Ferien bei Cowboys und Indianern

In North Dakota wird bei Rodeo und Powwow der wilde Westen heute noch gelebt.
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Rodeogirl in Watford City, Foto: Boeckh
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Wilde Bisons am Straßenrand, Foto: Boeckh
srt 3 Wilde Bisons am Straßenrand, Foto: Boeckh
Hutablage auf Indianerart beim Powwow in Bismarck, Foto: Boeckh
srt 3 Hutablage auf Indianerart beim Powwow in Bismarck, Foto: Boeckh

Watford - In North Dakota wird bei Rodeo und Powwow der wilde Westen heute noch gelebt.

Eben noch haben die Rodeo-Queens den furiosen Auftakt in den staubigen Boden gestampft, perfekt reitende Cowgirls auf tänzerisch parierenden Pferden. Jetzt wird es ganz still in der Arena. Als hielten die paar Hundert auf den Holzbankreihen ringsum den Atem an. Zwei Pferde sind in die Mitte geführt worden. Noch letztes Jahr haben sie beim großen Rodeo-Endausscheid hier in Watford City ihre verwegenen Reiter getragen. Doch nun sind die Sättel leer.

Standing ovations für Westernhelden

Stehend erweist die Menge den verstorbenen Westernhelden diese berührende Ehrung. Wie einem Freund, einem Nachbarn. Cowboys und Indianer, die grandiose Weite der Landschaft unter hohem Präriehimmel: All das gibt es auch anderswo in Amerika. Doch in North Dakota lassen sich diese filmreifen Versatzstücke des Wilden Westens sozusagen gefühlsecht erleben. Bei einem der traditionellen Rodeos oder Powwows etwa. Solche Reiter-Wettbewerbe und Indianertreffen haben sich hier jenseits touristischer Show-Events den Charakter familiärer Volksfeste bewahrt. Mit Herz - und manchmal auch mit Schmerz.

Ein Rodeo ist ein Familientreffen

Hier kennt man sich und so ein Rodeo in North Dakota ist zugleich ein Familien- und Nachbarschaftstreffen. Obwohl oder gerade weil die Entfernungen groß sind. Denn der an Kanada grenzende US-Bundesstaat zählt zu den am wenigsten besiedelten Regionen des Landes. Nicht einmal 650000 Einwohner leben auf einer Fläche, die etwa halb so groß wie Deutschland ist. Da freut man sich umso mehr auf Gelegenheiten, bei denen man Freunde und Verwandte treffen kann.

So ein Höhepunkt eben wie die Rodeo Finals in Watford City. Das Städtchen mit rund 1300 Einwohnern liegt am Nordrand des Theodore Roosevelt Nationalparks. Der ist mit seinen bizarren Felsformationen und den Prärielandschaften, durch die Herden von Bisons und Wildpferden ziehen, noch so etwas wie ein Geheimtipp für Menschen, die unberührte Natur suchen.

Unberührt vom Touristenrummel

Ursprünglich und unberührt vom Touristenrummel geht es auch an den zwei Rodeotagen in Watford zu. "Bei uns ist alles mehr traditionell und nicht so kommerzialisiert", stellt Reed Kramer fest und zieht den Stetson fester in die Stirn. Der rotblonde Viehzüchter reitet Rodeos, seit er 15 Jahre alt war. Jetzt ist er 39 und hat seither bei seiner Disziplin, dem Bronc-Ride, bei dem es gilt, sich acht Sekunden freihändig auf einem bockenden Gaul zu halten, "natürlich ein paar gebrochene Rippen" davongetragen, wie er grinsend zugibt. Was aber noch lange kein Grund sei, heute nicht wieder dabei zu sein. "Die anderen Sachen, Bullen reiten und so", meint er lakonisch, "sind dagegen echt gefährlich".

Der jüngste Cowboy ist gerade drei geworden

Die Stimmung ist prächtig rund um den Ort des Geschehens, einen schlichten Alu-Flachbau mit der Anmutung einer Fabrikhalle. Auf dem Gelände treffen immer neue Pferdetransporter ein. Immerhin 400 Cowboys und Cowgirls kommen als Aktive. Dazu steht jede Menge allerjüngster Nachwuchs quasi schon in den Steigbügeln. Der kesse Evan mit dem hellen Stetson beispielsweise. Der ist gerade Drei geworden und erklärt wie selbstverständlich, dass er Cowboy werden will. Ein Lasso zum Üben hat er schon und ein Pony, na klar.

Am Abend ist Evan ganz sachkundiger Zuschauer. Und als die wilden Cowboy-Spiele für heute vorbei und die Sieger gekürt sind, wird die staubige Arena bei einer "Party in the dirt" mit munteren Country-Klängen bis spät in die Nacht zum Tanzsaal. Über allem schwebt der Duft von Steaks und Popcorn. Ein Familienfest eben.

70 Stämme kommen beim United Tribes Powwow zusammen

Ähnlich unter sich ist man beim United Tribes Powwow in der Landeshauptstadt Bismarck. Die ist nach dem einstigen Reichskanzler benannt und weist wie etwa die Ortsnamen Karlsruhe, Bremen und New Leipzig darauf hin, dass fast die Hälfte der Einwohner von North Dakota deutsche Wurzeln haben. Die indianischen Ureinwohner machen nur noch einen Bruchteil der Bevölkerung aus, wenn auch ihr großes Stammestreffen etwas anderes suggeriert. Rund 20000 Vertreter von mehr als 70 Stämmen kommen hier jedes Jahr zusammen. Bei ihren mit großer Konzentration und Hingabe zelebrierten Tänzen scheint zumindest für diese Stunden die Welt der so vielfach unterdrückten amerikanischen Ureinwohner in Ordnung. Kritisch schauen Verwandte und Freunde zu. Der Jüngste im Wettbewerb um die korrektesten Schritte, das beste Outfit ist gerade mal fünf, der Älteste 92 Jahre alt.

"Living culture - lebendige Kultur"

So nennt Karen Paetz das Powwow -Geschehen. Die Frau vom Stamme der Mandan-Hidatsa, zu deren lebhaftem Wesen ihr indianischer Name "White Weasel Women" so gut passt, ist im Organisationskomitee und erzählt vom Bemühen, Sprache, Lieder und Tänze auch durch Feste wie dieses zu bewahren. Mut und Hoffnung spricht aus ihrer Haltung. So, wie wir sie später auch hundert Meilen nördlich von Bismarck in Belcourt an der kanadischen Grenze finden. Der Ort gehört zum Reservat der Chippewa. Inmitten lichter Laubwälder liegt an einem See ihr Vorzeigeprojekt: das Turtle Mountain Community College. Ein supermoderner Komplex für bis zu tausend Studenten. Das Geld dafür kommt auch aus den Einnahmen des stammeseigenen Spielcasinos.

"Noch sind 65 Prozent unserer Leute im Reservat ohne Arbeit", sagt Cody St. Claire, "doch die Ausbildung im College gibt ihnen bessere Chancen." Der Mittzwanziger hält als Sänger die Traditionen in Liedern wach und meint zum Abschluss selbstbewusst: "Wir sind gewiss nicht die reichsten Menschen auf der Welt, aber unsere Seelen sind reich!"

Service North Dakota

Allgemeine Auskunft: North Dakota Division of Tourism, c/o Wiechmann Tourism Service, Scheidswaldstraße 73, 60385 Frankfurt, Telefon 069/25538-0, www.wiechmann.de und www.ndtourism.com.

Flüge: Mit Northwest Airlines von Frankfurt über Minneapolis nach Bismarck.

Rodeotermine 2009: Fort Ransom und Killdeer (3. und 4. Juli), Jamestown (10./11. Juli), NDRA Rodeo Finals Watford City (11. und 12. September), Rough Rider Rodeo Finals Devils Lake (25. bis 27. September);

Indianer-Powwow: Das 40. United Tribes International Powwow findet vom 10. bis 13. September in Bismarck statt.

Margit Boeckh

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