Ausflüge in die Unterwelt

Ein stabiles Nervenkostüm und rutschfeste Schuhe sind nützliche Begleiter bei Rundgängen durch die Unterwelt in Europas Metropolen.
von  Abendzeitung
Spannend ist der Fackelspaziergang durch Wiens düstere Kanalschächte.
Spannend ist der Fackelspaziergang durch Wiens düstere Kanalschächte. © srt

Ein stabiles Nervenkostüm und rutschfeste Schuhe sind nützliche Begleiter bei Rundgängen durch die Unterwelt in Europas Metropolen.

Stadterkundung einmal anders: Unter der glitzernden Oberfläche zeigen Europas Metropolen ein geheimnisvolles, dunkles Gesicht. Spaziergänge und Entdeckungstouren durch die unterirdischen Kanäle, Keller und Katakomben werden in immer mehr Großstädten angeboten - Gänsehaut und Nervenkitzel inklusive.

WIEN

Der Klassiker unter den unterirdischen Stadtrundgängen ist die Tour auf den Spuren des "dritten Mannes" durch die Wiener Unterwelt. Vor 60 Jahren feierte der Film mit Orson Welles in der Hauptrolle Premiere, aber die Faszination für die düsteren Kanalschächte ist ungebrochen. An der U-Bahn-Station Karlsplatz gegenüber der Kunsthalle führt eine Falltür ins Reich der Finsternis. Über eine schmiedeeiserne Wendeltreppe gelangt man hinab ins Kanalnetz der Donaumetropole. Die Abwässer rauschen durch meterdicke Röhren und unter engen Brücken hindurch, auf denen die Besucher den Erzählungen des Fremdenführers lauschen. An jeder Ecke glaubt man, Schmuggelkönig Harry Lime würde leibhaftig erscheinen. Bis Oktober Do–So stündlich, Telefon 0043/1/7748901, www.drittemanntour.at und www.viennawalks.com.

BERLIN

Seit 1999 organisiert der Verein "Berliner Unterwelten" Spaziergänge durch das von Tunnels und Geisterbahnhöfen durchzogene Erdreich der Hauptstadt. Die Kreuzung Badstraße/Ecke Hochstraße nahe des U-Bahnhofs Gesundbrunnen ist ganzjährig Do–So um 12, 14 und 16 Uhr Ausgangspunkt der Erlenbistour "U-Bahn, Bunker, Kalter Krieg". Eineinhalb Stunden dauert der Spaziergang, bei dem zwei Bunkeranlagen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs erforscht werden. Ein anderer abenteuerlicher Rundgang führt unter dem Titel "Vom Flakturm zum Trümmerberg" durch die unterirdische Ruinenlandschaft der größten Bunkeranlage Berlins. Mehr Infos vom "Classic-Rundgang" bis zur "Bunker-Tour" über Telefon 030/499105-17, www.berliner-unterwelten.de

HAMBURG

Licht ins Dunkel der Unterwelt Hamburgs bringt der Verein "unter Hamburg" mit seinen wechselnden Führungen - beispielsweise durch die Tiefbunker am Berliner Tor, die Bunker der "Zivilschutzanlage Hachmannplatz" unter dem Hauptbahnhof Hamburgs und den Luftschutzbunker auf dem Dulsberg. Ein besonderes Erlebnis ist die Führung durch den Eiskeller der ehemaligen Actien-Bier-Brauerei zu Bergedorf. Die riesigen unterirdischen Hallen unter dem Sand des Geesthangs an der Chrysanderstraße werden heute als Lagerräume genutzt und sind sonst für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Telefon 040/68267560, www.unter-hamburg.de.

PARIS

Ab in den Abgrund von Montparnasse: 91 Stufen führen vom Eingang nahe der Metro Station Denfert-Rocherau hinab in die Katakomben der Seine-Stadt. Dort stapeln sich in rund 30 Meter Tiefe die Schädel und Gebeine von gut sechs Millionen Menschen. Sie wurden vor mehr als 200 Jahren von überfüllten Stadtfriedhöfen in die "Catacombes" geschafft. Das kilometerlange System unterirdischer Stollen und Gänge gehört zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Telefon 0033/1/43224763, www.catacombes-de-paris.fr

ROM

Ein riesiges Labyrinth bilden die mehr als 60 Katakomben in der heiligen Stadt. Einige sind als Pilgerstätten für Besucher zugänglich, beispielsweise die Domitilla-Katakomben in der Via delle Sette Chiese, die San-Sebastiano-Katakomben in der Via Appia Anticain, in der auch die auch die Katakomben von San Callisto liegen, die größte der derzeit für Besucher zugänglichen Anlagen. Über vier Geschosse erstreckt sich dieses Gräberlabyrinth, in dessen rund 150000 Gräbern auch viele Heilige bestattet sind. Herzstück der San-Callisto-Katakomben ist die Krypta der Päpste: In der mit Säulen und Inschriften verzierten Grabkammer sind 16 Päpste und Bischöfe beigesetzt. Telefon 0039/06/5130151, www.catacombe.roma.it

LUXEMBURG

Bis Ende Oktober sind Luxemburgs Kasematten im Bockfelsen für Besucher geöffnet. Die weitläufigen, durch Brückenteile verbundenen Räume aus dem 18. Jahrhundert konnten einst Tausende von Soldaten samt Ausrüstung und Pferden aufnehmen. Sie beherbergten Metzgereien und Werkstätten, Küchen und Backstuben. Insgesamt existieren unter der Stadt rund 17 Kilometer Kasematten, teilweise über mehrere Stockwerke verteilt. Besonders reizvoll an der in Europa einzigartigen Befestigungsanlage sind die Ausblicke durch Schießscharten und Maueröffnungen - die Kasematten wurden nämlich hoch über dem Alzettetal in den Berg getrieben. Telefon 00352/222809, www.lcto.lu.

Rudi Stallein

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