibt verschollen. Eine Anleitung für den Notfall.  
von  Melanie Maier

Fast jeder kennt die Situation: Man steht im Flughafen am Gepäckband und starrt krampfhaft auf die Öffnung, die jeder Koffer passieren muss, bevor er seine Runden auf dem schwarzen Förderband dreht. Nervös taxiert man jedes einzelne Gepäckstück, bis sich einem - endlich! - der eigene Koffer langsam, aber sicher nähert. Im Luftverkehr werden die meisten Passagierdaten von SITA erhoben, einer Genossenschaft mehrerer Fluglinien.

Ihren Angaben zufolge gingen 2012 rund 26 Millionen Taschen und Koffer auf Flugreisen verloren: Das entspricht nur etwa jedem hundertsten Gepäckstück. Es besteht also kein Grund zur Sorge: 99,1 Prozent der Gepäckstücke erreichen ihren Besitzer. 2012 verschwanden laut SITA weltweit nur 640 000 Gepäckstücke endgültig - gemessen an der Summe transportierter Koffer eine verschwindend geringe Menge. „Weniger als ein Prozent aller Koffer, die von der Lufthansa befördert wurden, gingen 2012 verloren“, bestätigt auch Bettina Rittberger, die Lufthansa in Süddeutschland vertritt. „Von all diesen Gepäckstücken wurden nur 0,1 Prozent nicht wiedergefunden.“

Direktflüge sind um einiges sicherer

Das meiste Gepäck geht auf Transferflügen verloren, denn kurze Umsteigezeiten und das vermehrte Verkehrsaufkommen an großen Drehkreuzen wie London-Heathrow, Paris Charles de Gaulle, Frankfurt am Main, Singapur und New York John F. Kennedy erhöhen das Risiko extrem. Direktflüge sind sicherer. Das Risiko, dass ein Koffer gar nicht mehr zum Vorschein kommt, bestehe nur dann, wenn sich der Gepäckaufkleber, das sogenannte Baggage-Tag, vom Koffer löse, fügt Bettina Rittberger hinzu. In diesem Fall könne der Besitzer nur sehr schwer ausfindig gemacht werden. Dass Gepäck komplett verloren geht, ist selten. Doch was sollte man beachten, wenn der eigene Koffer nicht auf dem Gepäckband liegt? Und welche Rechte hat ein Reisender, dessen Koffer verspätet oder gar nicht wieder auftaucht? Hier die wichtigsten Tipps: Lost-and-Found-Schalter Der erste Weg führt immer zur Gepäckermittlung (auch: Lost-and-Found-Schalter) in der Ankunftshalle des Flughafens.

Alternativ kann man sich auch an die Fluggesellschaft oder an den Reiseveranstalter wenden. Taucht das Gepäckstück nicht schon im Flughafen auf - manche Koffer landen aus Versehen auf einem falschen Förderband -, muss der Passagier eine formelle Verlustmeldung aufgeben. Darin werden das Aussehen des Gepäckstücks und die Kontaktdaten des Reisenden vermerkt. Auch die Registrierungsnummer des Koffers auf dem Gepäckaufkleber wird notiert. Der Reisende erhält eine Kopie des Schreibens mit einer Referenznummer. Wichtig: den Flughafen nicht einfach gepäcklos verlassen. Sonst geht die Airline davon aus, dass der Koffer nicht während des Flugs verloren ging, sondern auf dem Heimweg. Notausrüstung Wird der Koffer gefunden, liefern ihn viele Airlines kostenlos bis an die Haustür. Verpflichtet sind sie dazu aber nicht: Es kann sein, dass man das Gepäck auch selbst abholen muss.

Die Fluggesellschaft übernimmt alle durch die Verspätung entstandenen Kosten wie die Fahrt zum Flughafen. Erreicht der Koffer den Besitzer erst nach ein paar Tagen oder gar nicht, kommt die Airline meist für notwendige Anschaffungen wie Zahnbürste oder Badeanzug auf. Dafür gewähren die meisten Airlines ihren Passagieren aber keinen Vorschuss. Die Reisenden müssen mit Quittungen belegen, welche Kleidungsstücke und Kosmetikartikel sie nach dem Gepäckverlust gekauft haben. Sie bekommen das Geld später zurückerstattet. Bei manchen Fluggesellschaften erhalten Passagiere auch ein sogenanntes Overnight-Kit mit Hygieneartikeln und Unterwäsche. Entschädigung Taucht der Koffer nicht wieder auf, muss man den Gepäckverlust innerhalb von 21 Tagen beim Vertragspartner schriftlich reklamieren: Das ist in der Regel die Fluggesellschaft oder - bei einer Pauschalreise - der Reiseveranstalter.

Bis zu 1350 Euro Entschädigung ist die Norm

Nur so erhält man eine Entschädigung - ein Anruf reicht nicht aus! Nach fünf Tagen erhält man einen Fragebogen, in dem man über den genauen Gepäckinhalt Auskunft gibt. Wer noch Quittungen hat, ist im Vorteil, denn die Höhe der Abfindung richtet sich nach dem Wert des Kofferinhalts. Bis zu 1350 Euro erhält jeder betroffene Passagier als Entschädigung von seinem Vertragspartner. Teilten sich mehrere Reisende den verschollenen Koffer, müssen sie nachweisen, dass sie ihren Flug gemeinsam antraten - etwa mit der Kaufbestätigung der Flugtickets.

Diese Regelungen gehen auf das Montrealer Übereinkommen von 1999 zurück - ein Abkommen zwischen mehreren Staaten, das Haftungsfragen im internationalen zivilen Luftverkehr regelt. Seit 2004 gilt das Übereinkommen auch in Deutschland. Sonderfall Pauschalreise Pauschalreisende werden seit dem Montrealer Übereinkommen höher entschädigt: Der Ärger über das verschollene Gepäck mindert den Reisewert. Über den Verlust sollte man den Reiseveranstalter schon an der Gepäckermittlung informieren. Pro betroffenem Reisetag ist ein Ausgleich von fünf bis 30 Prozent des Tagesreisepreises vorgesehen. Bei einer Kreuzfahrt oder wenn das Gepäck nicht mehr gefunden wird, sind es sogar bis zu 50 Prozent. Erreicht das Gepäck nur einen Tag später den Besitzer, erhält er keine Entschädigung. Laut deutscher Rechtsprechung handelt es sich hierbei um eine bloße Unannehmlichkeit, mit der auf Reisen stets zu rechnen ist. Versicherung - Ja oder nein? Eine Reisegepäckversicherung gilt als überflüssig und lohnt sich nur bei sehr wertvollem Gepäck.

Gepäck mit besonderem Merkmal ausstatten

Die Stiftung Warentest rät von einer solchen Police generell ab, da sie relativ teuer ist und es viele Haftungsausnahmen gibt. Ab und zu lohnt sich ein Blick in den Leistungskatalog des Kreditkartenunternehmens: Manche schließen die Versicherung von verspätetem oder verlorenem Gepäck mit ein. Besser bunt als schwarz Je auffälliger der Koffer, desto besser. Ein bunter Koffer wird gleich wiedererkannt, unnötige Verwechslungen werden vermieden. „Wir raten den Passagieren dazu, ihr Gepäck mit einem speziellen Merkmal auszustatten“, empfiehlt Bettina Rittberger. „Wenn der Gepäckaufkleber fehlt, ist es schwierig, einen schwarzen Hartschalenkoffer zu finden. Ein rotes Band zum Beispiel erleichtert uns die Suche.“ Aufgepasst: Teuer aussehendes Gepäck erhöht das Diebstahlrisiko! Bei der Gepäckaufgabe sollte man darauf achten, dass der Aufkleber das richtige Ziel anzeigt. Alte Gepäckaufkleber entsorgen, sie verwirren das Flughafenpersonal. Den Koffer innen und außen mit Ziel- und Heimadresse versehen - so kann er schneller zugeordnet werden.

Wer umsteigt, fragt nach, ob das Gepäck direkt zum Zielflughafen gebracht wird. Auf die Zeit achten Wertsachen gehören ins Handgepäck, denn für sie haftet der Reisende selbst. Verbotene Gegenstände wie Feuerwerkskörper und Schusswaffen entweder zu Hause lassen oder deklarieren, denn meist wird das Gepäck vor dem Einladen ins Flugzeug durchleuchtet. Muss das Gepäck bei dieser Sicherheitsprüfung aufgemacht werden, weil ein unerlaubter Gegenstand gesichtet wurde, geht Zeit verloren und es kommt unter Umständen nicht rechtzeitig beim Flugzeug an. Aus demselben Grund zeitig am Check-in erscheinen. Bei Anschlussflügen immer Toilettenartikel und Wechselunterwäsche im Handgepäck mitnehmen: So ist man im Notfall erst einmal versorgt.

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