Bei Horny Betty gärt's gewaltig

Salzburg für Bierfans: Auf den Spuren des Gerstensafts durch die Mozartstadt
von  Gerhard Merk
Raritätenkeller im Bier-Kultur-Haus von Braumeister Axel Kiesbye in Obertrum bei Salzburg.
Raritätenkeller im Bier-Kultur-Haus von Braumeister Axel Kiesbye in Obertrum bei Salzburg. © Gerhard Merk

Figaro hier, Figaro da – Mozart allerorten. Wie eine Klangwolke liegt sein Geist über Salzburg. Aber hinter der Kulisse gärt es. Freche Designer fummeln am Bier von morgen. Zum Beispiel an Horny Bett.

Die Harley-Boys vom „Texas Hill Chapter“ stehen ergriffen vorm barocken Mozart-Haus. Einer, Knopf im Ohr, wippt mit dem Fuß. Roll over Beethoven? Yeah man! Hier – sagt sein zweifelnder Blick – hier wurde also dieser crazy Austrian composer geboren?!

Hier in der Getreidegasse trank Mozart wohl auch sein erstes Bier – und urteilte vernichtend. Wolferl an Nannerl: „Liebe Schwester, ich muss Dir schreiben, das Salzburger Bier, es ist zum Speiben.“ Martina Gyuroka kolportiert es mit Genuss. Als Gerstensaft-Guide führt sie durch die Altstadt, wo Mozart nun immer wieder unseren Weg kreuzt: Der Musikus feierte im Bergerbräu, kegelte im Stieglbräu und lachte sich im Sternbräu die „großäugige Ottilie“ an.

Ein sherryartiger Bio-Bock sorgt für geile Umdrehungen.

Im Augenblick sitzt – nein – schwebt er silbern bronziert als Straßenkünstler am Alten Markt. Der luftige Balance-Trick lässt die Euros klimpern. Daneben im Café Fürst schälen die Gäste zur Melange Mozartkugeln aus der Silberfolie. Und zwar das Original mit Marzipan und Nougat, handgerollt. Bei Jahn-Markl, eins weiter, lassen sich Betuchte eine Lederhose à la Kaiser Franz Joseph anmessen.

Stilecht in der Kurzen empfängt Braumeister Johann Höplinger im Augustiner Bräu in Mülln. Er braut für die Chorherren wie vor hundert Jahren: Kühlschiff, Rieselkühler, offene Gärung – ein Alptraum für Hygieniker. Hier aber ist Segen drauf. Fast alle Holzfassln werden umgehend im Biergarten geleert. Die Schmankerl-Gasse offeriert Radi und Hendl dazu.

Zum Auslüften anderntags taugt ein Gang über den Kapuzinerberg.

Steil aufwärts geht’s über die Stiegen des Kreuzwegs. Durchs Laub blitzt gelb und verboten das Paschinger Schlössl von Stefan Zweig. Der neue Besitzer hat sich dem Gedenken an den Autor verweigert. Jetzt steht die Büste des jüdischen Pazifisten gegenüber bei den Mönchen.

Keine Sterbensseele ist auf dem schroffen Felsrücken unterwegs. Die zugewanderten Gämsen vom Untersberg halten sich ohnehin bedeckt. Zwei Stunden versonnenes Wandern über den Blechdächern der Stadt, dann kommt ganz unten ein Marterl: „Hier ist unser Lucki abgestürzt.“ „Bsuffa war er halt“, sagt eine Anwohnerin nüchtern. Bis zur Straße darunter hätte der Lucki nur noch drei Meter gebraucht.

Ein Weißbier wär’ jetzt trotzdem schön. „Die Weisse“ hat das beste Renommee. 110 Jahre ist der Laden alt und jünger denn je. Ob im Zirbelholzstüberl, im Garten oder abends im Diskodunkel der Sudwerk-Bar, die Bügelflaschen ziehen Kundschaft. „Wir haben uns verjüngt, verweiblicht“, sagt Wirt Peter Huber. Für Gruppen wird knusprige Ente in der Reine aufgetragen, mit Soße, Semmelknödel und Krautsalat.

Mit zarten zehn Jahren ist das Brauhaus Gusswerk ein Newcomer, aber umso kreativer. „Horny Betty“, ein sherry-artiger Triple-Bock auf Biobasis, sorgt in der alten Glockengießerei am Stadtrand für geile Umdrehungen. “Cerevinum“ dagegen duftet medaillenreif nach Apfel und Aprikose. Der „Getreidewein“ ist ja auch mit Zweigelttrauben und Champagnerhefe vergoren.

Für den Transit in die Moderne steht radikal das Hofbräuhaus Kaltenhausen, eine von Felsen überragte gelbe Bierburg bei Hallein. Die älteste Brauerei im Land, gegründet 1475, ist gerade von einer Bierfabrik zur Spezialitäten-Manufaktur geschrumpft. Braumeister Günter Seeleitner, beiläufig Österreichs Brauerpräsident, darf jetzt im offenen Bräustüberl mit neuen Sorten und Suden spielen.

Den Weg in die Nische geht auch Österreichs größter Biersieder, die Stiegl-Brauerei. Die modernen Sudkessel stehen draußen beim Flughafen in einem gläsernen Rundbau. Aber richtig bierig wird’s in der „Brauwelt“. Herzstück der didaktischen Show ist Markus Trinkner mit seiner Erlebnisbrauerei. Alle vier Wochen liefert er ein neues Monatsbier. Zum Beispiel ein schottisches Imperial Stout mit kernigen Röstnoten. Das kommt gut, wie die Juchzer der Hochzeiter im Bräustüberl verraten.

In Trum kann jetzt jeder erlebnisbrauen mit Bieraculix.

Die Böller, die den Bräutigam weckten, waren bereits am Vormittag auf dem Mönchsberg zu hören. Gefolgt von einem gewaltigen Glockenkonzert. Nur ein paar Frühaufsteher führen zu dieser Stunde zwischen der Festung Hohensalzburg und der Bastion der Bürgerwehr ihre Hunderl spazieren. Es ist ein sonniger Sonntag im Herbst. Zeit für eine Landpartie zur Trumer Brauerei in Obertrum am See.

Das Trumer Pils ist legendär: herb, aber süffig. Sein Schöpfer stammt aus Dortmund, er platzt vor Ideen. Braumeister Axel Kiesbye hat den Biersommelier erfunden. Nach seinem Modell werden nun Europas Bierschmecker diplomiert. Sein jüngster Coup: Österreichs BierKulturHaus. Im Keller hortet er Raritäten nach Jahrgängen, oben köchelt er mit zahlenden Gästen in einem kupfernen Käsekessel urige Neuheiten. Erlebnisbrauen mit Bieraculix! – so sein Kampfname. In der Küche wird derweil mit allerlei Ober- und Untergärigem experimentiert. Und debattiert: Was passt wohl zu einem harzig herben Fichtensprossenbier? Neue Biere, neue Fragen...

Weitere Informationen:

Infos zum Thema gibt es unter www.salzburg.info.

Martina Gyoroka führt auf historischen Bierwanderungen durch Salzburg: www.salzburg-bierguide.at, Telefon 0043/664/1456250.

Zimmer z. B. im Hotel Auersperg ab 109 Euro/EZ und 150 Euro/DZ.

Weitere Adressen: Stiegl-Brauwelt, Bräuhausstr. 9, www.brauwelt.at.

Augustiner Bräu Kloster Mülln, Lindhofstr. 7, www.augustinerbier.at.

Die Weisse, Rupertgasse 10, www.dieweisse.de.

Brauerei Gusswerk, Söllheimer Str. 16, www.brauerei-gusswerk.at.

Trumer Privatbrauerei, Brauhausgasse 2, 5162 Obertrum, www.trumer.at.

Hofbräu Kaltenhausen, Salzburger Str. 67, 5400 Hallein-Kaltenhausen, www.hb-kaltenhausen.at 

 

 

 

 

 

 

 

 

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