Bäderkultur in Tschechien: Karlsbad, Franzensbad, Eger
Tschechien hat innerhalb der EU die meisten zertifizierten Kureinrichtungen. Zu den Kurorten mit ältesten Traditionen zählen Marienbad, Karlsbad und Franzensbad. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts erlangten sie Weltruhm. Staatsmänner, Adelige und Künstler nutzten die besonderen Heilkräfte der Natur und genossen die wohltuenden Mineralquellen, Heilmoore und Naturgase. Vor allem aber schätzten sie das kulturelle Leben in diesen mondänen Kurorten.
Heutzutage spielt neben klassischen Kuren auch Prävention und Medical Wellness eine große Rolle. Wo könnte man dies besser genießen, als in den prachtvollen Kureinrichtungen mit ihrer besonderen Architektur, die das Gefühl vermitteln, selbst Adeliger zu sein?
In pompösen Hotels stehen rund um die Uhr Ärzte zur Verfügung, die langjährige Erfahrung mit diesen natürlichen Heilquellen haben. Zum Service zählen heute auch Massagen, Perlbäder oder exotische Pflegeanwendungen, die auf der traditionellen asiatischen Medizin basieren. Eine perfekte Kombination, um den Alltag hinter sich zu lassen, und sich selbst zu verwöhnen.
Königliches Karlsbad (Karlovyvary)
Eine Stadt wie aus dem Märchen: entlang des Flusses Tepla reiht sich malerisch eine bunte Palette herrschaftlicher Häuser aneinander und zieht uns sofort in ihren Bann. Fast würdevoll schreiten wir gemächlich durch den endlosen Kurpark und bestaunen die kunstvoll verzierten Häuser auf der anderen Seite des Flusses.
Eine wahre Augenweide, genau wie die Blütenpracht in den weitläufigen Parkanlagen. Die außergewöhnliche Karlsbader Architektur sieht man vor allem an den verschiedenen Kolonnaden. Im Park die eher filigrane Gartenkolonnade in Gusseisen. Die mächtigste ist sicher die Mühlbrunnenkolonnade von Baumeister Josef Zitek.
124 imposante Säulen tragen eine Dachterrasse (frei begehbar, mit tollem Ausblick auf die Stadt), die von 12 Statuen geschmückt ist, die die zwölf Monate symbolisieren. Diese Kolonnade beherbergt allein fünf verschiedene Heilquellen, und gilt als das beliebteste Bauwerk von Karlsbad.
Einzigartig empfand ich auch die Holzkonstruktion der Marktkolonnade, die mitten in diesem Ambiente mit Schweizer Stil überrascht. Sie beherbergt ein großes Relief von der Hirschjagd, bei der König Karl IV. zufällig die Heilkraft des Moores entdeckt hat und darüber seine erste Quelle errichten ließ. Diese sprudelt direkt oberhalb der Marktkolonnade, im oberen Pavillon der Schlosskolonnade. Der untere Pavillon ist nur Gästen des Schlossbades zugänglich, das wohl luxuriöseste Bad im Ort. Die Promenadenhalle der Sprudelquelle ist ein lichtoffener moderner Bau. Hier schießt ein ca. 72° C heißer Mineralwassergeysir 12 Meter hoch aus dem Brunnen und schüttet etwa 2000 Liter pro Minute aus.
Prachtbauten
Die Liste der weiteren Prachtbauten in Karlsbad ist lang. Direkt bei der Sprudelquelle sollte man einen Blick in die Maria-Magdalena-Kirche werfen, der wohl bedeutendste Kirchenbau in Karlsbad. An Prunk kaum mehr zu übertreffen ist das mächtige Grandhotel Pupp, ein Synonym für Luxus und Kurbetrieb auf allerhöchstem Niveau. Es verdankt seine Existenz und den Weltruhm dem Konditor J.G. Pupp, nach dem der Karlsbader „Zuckerbäckerstil“ entstand.
Ein ganz anderer Stil ist das Becher-Museum, direkt über der Produktionsstätte des berühmten Karlsbader Kräuterlikörs „Becherovka“. Auch dieser Bitterlikör hat eine heilsame Wirkung und ist geschmacklich den Mineralwassern weit überlegen. Hier ist jedoch allein schon der gesamte Bau sehenswert, auch ohne Museumsbesichtigung. Beherbergt er doch eine wunderbare Cafeteria, und ein einzigartiges Restaurant, verwinkelt im Untergrund (frei zugänglich).
Ich kann nur empfehlen, erst einen Rundgang zu machen, um sich den schönsten Platz zum Essen auszusuchen. Die Speisekarte klingt vielversprechend. Im Vergleich zum beschaulichen Marienbad, in dem man wunderbar einkaufen und günstig essen kann, spielt Karlsbad in einer anderen Preisliga, nicht nur vom Essen her. Gerade beim Einkaufen findet man hier fast nur die edelsten Marken der Welt. Man spürt, dass Karlsbad vorwiegend auf reiche russische Badegäste ausgerichtet ist.
Fröhliche Farben in Franzensbad
Hübsch und beschaulich: das kleine Franzensbad (Františkovy Láznì) wird alle begeistern, die absolute Ruhe und Erholung suchen. Hier scheint die Zeit still zu stehen. Johann Wolfgang von Goethe bezeichnete die Stadt als das „Paradies auf Erden“. Man fühlt sich in die Zeit des Empire zurückversetzt und bestaunt herrliche Pavillons und Kolonnaden, oder all die traumhaften Gebäude in gelb-weiß, die das Stadtbild prägen.
Farbtupfer setzen die vielen Parks mit ihrer Blütenpracht. Das Kurzentrum ist autofrei. Beim Parken rings um dieses Zentrum bitte unbedingt Parkzeiten exakt einhalten, weil sich sonst ein hässliches Gelb zeigt: die Parkkralle am Reifen. Dann ist der Erholungseffekt schnell passé.
Hier in Franzensbad ließ Kaiser Franz I. im Jahr 1793 das erste Moorbad der Welt errichten, das seinen Namen diesem Kaiser verdankt. Noch heute spielt das Moor mit seinem hohen Mineral- und Huminsäureanteil eine große Rolle als Artzney. Es wird vorwiegend für Moorbäder oder Moorpackungen verwendet.
Heilgas (Kohlendioxid), verabreicht als Gasinjektion, oder für Trockengasbäder entfaltet ebenfalls eine gesundheitliche Wirkung. Aus 20 kalten Quellen sprudeln verschiedene Heilwasser mit Mineralien für Trinkkuren. Viele enthalten Glaubersalz und werden für Beschwerden des Verdauungstraktes eingesetzt. Insgesamt hat man in Franzensbad gute Erfahrungen gemacht mit Trinkkuren bei Kreislaufbeschwerden, Herz- und Nervenkrankheiten oder onkologischen Erkrankungen.
Berühmt ist Franzensbad aber vor allem für Frauenleiden oder bei Unfruchtbarkeit. Dies ist vor allem der Statue des kleinen Franzel (František) zu verdanken. Einer Legende nach müssen Damen den linken großen Zeh dieser Figur berühren, um innerhalb eines Jahres schwanger zu werden.
Neben traditionellen Kuren werden heute in den eleganten Kurhäusern auch Wellnesskuren angeboten. Der ideale Ort, um den Körper zu regenerieren und den Geist zu entspannen.
Malerisches Mittelalter in Eger (CHEB)
Eine der ältesten und historisch wertvollsten Städte in Tschechien ist sicherlich die kleine Stadt Eger (Cheb), nur 5 km von Franzensbad entfernt. Der wunderschöne Markplatz ist eingerahmt von einmaligen Fachwerkhäusern in sämtlichen Farben. Hier weht ein Hauch von Mittelalter durch die engen Gassen.
Im heutigen Bezirksmuseum (Pachelbelhaus) wurde Albrecht von Wallenstein ermordet, weil er als Geschäftsmann, Politiker und Armeeführer mehr Macht als Kaiser Franz erzielte. Direkt hinter diesem Haus ragen die Kirchtürme von St. Niklas empor, der ältesten Kirche Egers.
Eindrucksvoll ist auch das barocke Rathaus am Marktplatz, mit seinen einmaligen, stuckverzierten Räumen. Unweit vom Stadtplatz entfernt ist der gotische Kreuzgang des Franziskanerklosters mit einigen Wandmalereien aus dem 15. Jahrhundert. Eine Perle der Egerer Barockarchitektur ist sicherlich die Kirche St. Klara, gegenüber dem Kreuzgang. Sie wurde in den 60er Jahren zu einem Konzertsaal umgebaut, und bietet eine hervorragende Akustik, vor allem für Konzerte der prächtigen Meisterorgel.
Für Eger sollte man viel Zeit und viel Hunger bzw. Appetit mitbringen. Überall locken Restaurants mit kulinarischen Köstlichkeiten zu erstaunlichen Preisen. Wer zufällig gerade Diat macht, kommt hier nicht umhin, diese zu unterbrechen und mal einen Schlemmertag inklusive göttlicher Nachspeisen einzulegen. Mohnkuchen, Quark oder Obstknödel, gebackene Apfelküchle oder Palatschinken in allen Variationen. Wer kann da schon widerstehen? Ich kann nur warnen: eine Abnehmkur, selbst mit dem Glaubersalzmineralwasser aus Franzensbad, kann in dieser böhmischen Region einfach nicht wirklich gelingen. Eine Genusskur dagegen schon.
Informationen für Reisen nach Tschechien: Tschechische Zentrale für Tourismus – CzechTourism: www.czechtourism.com, ggf. berlin@czechtourism.com
Seite auf Deutsch über Karlsbad: www.karlovyvary.cz
Hervorragende Seite über alle Sehenswürdigkeiten in Cheb/Eger: www.hrad-cheb.cz
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