Hawaii sagt Mahalo
Hawaii - Kapitän Casey ist in seinem Element: „Wenn Sie sehen, dass die Crew Rettungswesten trägt, schauen Sie sich besser auch nach einer um. Ich bin zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich schon ins Rettungsboot gefallen!“ Der Fehltritt des unglückseligen Costa-Kapitäns hat sich also bis nach Maui herumgesprochen. Die Regeln an Bord macht der Sonnyboy in Flip-Flops grinsend klar, die Regeln über Bord kommen deutlich ernster von der Brücke. „Treten Sie auf keine Korallen, und brechen Sie keine ab, auch wenn Sie Oma versprochen haben, ihr welche mitzubringen. Genießen Sie einfach den Anblick“, rät der Kapitän und setzt ein verschmitztes Lächeln auf: „Ach, und eines noch: Wenn Sie in das dunkelblaue Wasser jenseits des Kraters schwimmen, geraten Sie in eine Strömung, die Sie bis nach Tahiti treibt. Da kann ich ihnen nur noch nachwinken.“ Dann fällt der Anker, Zeit zum Schnorcheln. Mit einem fröhlichen „Aloha“ auf den Lippen geht es in die Tiefe des Molokini vor der Südküste Mauis, einem Vulkan, von dem nur noch ein sichelförmiger Kraterrand aus den Wellen ragt. Hinein in Schwärme aus gelb, blau und schwarz schimmernden Fischen, die Namen tragen wie Humuhumunukunukuapua oder Humuhumu’ele’ele, neugierig beäugt von zwei Delfinen. Nur ein Blubbern ist von der Welt noch zu hören.
Hawaii hautnah statt Toast Hawaii
Hawaii. Schon der Name ist Verheißung. Grün wuchernde Urwälder und bunt schillernde Korallenriffe, weiße Sandstrände und schwarze Steilklippen, die in das Blau des Pazifiks stürzen. Es gibt wenig Orte, die der Vorstellung vom Paradies so nahe kommen wie der Archipel in der Südsee. Sieben Millionen erliegen dem Zauber jährlich, doch trotz Massentourismus ist Hawaii eine Welt für sich geblieben, gibt es immer noch verlassene Buchten, Strände und Täler wie für Postkarten gemacht. Ein Ritt auf einer perfekten Welle im Norden Oahus, der Sonnenaufgang auf dem Haleakala-Krater und die Küstenstraße nach Hana. Ein Idyll jagt das nächste. Und südöstlich spuckt der Hotspot, dem Hawaii seine Existenz verdankt, schon die nächste Trauminsel aus. Derweil sich die pazifische Platte Zentimeter für Zentimeter gen Nordwesten schiebt und so über Jahrmillionen Insel für Insel entsteht, sich Tausende Meter auftürmt, erkaltet und von Wind und Wellen wieder zerfressen wird. Ein Paradies zwischen Werden und Verderben. Die Einheimischen bemühen sich, ihre Heimat zu schützen. Strände säubern, Pflanzen setzen, Bäche reinigen, Tiere pflegen: Inzwischen packen auch Urlauber mit an, die dadurch Land und Leute so viel leichter kennenlernen als mit einem Cocktail in der Hand am Hotelpool. Hawaii hautnah statt Toast Hawaii.
Wie gefährdet diese Inselwelten aus Lava und Korallen sind, weiß Casey nur zu genau: Der Mittzwanziger kratzt sich an seinem Dreitagebart und erzählt von dem vielen Plastik, das im Ozean schwimmt, zerrieben wird, sich auf den Korallen ablagert und ihnen Licht und den Zugang zu Nahrung versperrt, was die Korallen am Ende abtötet und die Riffe verschwinden lässt. „Alles was an Abfall auf dem Festland ins Meer geworfen wird, landet irgendwann auch bei uns.“ Einmal pro Monat fährt Casey mit dem Boot raus und bringt das Riff wieder auf Vordermann. An Bord die Crew, Einheimische und ein paar Touristen. „Noch mehr Urlauber, die mit anpacken, wären natürlich noch besser. The more, the merrier.“ Je mehr, desto fröhlicher.
„Vögel verschlucken die Plastikteile sonst. Und verhungern dann mit vollem Magen“
Nächster Stopp im Schatten von Clint Eastwoods Villa. Zweiter Tauchgang, Zeit für den Schildkrötenflüsterer. Der Blondschopf sitzt breitbeinig auf seinem Surfbrett und scheint die Tiere geradezu magisch anzuziehen. Majestätisch ziehen sie vorbei, lassen sich in aller Seelenruhe durch das klare Wasser treiben. „Das kann täuschen“, rät der Blondschopf, „die schwimmen auch mal einem Hai davon, wenn es sein muss.“ Nur dem Kunststoffmüll entkommen sie nicht. „Schildkröten halten Plastiktüten für Quallen, schlucken sie und ersticken elend daran.“ Dann paddelt er los. Ein Schnorchler hat sich in seiner Begeisterung für ein eineinhalb Meter großes Exemplar zu weit vom Boot entfernt. Ein Ruf genügt: „He Kumpel, da hinten geht’s nach Tahiti!“
Auf Kauai zeigt sich die Macht des Wassers am deutlichsten: Im Norden erhebt sich die zersägte Napali-Küste mehr als 1000 Meter aus den Fluten, im Süden wartet der „Grand Canyon des Pazifiks“. Und dazwischen grüne Hügel, Städtchen im Wildwest-Stil und verwaiste Strände wie Mahaulepu, an denen sich die Palmen weit über den weißen Sand beugen und man vormittags höchstens auf Surfriders trifft. „Volunteers“, die sich um den Erhalt der Riffe und Strände kümmern. An diesem Morgen grasen die knapp 20 Freiwilligen den Sand ab nach Müll. Als der Strand wieder einem Postkartenidyll gleicht, packt Sophia, Umweltschützerin vom Festland und vor drei Jahren nach Kauai gezogen, zwei Freiwillige in den Pick-up und fährt über eine Schlaglochpiste zur nächsten Bucht. Ein kurzer Fußweg und plötzlich ein Traum aus wilder Gischt, weißem Sand, schwarzen Klippen - und vielen kleinen Kunststoffteilchen. Die drei Säcke sind schnell gefüllt. Jeder Griff eine gute Tat. „Vögel verschlucken die Plastikteile sonst. Und verhungern dann mit vollem Magen“, sagt die junge Frau und stopft ein Kunststoffröhrchen in den Sack. „Selbst Wale bekommen beim Durchsieben des Wassers nach Nahrung mehr Plastik als Plankton ab.“
Eine Kunst aus einer Zeit im Einklang mit der Natur
Nächster Stopp: Larson’s Beach. Nördlich von Lihue. Eine der letzten Mönchsrobben hat in der Nacht Nachwuchs bekommen. Ein seltener Anblick, gibt es doch schätzungsweise bloß noch 1100 dieser Art. Das Junge glänzt tiefschwarz, die Knopfaugen funkeln, die Flossen rudern durch die Luft - während die Mutter misstrauisch den Strand im Auge behält. „Es gibt Leute, die denken, sie könnten mit den Tieren spielen“, sagt Gary, früher bei der Küstenwache, jetzt mit grauem Bart und grimmigem Blick auf Posten. „Einmal hat sich ein Mann vor ein paar Robben gesetzt und auf einer Trompete geblasen, um mit ihnen zu kommunizieren“, erinnert sich Gary. Das wurde schmerzhaft für den Spaßvogel. Daher die Absperrung. Dann drückt Gary
Sophia das Fernglas in Hand: Eine Herde Buckelwale zieht vorbei. Fontänen schießen in die Luft, riesige Schwanzflossen peitschen auf das Meer nieder.
Längst hat auf den Inseln ein Umdenken eingesetzt, zahlreiche Initiativen, vernetzt über die Plattform Preserve Hawaii, bemühen sich, den Mikrokosmos zu bewahren: Gruppen wie die Surfriders - oder wie Hui o Ko’olaupoko, die seit 2010 auf Oahu mehr als 4000 Freiwillige mobilisiert hat. Kristen ist dort eine der zwei hauptamtlichen Umweltschützerinnen und kümmert sich um einen Fluss. Die Ufer wurden gereinigt, alle Pflanzen durch einheimische Gewächse ersetzt, die manch’ seltenes Tierchen zum Überleben braucht. Auf bewässerten Terrassen wächst Taro, aus dem Poi gemacht wird. Rosafarben, kartoffelbreiartig, eher gewöhnungsbedürftig. „Ich könnte den ganzen Tag Poi essen“, schwört sie und lacht über die hochgezogenen Augenbrauen der Besucher. Nebenan hat sie mit Schulkindern eine Plattform gebaut, auf der die örtliche Hula-Gruppe übt. Eine Kunst aus einer Zeit im Einklang mit der Natur. Schulklassen lernen die hawaiianische Flora schätzen und schützen. Und an einem Ort, an dem Wunsch und Wirklichkeit verschmelzen, bückt sich selbst ein erholungsbedürftiger Urlauber gerne nach einem Stück Plastik. Die Anerkennung der Einheimischen und ein herzliches Dankeschön - auf Hawaiianisch Mahalo - sind ihm sicher.
Anreise
Flüge nach Honolulu gibt es bei United Airlines, www.united.com, bereits ab rund 900 Euro. Andere Anbieter, die Hawaii anfliegen, sind beispielsweise Condor, Lufthansa und Delta Airlines.
Angebot
Die Natur Hawaiis ist überwältigend - aber gefährdet. Die mit einem Sonntag Aktuell Touristikpreis ausgezeichnete Rundreise „Hawaii hautnah“ von FTI ermöglicht es Urlaubern, beim Naturschutz mitzuhelfen.In Zusammenarbeit mit der Initiative Preserve Hawaii organisiert der Reiseveranstalter die Freiwilligeneinsätze für Urlauber. Auf der 17-tägigen Tour über die Hauptinseln Oahu, Kauai, Maui und Big Island/Hawaii ist jeweils ein Tag für das Volunteer-Programm reserviert. Die Mietwagen-Rundreise kann jederzeit gebucht werden, 16 Übernachtungen, innerhawaiianische Flüge, Ausflüge und Mietwagen kosten ab 2193 Euro. Die Mithilfe bei Preserve Hawaii kann auch als Baustein bei anderen Hawaii-Reisen von FTI gebucht werden. Auskunft im Reisebüro oder unter Telefon 0 18 05 / 38 45 00, www.fti.de
Was Sie tun und lassen sollten
Auf keinen Fall einer Robbenmutter zu nahe kommen, die Meeresströmung unterschätzen und wie ein Animateur grüßen: Aloha wird hinten mit einem A geschrieben - nicht mit zehn.
Auf jeden Fall die Brücken auf der Straße nach Hana zählen, den Sonnenaufgang auf dem Haleakala erleben, Waikiki verlassen, „eigenen“ Strand suchen.