Gardasee: Wir können auch teuer

Der Gardasee ist bei den Deutschen wegen seiner vielen Campingplätze sehr beliebt. Doch ein Fünf-Sterne-Urlaub darf es auch mal sein.
von  Peter Trapmann aus Riva

Riva - Dieser Sommer wird hart für Gabriele Galieni (55). Der smarte Glatzkopf ist Direktor des Hotels Lido Palace in Riva, und vom 4. bis 12. Juli ist sein Haus komplett belegt: Der FC Bayern München schlägt sein Sommertrainingslager wieder am Gardasee auf. In den 42 Zimmern und Suiten des Luxushotels schlafen dann Schweinsteiger, Lahm und Co. - eigentlich ein Grund zur Freude, aber Hoteldirektor Galieni ist leider Fan des italienischen Meisters Juventus Turin. Und ausgerechnet den haben die Bayern auf ihrem Weg zum Champions-League-Titel aus dem Wettbewerb geschossen.

Aber Galieni lächelt den Schmerz einfach weg. Er ist Touristik-Profi und weiß, es geht um mehr als ein verlorenes Viertelfinale. Es geht darum, hier am nördlichen Ende des Gardasees den Fünf-Sterne-Tourismus wieder zu etablieren. Und sein Hotel, vor zwei Jahren nach langem Umbau wieder eröffnet, soll dabei das Zugpferd sein. Schließlich ist es das einzige Fünf-Sterne-Luxushotel am nördlichen Gardasee. Wie wichtig der Stadt das Projekt ist, zeigt sich auch daran, dass Riva mit 51 Prozent an dem Vorzeige-Hotel beteiligt ist. Bis vor kurzem lagen die besten Adressen weiter südlich, die Villa Feltrinelli in Gargnano beispielsweise oder das Hotel Lefay im selben Ort.

Ein komplett verglastes viertes Stockwerk

Die Provinz Trentino, die den nördlichen Zipfel des Gardasees verwaltet und die zu den Sponsoren des FC Bayern gehört, ist guter Dinge, dass sie mit Hilfe des Lido Palace nun in Sachen Luxusurlaub aufholt. Motto: Masse, aber auch Klasse. Wer im Lido Palace einen Belle-Epoque-Rausch erleben will, wird enttäuscht sein. Von Nostalgie keine Spur. Der venezianische Architektur-Professor Alberto Cecchetto hat beim Umbau des 1899 erstmals eröffneten Hotels einen kühnen Plan umgesetzt: Komplett verglastes viertes Stockwerk obendrauf für die acht Suiten, ein Dach aus rostigem Cortenstahl durchpflügt nun den Garten in Richtung Seeufer. Darunter Restaurants, Pools und der sehr ambitionierte Wellness-Bereich.

In den Zimmern das gleiche Bild: kühle Strenge statt Chichi. In der Küche steht Giuseppe Sestito, der bis 2010 in Rom dem Hotel Splendide Royal einen Michelin-Stern erkocht hatte. So sieht der Angriff des Trentino in Sachen Fünf-Sterne-Tourismus aus. Dabei hätte die Provinz eigentlich keinen Grund zur Sorge. Mit der Mittelklasse läuft es auch ganz gut. 700 000 Gäste kommen im Jahr allein in diesen Teil des Gardasees. 100 000 davon sind inzwischen Rad-Urlauber. Sehr zur Freude der Touristiker, denn Radfahrer sind, anders als man vermuten könnte, konsumfreudige Gäste. Sie geben vor Ort Geld für Fahrradzubehör aus, wohnen eher im Hotel als auf dem Zeltplatz, und ihre Ansprüche gehen über Kaffee und Kuchen für 3,50 Euro hinaus, den Klassiker der durchreisenden Touristen.

Beste Weine für ein anspruchsvolles Publikum

„Die Mischung stimmt“, freut sich Fremdenführerin Laura Tessa. Wer viel Geld für sein Hotel ausgibt, möchte vielleicht auch Wein kaufen, der zu den besten gehört. Das Weingut San Leonardo in Borghetto, eine Dreiviertelstunde von Riva entfernt hinter dem Monte Baldo gelegen, beliefert die Nobelbetriebe der Region und ist auf anspruchsvolles Publikum eingestellt: Auf der Internetseite www.sanleonardo.it gibt es nicht nur die übliche Anfahrtsskizze für Autoreisende, sondern auch die Koordinaten für den Anflug mit dem Hubschrauber (N 4542197/E 0105594).

Die Familie Gonzaga (wie das berühmte Herrschergeschlecht aus Mantua) produziert hier einen der besten italienischen Rotweine, den San Leonardo aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot, der in der Fachpresse Jahr für Jahr Bestnoten bekommt. Die Flasche kostet, je nach Jahrgang, um die 50 Euro. Und während Markgraf Carlo Gonzaga und sein Sohn Anselmo in ihren lässigen, teuren Tweed-Jackets in die Frühlingssonne blinzeln und über die Lagerfähigkeit ihrer Schätze plaudern, fällt einem ein, was die beiden jetzt gerade nicht erwähnen, was viele Puristen etwas bäh fanden, was aber genau das Erfolgsgeheimnis der Region sein könnte: dass dieses hochdekorierte Weingut vor einigen Jahren nebenbei einen Wein für Aldi geliefert hat. 12,99 Euro. Klasse und Masse. Luxushotel und Zeltplatz.

„Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“, hieß das bei Johann Wolfgang von Goethe. Der war 1786 auch schon Gast am Nordufer des Gardasees. PS. An alle Anhänger des FC Bayern: Welcher Spieler in welchem Zimmer des Lido Palace schläft oder während des Trainingslagers im vergangenen Jahr geschlafen hat, ist Hoteldirektor Galieni auch mit den schmutzigsten Tricks nicht zu entlocken.


Anreise
Von Frankfurt und München gibt es Direktflüge nach Verona ab 100 bzw. 75 Euro ( www.airdolomiti.de ). Mit dem Zug ist man nach 4:45 Stunden in Rovereto; von dort noch 40 Minuten mit dem Linienbus. Viele Hotels bieten einen Abholservice. Mit dem Auto erreicht man Riva von München aus in vier Stunden.

Unterkunft
Hotel Lido Palace (5 Sterne), das Doppelzimmer mit Frühstück ab 340 Euro, die teuerste Suite kostet 3000 Euro pro Tag, Telefon +39 / 04 64 / 02 18 99, www.lido-palace.it

Parc Hotel Flora (4 Sterne plus), DZ mit Frühstück ab 250 Euro, Telefon +39 / 04 64 / 57 15 71, www.parchotelflora.it

Hotel Du Lac et du Parc (4 Sterne), Doppelzimmer mit Frühstück ab 250 Euro, +39 / 04 64 / 56 66 00, www.dulacetduparc.com, alle in Riva

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall die Festung im Zentrum von Riva besuchen - gutes Museum, und vom Turm hat man einen tollen Blick (www.museoaltogarda.it ). Einen exquisiten Ausblick bietet auch die Kapelle Santa Barbara, 500 Meter oberhalb von Riva. Den muss man sich allerdings erwandern - hin und zurück in dreieinhalb Stunden.

Auf keinen Fall sollten Sie immer nur die Promenade von Riva auf und ab gehen. Die ist zwar einladend, aber Sie würden einiges verpassen.

Allgemeine Informationen
Das Portal www.gardatrentino.it informiert auch auf Deutsch sehr umfassend über Unterkünfte (mit Buchungsfunktion), Sehenswürdigkeiten, Bus- und Schiffsverkehr sowie Ausflugsmöglichkeiten.

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