Außer Rand und Bahn

Weil Eltern gerne ungestört lesen, müssen sich andere Fahrgäste mit deren Kindern herumschlagen.
Philipp Contag-Lada |
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Die Playmobil-Polizei trägt Besetzer-Barbie unter lautstarken Protesten der kleinen Schwester vom Tisch. Armins Mutter ist froh, dass sie selbst eine kostenlose Zeitung ergattern konnte und sich nicht einmischen muss. Eltern haben auf Reisen gerne ihre Ruhe. Sind die Kinder abgelenkt, verstecken sie sich hinter ihrer Lektüre und überlassen Mitreisenden die Aufsicht. Wir befinden uns im Ruhewagen der ersten Klasse, und Armins Mutter hat wie einige andere Eltern die Sparangebote der Bahn genutzt, um an den Feiertagen in überfüllten Zügen das Land zu durchqueren. Alle Plätze sind besetzt, und der Lärmpegel würde auch eine robuste Kindergärtnerin verschrecken.

Ich lächle freundlich in den Gang. Und weil Kinder wie Hunde funktionieren, kommt auch sofort die kleine Schwester herüber. Nach ein paar unbeantworteten Fragen geht mir der Gesprächsstoff aus, und ich bemerke, wie die Mitreisenden mich mit erleichtertem Mitleid ansehen. Glücklicherweise bemerken Fünfjährige schnell, wenn eine Konversation in die Sackgasse geraten ist. Desinteressiert wendet sich die Kleine ab und geht zurück zum Tisch. Spielkarten und Bilderbücher scheinen für viele Eltern das Sedativum der Wahl zu sein. Andere Spielzeuge lassen sich im begrenzten Raum und beim Gerüttel eines Zuges kaum benutzen. Doch nach ein paar Runden verliert auch ein Wohnzimmerklassiker wie Uno seinen Reiz.

Für die Bahn scheinen Kinder kein Service-Problem zu sein. Es gibt zwar das Kleinkindabteil. Das dürfte älteren Kindern allerdings nicht mehr passen. Ab und zu deklariert man auch einfach nur ein normales Abteil um. Dabei wäre es für Schaffner ein Leichtes, bei entsprechendem Platz Kindern und ihren Eltern zu zeigen, wo die anderen spielen. Ruhebedürftige könnten diesen Bereich dann weiträumig meiden. Beim Aussteigen in Hannover komme ich an einem Abteil vorbei, aus dem traurig ein kleines, einsames Mädchen in den Regen starrt. Mutti ist wohl gerade im Bistrowagen. Mit ihm hätte sich Armins Schwester sicher besser unterhalten als mit mir.

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