Auf Trabitour um die Seenplatte
Ruckle vor bis zur Schlossallee: Die einstige "Rennpappe" ist heute wieder der passendste Untersatz für eine Schlössertour um das Land Fleesensee.
"Reng-deng-deng" tönt es. Und es riecht süßlich nach Zweitaktbenzin. Kein Zweifel - ein Trabi. Und alle schauen sich um. Wer mit dem "Plaste-Porsche" um die Mecklenburger Seenplatte kurvt, der gilt inzwischen als Attraktion. Und ein Trabi-Konvoi aus einem knappen Dutzend der historischen Gefährte allemal
Land Fleesensee heißt der Ort, in dem wir starten. Er nennt sich unwidersprochen "Deutschlands größtes Ferienresort" und sieht ein bisschen aus wie eine Freiluftausstellung von Tui-Hotels. Von Robinson (inklusive Golfplatz) über Dorfhotel (samt echtem Kramladen in der falschen Windmühle) bis zum neuen Iberotel (für Paare und Singles) ist alles da.
Michael Nitzsche ist der Herr der Trabis. Drei Stützpunkte nennt er sein Eigen und hundert Trabis stehen bereit: geschlossen und als Cabrio, als Kübelwagen oder Kombi. Meine Begleiterin hat natürlich ein Cabrio gewählt und lauscht gerade gebannt der Einweisung.
Benzinhahn auf? Handbremse gelöst? Zwischengas gegeben? Dann kann es losgehen. Ältere Semester mit Erfahrung am Renault R4 freunden sich auch mit der Stangenschaltung schnell an. Die meisten anderen stochern gern mal hilflos auf der Kreuzung.
Kilometerweit kein einziger Mensch
Das lässt dem Beifahrer Zeit, sich umzusehen: Einen See sieht man im Land Fleesensee trotz des Namens nur ganz am Rande. Dafür steht da zwischen den Golfplätzen ein echtes Hotelschloss, dessen Erbauer sogar ein Graf Blücher war, allerdings "nur" Cousin des Napoleon-Bezwingers. Und daneben gibt es viel wildes Ferienhaus-Wachstum zu entdecken: "Ferienhaushälfte zu vermieten" steht an einem Grundstück - die andere Hälfte ist noch im Rohbau. Die Trabis zuckeln vorbei an "Susannas Trattoria und Pizzeria" und dem "Fleesensee Outlet Shopping".
Nach der nächsten Kurve ist dann aber Ruhe. Eine Entenfamilie geht in Deckung, als wir in die erste Lindenallee eintauchen. Und dann folgt nur noch Landschaft. Wie beruhigend eine Gegend sein kann, in der kilometerlang die Weizenfelder rollen und kein einziger Mensch zu sehen ist, das weiß der Stadtmensch ja gar nicht mehr. Das "Roadbook", das jeder Beifahrer erhalten hat, sucht geradezu die kleinen Wege: über Betonschwellen, Pflasterstraßen, Kieswege führt die gebuchte "Schlössertour".
"Guten Tag", sagt die Schlossherrin, als elf Trabis hintereinander auf die Schlossallee nach Ulrichshusen einbiegen. "Mein Name ist Alla von Maltzahn." Man mag es kaum glauben, als die zierliche Frau ein Foto ihres Schlosses von 1990 zeigt: Da war der stolze Bau gerade abgebrannt, das Dach eingestürzt. Dort, wo damals drei Meter hoch der Schutt lag, erhebt sich jetzt eine große Halle, bei den mittlerweile berühmten Musikfestspielen tafeln darin 400 Gäste.
Herr über fünf Golfplätze
Über eine Wendeltreppe führt die Dame des Hauses die Besucher hinauf in luftige Höhen. Zurückhaltend-geblümte Romantik bezaubert in den vergleichsweise günstigen Hotelzimmern mit dem weiten Blick auf den Park. Und das Beste kommt erst noch: der Frühstücksraum. Er thront anstelle eines Ziegeldachs als Wintergarten auf dem Treppenturm. Ein Traum!
Nach einer Tagestour durch blühende Landschaften geht es abends zurück ins Land Fleesensee.
Im Spa treffen wir Thomas Dobber-Rüther, den Herrn über fünf Golfplätze und Deutschlands angeblich größtes Day Spa. Der neueste Renner dort ist das "MySpa": Da kann man ein ganzes Badeteil nur für sich zu zweit mieten, drei Stunden kosten ab 135 Euro - Behandlungen natürlich zusätzlich.
Dobber-Rüther wird nicht müde, die großen Erfolge im Land Fleesensee zu feiern. Im Jahr 2000 lag die Arbeitslosigkeit im Ort bei 37 Prozent, zehn Jahre und 92 Millionen D-Mark Subventionen später sind es gerade noch drei Prozent. Mehr als eine Million zufriedene Stadtmenschen haben hier Urlaub gemacht. Nur die knapp 2000 Privatanleger, die damals jeweils mindestens 30000 Mark investierten, sind dabei nicht ganz so glücklich geworden. Statt der versprochenen fünf Prozent Rendite bekommen sie Jahr für Jahr nur einen warmen Händedruck. Ihr Künstlerpech: Sie haben sich nicht an den Hotels beteiligt, sondern nur an Golfplatz und Spa - und beide machen Verlust.
Hans-Werner Rodrian
Trabi-Feeling für 100 Euro am Tag
Das Land Fleesensee liegt je zwei Stunden von Hamburg und Berlin entfernt an der Ausfahrt 17 Waren-Müritz der Autobahn A19 auf dem Gebiet der 600-Einwohner-Gemeinde Göhren-Lebbin. Ein Zimmer im noblen Schlosshotel kostet mit Frühstück zwischen 100 und 240 Euro (Telefon 039932/80103500, www.radissonblu.com. Die Hotels Robinson und Iberotel und die Ferienwohnungen im Dorfhotel kann man bei Tui buchen (über das Reisebüro). Schloss Ulrichshusen bietet Doppelzimmer inkl. Frühstück von 80 bis 130 Euro (Telefon 039953/7900, www.ulrichshusen.de). Eine Trabitour, wie sie von den Hotels im Land Fleesensee angeboten wird, kostet pro Person rund 100 Euro. Sie lässt sich aber auch privat organisieren über den Autovermieter, die Event & Touring AG, Telefon 039933/73869, www.trabant-mieten.de, www.trabitrip.de, www.trabisafari.de.
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