Bringst du mir was mit?

Bringst du mir was aus deinem Urlaub mit? Bitte nicht! Oder zumindest nicht den klassischen Touri-Nepp. Ein Plädoyer für echte Souvenirs.
Anja Wasserbäch |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

Spätestens beim nächsten Umzug verflucht man sie alle. Diese Souvenirs-Mitbringer, Kitsch-Aficionados und Andenken-Sammler. Auch wenn sie es ja nur gut meinen. Da waren sie so weit weg in der Fremde und haben so viele Kilometer entfernt an einen gedacht. Eigentlich nett. Aber was will man mit alldem? Mit dem Schrott, der meistens nicht einmal in dem Land, in dem er erworben wird, angefertigt wurde. Souvenir-Shops sehen fast überall gleich aus. Nur der Inhalt differiert je nach Land. Es sind Ramschläden, vollgepfercht mit billigen Teilen.

Es gibt Postkarten, die die Form des Kopfes von Prince William haben, Stifte, an deren Ende eine Plastik-Freiheitsstatue thront, Elche aus Plüsch, kleine Trolle aus Plastik, mit Perlen besetzte Wackelkopf-Schildkröten und natürlich - T-Shirts in Sackform, auf denen „I love xy“ (hier einfach Stadt Ihrer Wahl einsetzen) steht. Sänk ju wäry matsch! Die Idee, die hinter einem Souvenir steckt, ist eigentlich eine gute. Das Wort „Souvenir“ stammt aus dem Französischen und heißt „sich erinnern“. Ein Souvenir ist ein Mitbringsel, das einen erinnern soll, an den Menschen, der einem das Geschenk mitbringt. Oder - wenn das Souvenir für einen selbst bestimmt ist - an die schönen Tage oder Wochen in der Ferne. Niemand ist davor gefeit. Da schlawinert man durch den vollgestopften Laden, der Shop genannt wird, kauft geschwind ein Andenken und hofft noch etwas von der wunderbaren Urlaubslaune in den Alltag hinüberzuretten. Und da stehen sie nun und stauben vor sich hin: die Holzgiraffe aus Südafrika, der Elefant aus Indien, das Dalapferd aus Schweden.

Perfekte Staubfänger im Regal

Bill Ramsey, der von der Mimi, die ohne Krimi nie ins Bett ging, und der Zuckerpuppe sang, schrieb den Mitbringseln ein lustiges Ständchen. „Souvenirs Souvenirs“ ist aus dem Jahr 1959 und sagt nicht viel aus - außer „Souvenirs Souvenirs kauft ihr Leute kauft sie ein/denn sie sollen wie das Salz/in der Lebenssuppe sein“. In den Souvenirläden dieser Welt gibt es nichts, was es nicht gibt. Schneekugeln mit der Skyline der Stadt. Spardosen in Form von roten Doppeldecker-Bussen. Tassen in allen erdenklichen Formen und Farben. Kühlschrank-Magnete. Den Eiffelturm als Schlüsselanhänger. Schloss Neuschwanstein im Miniaturformat. Kunterbunte Matrjoschkas. Alles perfekte Staubfänger im Regal. Man kann sich gar nicht entscheiden, was denn am schlimmsten ist.

Weit vorn in der Liste der abscheulichsten Mitbringsel sind diese Umhängetaschen, auf denen in verschiedenen Farben der Name der Stadt geschrieben steht: London, Paris, Berlin zum Beispiel. Wahrscheinlich käme niemand auf die Idee, mit dem Print von St. Peter-Ording schauzulaufen. Das alles ist jedoch relativ harmlos, wenn man sich auf der Internetseite crapsouvenirs.com umschaut. Der Reisejournalist Doug Lansky hat hier und in dem auf Englisch erschienenen Buch „Crap Souvenirs: The Ultimate Kitsch Collection“ ein Fotoalbum seiner liebsten, abscheulichsten Souvenirs zusammengestellt. Plüschbananen mit Rastamütze und Dreadlocks aus Tennessee, Nebel in der Dose aus San Francisco, ein ausgesprochen hässliches Thermometer mit einem Keramik-Alligator aus Florida oder der Manneken Pis, der urinierende Knabe aus Brüssel, als Flaschenöffner.

Sachen zum Anziehen mitbringen, ist schwierig

Auch schlimm ist die Kategorie der lustigen Souvenirs. T-Shirts, auf denen Sprüche stehen wie beispielsweise „My sister went to New York and all I got is this lousy shirt“. Haha. Schon lange nicht mehr so gelacht. Sachen zum Anziehen mitzubringen, ist generell schwierig. So muss man es irgendwann mal tragen, wenn der Schenker den Beschenkten trifft. Und in Schottenrock, marokkanischen Schnabelschuhen, mexikanischem Poncho, holländischen Holzschuhen, indischem Sari oder mit Bollenhut aus dem Schwarzwald beziehungsweise südamerikanischem Sombrero kann man außerhalb der bereisten Landesgrenzen schon mal recht dämlich aussehen. Überhaupt: Keine Souvenirs mitbringen zu müssen, kann befreiend sein.

Kein Druck auf den letzten Drücker - etwa am Tag der Abreise -, noch etwas zu kaufen. Wer sich vornimmt, kein Souvenir zu kaufen, findet immer etwas. Es muss ja nicht immer Kitsch sein. Nichts aus dem Touristenshop, den es in jedem Terminal und in jedem Touristenbüro gibt, nichts von halbseidenen Strandverkäufern. Fremde Länder haben viel mehr zu bieten. Wer ins Museum geht, findet hier meist einen gut sortierten Shop. Sei es in der Tate Modern in London oder im Museum of Modern Art in New York. Die Radiergummis und Bleistifte sehen dann eben doch besser aus als in der Schreibwarenabteilung von Karstadt. Sowieso - die Kultur. Wer sich im örtlichen Plattenladen nach regionaler Musik umsieht, erfährt meist mehr über ein Lebensgefühl als an der touristischen Strandbar. Und wer schon mal in Skandinavien unterwegs war, findet schöne Designsachen an jeder Ecke. Am besten sind die kulinarischen Souvenirs

. Irgendwann sind sie aufgebraucht, Was bleibt, ist die wahre Erinnerung. An den Geschmack von getrocknetem Fisch aus Island, an die gummiartige Konsistenz der Rentierwurst, den süßsauren Geschmacks des norwegischen Apfelkompotts. Dominik Prantl und Jochen Temsch - Vielreiser und Experten - haben in ihrem „Reisebuch“ (erschienen in der Süddeutschen Zeitung Edition) auch den Souvenirs ein Kapitel gewidmet. Die beiden Autoren empfehlen zehn Souvenirs, darunter auch „Elchkot aus Norwegen“: „moosig duftende, getrocknete, ballaststoffreiche, daher besonders feste Winterlosung des skandinavischen Nationalhirschen - in der Kiefernholzbox oder, mit Klarlack veredelt, als Ohrringe oder Halsschmuck. Für alle, die vor der Abreise sagen: ,Bring mir bloß nicht wieder so einen Scheiß mit!‘“

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.