Die Culatello-Route

Wein und Verdi, Schinken und Parmesan sind die Begleiter auf der Radtour entlang des Flusses Po in der Emilia Romagna.
Stefanie Bisping |
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Massimo Spigaroli stellt auf seinem Gutshof Schinken nach alter Tradition her.
Bisping Massimo Spigaroli stellt auf seinem Gutshof Schinken nach alter Tradition her.

Schnurgerade erstreckt sich die Landstraße bis zum Horizont. Aus dem Graben quaken Frösche, Reiher spazieren durch die Felder. Ab und zu kommt ein Auto vorbei, gelegentlich ein Radfahrer entgegen. Pappeln säumen die Straßen, hier und da ist ein Gehöft mit rotem Ziegeldach. Unmittelbar leuchtet ein, weshalb die Po-Ebene das meistberadelte Gebiet Italiens sein soll. Das Land ist flach. Zudem macht man so Entdeckungen, die sonst womöglich am Wegrand verborgen blieben. Eine heißt Culatello: Hauchdünner Schinken, wunderbar duftend und so zart, dass er im Mund zu schmelzen scheint. Massimo Spigaroli stellt ihn auf seinem Gutshof Antica Corte Pallavicina in Polesine nach alter Tradition her. Dieser Schinken ist mit nichts zu vergleichen.

Auch wenn die Menschen in Parma das nicht gerne hören. Der Koch und Biobauer Spigaroli ist einer von nur 20 Herstellern, die Culatello innerhalb eines genau festgeschriebenen Gebiets in der Po-Ebene herstellen. Spigarolis Urgroßvater belieferte bereits den großen Komponisten Giuseppe Verdi damit, er selbst tauscht mit einem weiteren überzeugten Biobauern Schweine und Fachwissen: Prinz Charles. Der lud ihn eigens nach England ein, damit Spigaroli ihn in die Geheimnisse des Schinkens einweihen möge. Inmitten der Wiesen, auf denen sich die schwarzen Schweine der Rasse Nero di Parma wälzen, liegt Spigarolis Gutshof, zu dem außer dem Keller mit 5000 Schinken auch sieben Gästezimmer gehören.

1320 wurde er von der Adelsfamilie Pallavicina errichtet. Heute sitzen im Hof Gäste, denen der Hausherr Schinken und Salami reicht, bevor er ins Restaurant geht, um zu kochen. Die Attraktionen der Umgebung lassen sich auf Schotterwegen und Landstraßen erradeln. 47 Jahre lebte Giuseppe Verdi mit seiner zweiten Frau, einer Sängerin, in einer nahe gelegenen Villa. 27 Opern schrieb er hier. Wie eingefroren wirkt das Parterre der Villa, als wäre der Komponist eben auf die Terrasse getreten, um an dem Gartentisch, der wie jedes andere Möbelstück hier aus seinem Besitz stammt, Platz zu nehmen. Im nahen Busseto baute man eigens für den berühmten Bewohner ein Theater. Doch Verdi trat hier nie auf — er fand ein Theater mit 400 Plätzen unverhältnismäßig für ein Städtchen mit 7000 Einwohnern. Auch Luciano Pavarotti, der im nicht allzu weit entfernten Modena lebte, kam nie her, erzählt die Führerin bedauernd.

Leihräder sind oft recht klapperig

Am Essen kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Das beweisen Parma, Ursprungsort eines berühmten Schinkens; Ferrara, Ursprungsort mit Kürbis gefüllter Tortellini; und Modena, Heimat von Pavarotti und vom Aceto Balsamico tradizionale, einem Balsamico-Essig, von dem wenige Tropfen ausreichen, um ein Kalbsfilet oder auch ein Dessert unvergesslich zu machen — vom würzigen Parmesan und Nahrungsergänzungsmitteln wie dem Lambrusco gar nicht zu reden. In den Städten der Region kann man nicht nur gut essen, sondern auch an jeder Ecke Fahrräder mieten. Wer es ernst meint mit dem Radeln, ist allerdings gut beraten, das eigene Rad mitzubringen — Leihräder sind oftmals recht klapperig. Über gut 300 Kilometer ist das rechte Ufer des Po von Piacenza bis zur Mündung des Flusses in die Adria als Radweg ausgeschildert. Neben der Flusslandschaft sind seine Attraktionen Schlösser des Herrschergeschlechts der Este und kleine Dörfer wie Brescello. Dort wurden fünf Filme nach den Erzählungen Giovannino Guareschis mit den Helden Don Camillo und Peppone gedreht. Nur kleine Abschnitte des Wegs sind ausschließlich Radlern vorbehalten.

Landstraßen und Abschnitte, die mit Fähren zu bewältigen sind, gehören ebenso dazu wie Deiche, die weite Blicke über Wiesen, Felder und den Fluss öffnen. „Destra Po“ folgt bis auf zwei kurze Abweichungen ganz dem unteren Flusslauf. Der Radweg endet im Fischerdorf Gorino di Goro stilecht bei einem Restaurant. Hier dampfen schon große Schüsseln voller Muscheln und Meeresfrüchte in der Küche.


Anreise
Mit dem Auto fährt man entweder über Mailand in Richtung Bologna oder via Brenner und Verona in Richtung Udine, Padua und Bologna.

Unterkunft
Auch in der eher wenig besuchten Gegend der Po-Auen liegen Pensionen und Hotels nie mehr als eine moderat geradelte Tagesetappe voneinander entfernt. Besonders schön ist das liebevoll restaurierte mittelalterliche Kastell Antica Corte Pallavicina in Polesine Parmense (www.acpallavicina.com). Die sieben Zimmer sind mit Antiquitäten eingerichtet und kosten pro Nacht mit Frühstück 140 Euro.

In Ferrara, der selbst ernannten Fahrrad-Hauptstadt Italiens, gibt es relativ günstige Pensionen. Mitten in der Altstadt liegt zum Beispiel Room and Breakfast Dolcemela (www.dolcemela.it). Das DZ mit Frühstück kostet hier 100 Euro. Allgemeine Informationen Fremdenverkehrsamt der Region Emilia-Romagna, www.visitemiliaromagna.de. Hier sind auch Radkarten für die Po-Auen zu bekommen.

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