Ein prima Mikroklima

Die Insel La Réunion ist sowohl für Wanderer als auch für Luxusreisende die Anreise wert.
Wolfgang Bok aus St. Denis |
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St. Denis - Kaum in St.Denis gelandet, windet sich der hart gefederte Kleinbus über winkelige Straßen hinein in das grüne Herz von La Réunion. Nur wenige Kilometer abseits des Ozeans fühlt man sich plötzlich in die düstere Filmkulisse von Tolkiens „Herr der Ringe“ versetzt. So dicht überzieht die tropische Fauna die steilen Hänge, wo schließlich das ursprüngliche Bergdorf Hell-Bourg den ersten Vorgeschmack auf die kreolische Kultur liefert. Nach vielen weiteren Windungen geht es dann aber noch steiler hinauf zur Vier-Sterne-Lodge. Hier, hoch oben über dem nahen Meer und bei angenehm frischer Brise, bekommt man ein erstes Gefühl dafür, warum sich Touristen die eintägige Anreise von Europa aus antun, um diesen Brocken vulkanisches Frankreich knapp 800 Kilometer östlich von Madagaskar zu erkunden. Es ist wohl die Vielfalt auf engem Raum.

Die Insel der 1000 Gesichter

Dieser Kontrast von Meer und Bergen, von Enge und Weite, von vulkanischer Ödnis und tropischer Üppigkeit. „Insel der 1000 Gesichter“ nennen die Bewohner ihre Schluchtenwelt im Ozean. Das ist leicht übertrieben, aber an die 200 Mikroklimata wollen Meteorologen gezählt haben. Und das auf einer Fläche so klein wie das Saarland. Doch die 827 000 Einwohner und mehr als doppelt so vielen Touristen drängen sich überwiegend an den bewohnbaren Strandregionen. Das ist nicht nur eine Frage der Topografie, sondern auch der Sicherheit: Alle paar Jahre erinnern die Vulkane an ihre Urgewalt. Noch heute erzählen die Einheimischen mahnend von jenem jungen Mann, der am Tag der Hochzeit von Lavaströmen verschlungen wurde. Auch die Schwefeldämpfe sind als stete Gefahr erkannt. Regelmäßig müssen Dörfer evakuiert werden. Wer hier verschont bleibt, muss heilig sein. So wie die Kirche von Sainte-Rose, um die sich 1977 der glühende Basaltteig geteilt und so das Gotteshaus wie durch ein Wunder verschont hat. Heute pilgern Touristen wie Gläubige zur Notre-Dame-des-Laves. Das ist typisch für die Kreolen: Sie wenden die Risiken der Naturgewalten zu ihrem Vorteil. Seit August 2010 sind die Vulkanlandschaften, Talkessel und Hochebenen von der Unesco als Weltkulturerbe anerkannt. Gut die Hälfte des französischen Überseedepartements ist so vor zu viel Geschäftstüchtigkeit geschützt.

Dadurch erhalten die Gäste viel Ursprünglichkeit, die aber von einer Infrastruktur auf europäischem Niveau erschlossen ist. Das hilft, dieses zerklüftete Eiland zu erkunden, das sich rühmen darf, „aus Feuer geboren und von den Wellen nur wenig geschliffen“ worden zu sein. Selbst geringe Entfernungen brauchen ihre Zeit. Gewiss kann, wer es eilig hat, das Eiland mit dem Mietwagen in sechs Stunden umrunden und einige fantastische Blicke über die basaltschwarzen Steilküsten werfen. Doch das wäre Reizverschwendung. Wenigstens einmal sollte man sich von Saint-Louis an der Westküste die 367 Kurven auf der Nationalstraße 5 hinaufwinden. Es ist, als ob man im Zeitraffer von der Südsee über den Schwarzwald direkt auf den Mond katapultiert würde. Denn so fühlt es sich an, wenn man an einem Vormittag von null auf gut 2000 Meter befördert wird, um dann auf eine braunrote Steinwüste zu blicken, die von Felsformationen gesäumt wird. Am Rand erhebt sich ein Vulkankrater, der von fern aussieht wie ein Ameisenhaufen mit Loch. Die ganz Harten legen die Steilstrecke mit dem Rennrad zurück. Trainierte Wanderer planen zwei oder drei Tage, um sich das Hochplateau zu erschließen.

Von der Delfin- oder Walsafari bis zum Paragliding

Der mit 3070 Metern höchste Punkt Piton des Neiges ist eine besonders lohnende Herausforderung. 1000 Kilometer Trailwege und zahlreiche, zum Teil bewirtschaftete Hütten bescheren dem Naturfreund fantastische Aussichten - aber auch reichlich Höhenmeter bei feuchter Hitze. Die Bequemen nehmen indes ihren Mut zusammen und chartern eines dieser klapprigen Ultraleicht-Metallflugzeuge, um sich die Canyons und Krater von oben anzusehen. Wer (zahlen) will, findet auch sonst viele Freizeitmöglichkeiten. Diese reichen von der Delfin- oder Walsafari bis zum Paragliding. Selbst Inseltouren im Porsche werden angeboten. Natürlich kann man sich die Zeit auch in einer der meist luxuriösen Hotelanlagen mit Schnorcheln vertreiben und sich an der von Korallenriffen geschützten maritimen Vielfalt erfreuen. Die trockene Westküste bei Saint-Leu gilt zudem als Surferparadies.

Mehrere Haiattacken haben indes selbst den Waghalsigen den Spaß am Wellenreiten verdorben. Deutsche Reiseveranstalter bieten verstärkt Kombipakete mit Mauritius an, um das Naturerlebnis auf La Réunion mit ein paar geruhsamen Badetagen an feinen Sandstränden abzurunden. Vor allem an der Westküste der Zuckerrohrinsel konkurrieren zahlreiche Luxus-Resorts mit kolonialem Architekturstil, perfektem Service und gepflegten Stränden um zahlungskräftige Gäste. Doch auch für Mauritius gilt: viel zu schade, um die Tage nur mit Essen, Faulenzen und Schnorcheln zu verbringen.


Anreise
Von Paris gibt es Direktverbindungen nach La Réunion (ab 800 Euro). Von Frankfurt und München (um 1000 Euro) fliegt man über Mauritius.

Unterkunft und Veranstalter
Berghütten möglichst vorher beim zentralen Tourismusbüro buchen, www.reunion.fr . Themenrundreisen, wie sie Thomas Cook, www.thomascook.de , anbietet, verbinden Komfort mit Individualität: 6 Tage Weltkulturerbe, DZ/HP ab Saint-Denis (ohne Flug) kosten ab 834 Euro, der „Duft der Vanille“ ist ab 627 Euro zu schnuppern. Der Wanderer, der zum Salazie-Kessel aufsteigen will, ist in der Diane Dea Lodge & Spa (3 Ü/F ab 392 Euro pro Person) gut aufgehoben.

Thomas Cook kooperiert auch mit der Lux-Gruppe, www.luxislandresorts.com , die sich mit ökologisch korrekter Extravaganz von der Konkurrenz abheben will. Dazu zählen nächtliche Einlagen in Astrologie oder ein Ausflug zu einer Privatinsel. Eine Woche Flugpauschalreise mit Frühstück ist ab 1600 Euro zu haben. Sterne-Aufschläge sind indes gut investiert. Etwa für das Lux Ille de la Réunion bei Saint Gilles (ab 1804 Euro im DZ/F pro Person). Auch Dertour, www.dertour.de , hat Reisen nach La Réunion im Programm, spezielle Wanderreisen gibt es bei Diamir Erlebnisreisen und Wikinger Reisen, www.diamir.de , www.wikinger.de .

Reisezeit und Klima
Bis auf das regenreiche Frühjahr herrscht auf den Maskareninseln La Réunion und Mauritius fast immer feucht-tropisches Urlaubswetter. Auf La Réunion kann man der Hitze durch Bergtouren entfliehen.

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