Die Schaltzentrale des Grauens

Das Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors" ist ein schrecklicher Ort, den man gesehen haben muss.
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Dokumentationszentrum, Foto: BBR Bildwerk
srt Dokumentationszentrum, Foto: BBR Bildwerk

Berlin - Das Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors" ist ein schrecklicher Ort, den man gesehen haben muss.

Links bröckeln die Reste der ehemaligen Gestapo-Zentrale, rechts erhebt sich mächtig das Abgeordnetenhaus von Berlin. Dazwischen wurde Anfang Mai der graue Quader des Dokumentationszentrums "Topographie des Terrors" eröffnet: Ein schrecklicher Ort, den man gesehen haben muss.

In einer Ecke des Grundstücks wuchert noch das Unkraut. Damit will die Ausstellungs-Stiftung still daran erinnern, dass Stadt und Land viel zu lange Gras über den Ort wachsen ließen und ihn möglichst vergessen wollten. Das Areal zwischen Wilhelm- und Stresemannstraße lag ja direkt an der Zonengrenze. Fast 30 Jahre lang verlief die Mauer mitten durch das Grundstück.

Dann wurde noch 20 Jahre lang gestritten, umgeplant und improvisiert. Doch jetzt gibt es endlich ein vorzeigbares Ergebnis. Der flache Kasten des gerade eröffneten Dokumentationszentrums sieht zwar nicht viel anders aus als ein Paketverteilzentrum der Deutschen Post. Aber das muss wohl so sein. Denn das schmucklose Gebäude soll vor allem eins: den Blick freigeben für auf das Wesentliche.

Von hier aus wurden im Dritten Reich die unvorstellbaren Verbrechen organisiert

Das war sie also, die Schaltzentrale des Grauens. Von dem Areal aus wurden im Dritten Reich die unvorstellbaren Verbrechen organisiert. Hier standen die Schreibtische der Vollstrecker. Hier hatten Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt ihre Zentralen. Von innen macht eine große Glasfront den Blick frei: auf das ehemalige Reichsluftfahrtministerium, auf den einstigen Preußischen Landtag und auf ein letztes Stück der Mauer. Die Ausstellung geht dann gewissenhaft der Frage nach, wie aus dem bürgerlichen Deutschland der 20er-Jahre ein totalitärer Machtstaat werden konnte. Fünf Themenkreise stellen akribisch das Unvorstellbare dar: Machtübernahme und Institutionen des Terrors, Wirken der SS, Verfolgung und Vernichtung. Wer das Plakative sucht, SS-Uniformen und Folterkeller erwartet, der sieht sich getäuscht. Man sieht vor allem Schautafeln, blickt in großformatige Fotografien. Nur an den so genannten "Medienkernen" lässt sich tiefer eindringen: Da berichtet dann schon mal ein Radioreporter über eine Polizeirazzia und die Wochenschau ganz selbstverständlich über die Deportation von Juden.

Und dann wird es doch noch mal wirklich eindringlich - im Hausgefängnis der Gestapo-Zentrale. Im Sockelgeschoss des Geheimen Staatspolizeiamts waren schon 1933 insgesamt 38 Einzelzellen eingebaut worden. Dort litten Martin Niemöller und Kurt Schumacher, Ernst Thälmann und Helmuth James Graf von Moltke. Und mancher Häftling, so erfährt man, wusste sich diesem Terror nur durch Selbstmord zu entziehen.

Topographie des Terrors, Niederkirchnerstr. 8, 10963 Berlin, Tel. 030/25450950, Internet: www.topographie.de. Die Dauerausstellung ist täglich von zehn bis 20 Uhr geöffnet.

Hans-Werner Rodrian

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