Hamburg macht blau
Hamburg - Auf das Wort Spektakel reagiert Michael Batz allergisch: „Das ist eine Beleidigung!“ Viele Menschen meinen es jedoch nicht böse und schwärmen unbedacht von einem Spektakel, wenn sie vom Blue Port sprechen - jenem leuchtenden Blau, in das der Lichtkünstler und Theatermacher Batz den Hamburger Hafen alle zwei Jahre anlässlich der Cruise Days taucht. Das dreitägige Fest der Kreuzfahrt wird immer in geraden Jahren im August gefeiert. Wer dabei sein möchte, sollte zeitig ein Zimmer organisieren - zu den Cruise Days meldet die Hansestadt an der Elbe stets „ausgebucht“. Dreimal fanden Blue Port und Cruise Days bereits gemeinsam statt.
Die eine Veranstaltung entstand aus der Begeisterung der Hamburger für Kreuzfahrtschiffe. Weit mehr als 100 Ferienkreuzer machen hier jährlich fest und werden stets begeistert empfangen. Allein die Anläufe der „Queen Mary 2“ ziehen stets Tausende an die Kaimauern der Landungsbrücken im Stadtteil St. Pauli. Der „blaue Hafen“ ist eine Weiterführung des Kunstprojekts Blue Goals, den blau leuchtenden Toren. Eigentlich war diese Lichtinstallation im Jahr 2006 dazu gedacht, die sich zum 20. Mal jährende Städtepartnerschaft zwischen Hamburg und Schanghai zu feiern. „In China gibt es die Tradition, Dächer zu illuminieren“, sagt Michael Batz. Das wollte der Lichtkünstler in Hamburg, dem „Tor zur Welt“, mit 175 beleuchteten Toren auf den Dächern zitieren - und stieß auf Widerstand.
Farbtopf wird über die Stadt ausgekippt
Das Projekt konnte nur realisiert werden, weil zufällig zeitgleich die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland stattfand und man Batz’ Tore für das Eckige hielt, in das das Runde muss. „Durch ein gigantisches Missverständnis hat der König Fußball dem Projekt zum Durchbruch verholfen“, sagt Michael Batz. Die Blue Goals wurden zum Volltreffer, der Künstler durfte in die Nachspielzeit. „Von da an fragte man ständig nach Nachfolgeprojekten.“ Thomas Batz fand eines: Seit 2008 bringt er anlässlich der alle zwei Jahre gefeierten Cruise Days den Hafen zum Leuchten - eine weltweit einzigartige Inszenierung. „Der Blue Port ist ein lebendiges Kunstwerk, kein Museumsstück“, erklärt der Künstler. Ihm geht es nicht darum, „den großen Farbtopf über der Stadt auszukippen. Ich möchte aus der Wirklichkeit etwas schaffen, so dass man wieder an sie glaubt“, sagt Michael Batz.
Die Farbe Blau wählte er, weil sie als Symbol für den Himmel und den blauen Planeten steht: „Blau ist ein Lebenszeichen.“ Zudem halte die Farbe auf Distanz eine klare Form und verschwimme nicht. Batz, Jahrgang 1951, entdeckte als Student in Marburg seine Leidenschaft für Licht. Als Stückeschreiber am Theater musste er kurzfristig für einen Beleuchter einspringen. Seit 1976 lebt er in Hamburg, arbeitete als Dramaturg bei der freien Bühne Kampnagel, schrieb Hörspiele, Theater- und Dokumentarstücke.
Während der Installation Blue Port verteilt er mit einem 50 bis 60 Mann starken Team, darunter viele Industriekletterer, Tausende Leuchten an verschiedenen Stellen rund um den Hafen und die Hafencity. Das Kunstwerk erstreckt sich beiderseits der Elbe auf je etwa fünf Kilometer Länge. „Blue Port ist ein komplexes Ensemblewerk aus statischen Anteilen wie Kais, Pontons, Terminals, Gebäuden, Brücken, Türmen sowie aus mobilen Anteilen wie Schiffen und Barkassen und aus liquiden Anteilen wie dem Wasser“, sagt Michael Batz. All das vereint er zu einem Bild. Jedes Jahr werden es ein paar Lichtblicke mehr.
„Hamburger Hafen hat eine Grundfläche wie die Stadt Köln“
2008 gab es 35 sogenannte Baustellen mit je ein paar Hundert Leuchten, 2010 waren es schon 85 Plätze, an denen Leuchten installiert wurden, 2012 hatte Batz 109 Stellen, und 2014 werden es rund 8000 Leuchten an 125 Plätzen sein. Und das ist noch längst nicht das Ende der Fahnenstange, denn der „Hamburger Hafen hat eine Grundfläche wie die Stadt Köln“, wie Batz erklärt. Bei den Leuchten handelt es sich um einfache Neonröhren, verpackt in stromliefernde Halterungen mit Plexiglashaube, wie sie oft in Industriegebäuden oder privaten Funktionsräumen wie einer Waschküche oder einem Keller verwendet werden. Batz’ Mitarbeiter befestigen die länglichen Leuchten mit einfachen Kabelbindern an Brücken, Kränen oder Schiffen und ziehen Kabel von Leuchte zu Leuchte. Etwa sechs Wochen Zeit nimmt der Aufbau in Anspruch.
Der Künstler achtet darauf, energiesparende Neonröhren für seine „Literatur der Nacht“ zu verwenden. Zudem berücksichtigt Michael Batz auch vorhandene Lichtquellen, indem zum Beispiel bei Straßenlaternen die Leuchtmittel ausgetauscht werden. „Das kostet dann keinen Cent mehr als sonst“, sagt er. Das meiste Geld geht für die Neuanschaffung von Leuchten und Leuchtstoffröhren drauf. Michael Batz arbeitet je zur Hälfte mit gekauften und gemieteten Leuchten. Sein Etat beträgt etwa 300 000 Euro, den Großteil tragen Sponsoren, ein kleinerer Teil kommt von der Stadt Hamburg. „Obwohl das Projekt im Rathaus sehr geschätzt wird, hält sich die Hansestadt bei der Finanzierung vornehm zurück“, klagt der Künstler.
Ein Jahr braucht die Konzeption und Vorarbeit, wie etwa das Einholen von Genehmigungen. Die meisten Hamburger reagieren begeistert auf seine Anfragen. 2014 neu dabei sind das Gebäude des Musicaltheaters für „Das Wunder von Bern“ auf der Südseite der Elbe sowie Dock 10 der Schiffswerft Blohm und Voss. Zudem will Batz mehr Fahrzeuge miteinbeziehen: „Wenn sich die Vancarriers in den Containerterminals bewegen - das ist ein Traum.“
Anreise
Hamburg wird ab Stuttgart von Germanwings ( www.germanwings.com ) und Air Berlin ( www.airberlin.com ) angeflogen. Zudem gibt es gute Zugverbindungen mit dem ICE ( www.bahn.de ).
Unterkunft
Boston HH ist ein privat geführtes Mittelklassehaus in Altona. Stylish eingerichtet, sehr große Zimmer, tolles Frühstück. DZ ab 160 Euro, www.boston-hotel. de . Günstig und ein wenig schrill: die Superbude in St. Pauli ( www.superbude.de , DZ ab 69 Euro).
Stilvoll wohnt man im Hotel Sofitel. Beste Innenstadtlage am Alten Wall, schöner Spa-Bereich. DZ ab 135 Euro (Sonderpreis nach Verfügbarkeit), www.sofitel.com
Strategisch günstig zum Schiffegucken am Kreuzfahrtterminal in der Hafencity liegt das 25Hours- Hotel. Die Zimmer heißen passenderweise „Kojen“. Doppelkoje ab 110 Euro, www.25hours-hotels.com
Blue Port
Die Licht-Inszenierung Blue Port von Michael Batz ( www.michaelbatz.de ) taucht vom 28. Juli bis zum 3. August 2014 den nächtlichen Hamburger Hafen und die umliegenden Sehenswürdigkeiten in blaues Licht. Der Blue Port findet im Zwei-Jahres-Rhythmus zeitgleich mit den Kreuzfahrttagen statt.
Cruise Days
Seit 2008 trifft sich die Kreuzfahrtwelt alle zwei Jahre zu den Cruise Days in Hamburg. Die nächsten Kreuzfahrttage finden vom 1. bis 3. August 2014 statt. Höhepunkt ist die Parade am Samstag, 2. August, um ca. 21.20 Uhr. Dann fahren fünf beleuchtete Kreuzfahrtschiffe und zahlreiche Begleitboote gemeinsam elbabwärts. Dazu gibt es ein großes Feuerwerk. Bei der letzten Ausgabe 2012 lockten die Veranstaltung etwa 570 000 Besucher an. Zuschauer können das Schauspiel nicht nur an Land - von den St.-Pauli-Landungsbrücken aus - beobachten, sondern auch zu Wasser. Die Plätze auf den Begleitfahrzeugen sind begehrt und schnell vergeben. Buchung unter www.hamburgcruisedays.de .
Hamburg Tourismus hat zudem spezielle Reisepakete mit Bootsfahrten zusammengestellt. Infos unter: www.hamburg-tourismus.de . Nach den Cruise Days 2014 gibt es eine Änderung im Veranstaltungsturnus. Die darauffolgende Ausgabe wird es bereits 2015, zeitgleich mit einer neuen Kreuzfahrtwoche, geben. Ab dann finden die Hamburg Cruise Days und die Seatrade Europe, die europäische Leitmesse der Kreuzfahrtindustrie, zeitgleich alle zwei Jahre statt - in ungeraden Jahren.
Schiffe
Während der Cruise Days 2014 werden nach derzeitigem Stand folgende Schiffe im Hamburger Hafen liegen und an der Parade teilnehmen (ohne Gewähr): „Delphin“, „Europa“, „Aida Stella“, „Aida Luna“, „Deutschland“ und „MSC Magnifica“. Fans können sich unter www.facebook.com HamburgCruiseDays auf dem Laufenden halten.
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