Heiratsantrag im Sessellift
Davos - Das Skigebiet Schatzalp- Strela in Davos garantiert, dass die Lifte langsam laufen und keine beheizten Sitze haben, dass die Pisten weder mit Kunstschnee präpariert noch Buckel auf ihnen platt gewalzt werden. Es gibt eine Standseilbahn, einen Sessel- und einen Schlepplift und neun Kilometer präparierte Piste. An der Talstation des Sessellifts kommt eine Frau aus dem Holzhäuschen, von dem aus sie den Betrieb überwacht — um jeden Gast einzeln zu begrüßen. Viele sind es nicht, nur hier und da ist mal ein Sitz besetzt. An der Bergstation kann man umsteigen in einen Schlepplift. Der Liftwart Abraham Hartmann begrüßt einen Skilehrer, der mit einer Schülerin unterwegs ist. Die beiden sind eine halbe Stunde aus Klosters mit dem Zug angereist, obwohl der Ort selbst zwei große Skigebiete hat. „Auf Schatzalp-Strela fahren viel weniger Leute“, sagt der Skilehrer. „Man hat Platz und Ruhe zum Üben.“ Nach fünf Minuten Plauschen kommt ein weiterer Gast, der an dem Skilehrer und seiner Schülerin vorbei zum Lift will. „Oh, Stau!“, sagt er. Alle lachen. „Ich mag einfach, dass es hier so familiär zugeht“, sagt der Skilehrer. Zudem sind die Pisten immer frisch präpariert und haben viele schöne Geländeübergänge. Barbara und Dieter Stauder, ein Ehepaar aus München, fahren den Hang hinunter — gemächlich. „Hier schießt niemand mit einem Höllentempo die Piste herunter“, sagt sie, „ich hatte schon aufgehört, Ski zu fahren. Hier habe ich wieder angefangen.“
Das sind die Gäste, für die Pius App das Skigebiet Schatzalp-Strela wieder eröffnet hat. App, Jahrgang 1946, sitzt im Restaurant an der Bergstation der Standseilbahn. „Es ist schon fast ein Tabubruch, das zuzugeben, aber die ältere Generation ist unsere Zielgruppe“, sagt App, der aus Davos stammt und mit seinem Bruder eine Softwarefirma in Zürich hat. „Sehr viele Leute in meinem Alter, aber auch schon ab 50, hören auf mit dem Skifahren, weil ihnen die großen Skigebiete zu schnell und zu gefährlich geworden sind.“ Die mitteleuropäischen Gesellschaften altern immer mehr, doch niemand kümmere sich darum, dass diese Menschen noch Ski fahren könnten. Alles sei heute im Wintersport auf die Jugend zugeschnitten, meint App.
Im Schatzalp-Strela-Gebiet verzichtet man auf Kunstschnee, der Pisten aggressiver macht. Man präpariert Steilhänge nicht mit Pistenraupen. Diese Technik nutzt man heute in den meisten Skigebieten, um die Buckel zu planieren, die schnell in steilem Gelände entstehen, für App sind sie natürliche Tempobremsen für Raser. Dass es gemütlicher zugehe als in modernen Skigebieten, sieht er als Vorteil. „Wie wollen Sie in einem High-Tech- Skigebiet einer Frau einen Heiratsantrag machen?“ Pius App lächelt. „Neben Ihnen sitzen noch vier Leute auf dem 6er-Sessellift — und der fährt so schnell, dass Sie oben sind, bevor Sie zum Punkt kommen können!“
Probier's mal mit Gemütlichkeit
Das Skigebiet Schatzalp-Strela wurde 1937eröffnet. Als kleinstes und sonnigstes der vier Davoser Skigebiete existierte es bis 2003, bis es vom Bergbahnenverbund wegen Unrentabilität geschlossen wurde. Der Unternehmer Pius App erwarb das Schatzalp-Strela daraufhin, modernisierte die Anlagen und eröffnete 2009 das Skigebiet wieder. Die Tageskarte kostet unter der Woche 30 Schweizer Franken, samstags und sonntags 35 (www.schatzalp.ch). Ein Doppelzimmer im gleichnamigen Hotel kostet ab 175 Euro pro Nacht.
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