Bein gebrochen - kein Beinbruch
Da hat einen das Urlaubsfieber schon voll gepackt, und dann das: Die Oma kommt ins Krankenhaus und muss operiert werden. Der Familienrat beschließt, den Urlaub abzusagen - trotz der hohen Stornokosten. Denn um die braucht sich die Familie keine Sorgen zu machen. Sie werden von der Reiserücktrittsversicherung bezahlt, die sie bei der Reisebuchung abgeschlossen hat.
Die Beispielfamilie hat sich dabei an den Rat der Verbraucherschützer von der Stiftung Warentest gehalten, die in der Januar-Ausgabe von „Finanztest“ 90 Tarife für eine Rücktrittsversicherung unter die Lupe genommen hatten. Für teure Reisen und für Reisen mit Kindern, so die Tester, ist eine Reiserücktrittsversicherung fast immer sinnvoll. Sie ersetzt dem Urlauber die vom Reiseveranstalter verlangten Stornokosten, wenn ein „wichtiger Grund“ die Reise verhindert oder zum Abbruch der Reise führt.
Wichtige Gründe sind eine plötzlich eintretende Krankheit, ein Unfall oder der Tod des Reisenden und seiner Begleitung. Ebenso zählen dazu Schwangerschaft, Impfunverträglichkeit oder der Bruch von Prothesen. Auch wenn das Eigenheim abbrennt oder überflutet oder die Wohnung ausgeraubt wird, tritt der Versicherungsfall ein. Weitere Gründe sind betriebsbedingte Kündigung, Wiedereinstellung nach Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Arbeitsplatzwechsel, Eintreffen einer gerichtlichen Vorladung, das Einreichen einer Scheidungsklage, Schulwechsel des Kindes - ja sogar die Erkrankung eines zur Reise angemeldeten Hundes.
Die Versicherung ersetzt die Stornokosten
Auch wenn den Angehörigen, die zu Hause bleiben, etwas zustößt, ersetzt die Versicherung die Stornokosten. Den Kreis dieser sogenannten Risikopersonen haben die meisten Versicherer inzwischen weit gefasst. So zählen dazu nicht nur Ehe- und Lebenspartner, die Kinder und die Großeltern, sondern auch Verwandte wie Geschwister, Schwager und Schwägerin, Schwiegereltern, Tanten, Onkel sowie Neffen und Nichten. Einige Versicherungen begrenzen das Risiko aber auf deren Todesfall.
Abschließen sollte man einen Vollschutz, also eine Rücktrittsversicherung mit Reiseabbruchversicherung. Der Unterschied ist, dass die Reiserücktrittsversicherung die Stornokosten ersetzt, die Veranstalter, Hotels, Auto- und Wohnmobilvermieter, Fluggesellschaften und andere Leistungsträger verlangen, wenn die Reise nicht angetreten wird. Die Reiseabbruchversicherung dagegen erstattet die Mehrkosten einer vorzeitigen Rückreise und ersetzt den Wert der nicht genutzten Leistungen oder trägt die Mehrkosten eines verlängerten Aufenthalts aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit, bei guten Versicherern auch wegen einer Naturkatastrophe.
Man muss den Schaden so gering wie möglich halten
Fallstricke haben die Rücktrittsversicherungen wenige. Der Wichtigste: Ein Schadensfall muss unverzüglich mitgeteilt werden. Denn die Stornokosten der Reiseveranstalter sind umso höher, je näher der Reiseantritt rückt. Bis zu einem Monat vor Reiseantritt betragen die Stornokosten meist 20 Prozent des Reisepreises, kurz davor sind es dann etwa 80 Prozent, bei Spezialprogrammen und Städtereisen ist oft sogar die volle Summe fällig. Wenn nun ein Erkrankter das Stornieren hinauszögert und hofft, das wird schon wieder, dann hat er seine Pflicht verletzt, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Wird er nicht rechtzeitig gesund oder erleidet einen Rückfall, dann zahlt die Reiserücktrittskostenversicherung nur die Stornokosten, die zu Beginn der Krankheit fällig gewesen wären. Das gilt dann, wenn der Arzt eine Genesung vor der Abreise für wahrscheinlich gehalten hat.
In Zweifelsfällen sollte man immer bei der Versicherung nachfragen. Europäische Reiseversicherung, Allianz Global Assistance (früher Elvia) und andere haben einen extra Beratungsservice für Stornofragen. Vorteil für beide Seiten: Es gibt Rechtssicherheit. Wenn die Mediziner der Versicherung zum Abwarten raten, der Kunde später aber trotzdem nicht reisen kann, dann zahlt der Versicherer die vollen Stornokosten. Andererseits muss man auch die Reise absagen, wenn die Versicherungsärzte dazu raten - außer man geht das Risiko ein. Eine Beratung gibt es auch für Reisende mit einer „ruhenden“ Vorerkrankung oder einer chronischen Erkrankung. Auch in einem solchen Fall kann man sich absichern, wenn man vorher die Ärzte der Versicherung einschaltet.
Testsieger waren bei „Finanztest“ die Versicherer Hans-Merkur und Würzburger. Das gilt sowohl für die Angebote für Einzelpersonen wie für Familien. Beide Versicherer haben in ihren Verträgen auch keine Selbstbeteiligung. Ausnahme sind die Verträge für Einzelreisen der Hanse-Merkur, die bei ambulanter Behandlung einer schweren Erkrankung eine Selbstbeteiligung von 20 Prozent vorsehen. Wer öfter als einmal verreist, kommt mit einem Jahresvertrag günstiger. Bei Familienverträgen sind die Mitglieder der Familie auch versichert, wenn sie allein verreisen, das Kind etwa einen Sprachkurs im Ausland macht. Bei dem Test von Stiftung Warentest gab es übrigens keinen Versicherer, der komplett durchgefallen ist, Schlusslichter aber wohl. Zürich und Generali erhielten die Note „ausreichend“.
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