20 Jahre Mauerfall: Vom Checkpoint in den Bunker

Berlin - Am 9. November 1989 fiel die Mauer, die Ost- von Westdeutschland trennte. Vor allem junge Menschen haben dieses Jahrhundertereignis nicht miterlebt. Umso mehr lohnt es sich, in Berlin und an anderen Orten auf Spurensuche zu gehen. Wir sagen Ihnen, welche Abstecher unbedingt auf dem Programm stehen sollten.
Die erste Empfehlung findet sich nicht in der Hauptstadt, sondern in Hamburg und in Mainz. Aus 2000 Figuren haben die Ausstellungsmacher des Miniatur-Wunderlands in der Speicherstadt an der Elbe sieben Dioramen gebastelt, die die Geschichte der deutschen Teilung erzählen. In den Dioramen sind winzige Modelle amerikanischer und sowjetischer Panzer, die durch das zerstörte Berlin rollen, zu sehen sowie die Ereignisse vom Mauerbau bis zum Öffnen der Schlagbäume zwischen Ost und West, als Tausende von DDR-Bürgern nach Westberlin strömten. Im April und Mai werden die Dioramen im ZDF-Gebäude in Mainz präsentiert, ab Mitte September stehen sie dann wieder in der Hansestadt - zunächst im Miniatur-Wunderland, danach im Rathaus.
Geschichte erleben auf der "Rundfahrt Grenzenlos"
Deutlich ernster geht es im Zonengrenz-Museum Helmstedt zu. In fünf Abschnitten zeigt die Ausstellung die Geschichte der innerdeutschen Grenze. Besonders beeindruckend ist das Stück nahezu original aufgebauter Zonengrenze mit dem typischen Streckmetallzaun, Warnschildern, Minen und Selbstschussanlage.
Ein paar Kilometer weiter liegt die Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn. Ältere Besucher werden sich gut an die eingehenden Kontrollen der DDR-Grenzer erinnern, wenn sie im Transit aus Westdeutschland nach Berlin reisten. Die Grenzübergangsstelle, die bis Mitte 1990 in Betrieb war, steht heute unter Denkmalschutz. Gäste können allein über das Gelände streifen oder sich bei einer Führung die einzelnen Gebäude erläutern lassen. Zwischen Mai und Oktober werden beide Gedenkstätten auf der dreieinhalbstündigen "Rundfahrt Grenzenlos" angesteuert. Zusätzlich fahren die Busse zum Grenzort Hötensleben, wo die Teilnehmer einen früheren Beobachtungsturm erklimmen können. Die Fahrt beginnt und endet in Helmstedt.
Checkpoint Bravo und Checkpoint Charlie
Mit dem Auto ist man von Marienborn aus in weniger als zwei Stunden in der Bundeshauptstadt. Nahezu vergessen liegt dort der "Checkpoint Bravo", der Kontrollpunkt Drewitz. Er steht ganz im Schatten des berühmten Bruders "Checkpoint Charlie". Schade, denn zum einen können sich Besucher angesichts der schlichten Gebäude des Abfertigungsbereichs gut in die Stimmung vieler Reisender aus früheren Zeiten versetzen. Und außerdem hat ein Verein den - heute unter Denkmalschutz stehenden - früheren Kommandantenturm gerettet. Im Jubiläumsjahr soll dort ein kleines Museum eröffnet werden. Am Checkpoint Charlie erklärt das Mauermuseum, wie der "Ring um Berlin (West)" aufgebaut war. Zu sehen sind auch die 3,60 Meter hohen Stahlbetonelemente mit dem Rohr darauf, die das Überklettern erschweren sollten. Vor allem ist die Ausstellung aber den zahllosen Fluchtversuchen gewidmet, von denen längst nicht alle glückten. Mitten auf der Straße vor dem Museum steht die wohl bekannteste Grenzkontrollbaracke. Sie wurde einst von den US-Streitkräften errichtet, 1990 abgerissen, später jedoch als Replik neu aufgebaut. Sie ist heute ein beliebtes Fotomotiv.
Am Kontrollpunkt ist auch der Treffpunkt für den zweistündigen Rundgang "20 Jahre Mauerfall". Dabei geht es vorbei an 112 Metern echter Berliner Mauer und an der Open-Air-Dokumentation "Topographie des Terrors". Weiter führt die Tour entlang des ehemaligen Todesstreifens bis zum Potsdamer Platz. Der Streifzug, der über historische Schauplätze ebenso führt wie durch die aktuellen Gebäude der Bundespolitik, endet am Brandenburger Tor, dem Symbol des vereinten Berlins.
Mauer-Tour per Fahrrad
Wer mehr sehen möchte, der erschließt sich die Innenstadt der Hauptstadt auf dem Fahrrad. Der Veranstalter Berlin on Bike bietet eine "Mauer-Tour" an, die sich immerhin 15 Kilometer weit erstreckt. Vier Stunden dauert die Fahrt auf Leihrädern. Dabei entdecken die Teilnehmer so beeindruckende Konstruktionen wie den Grenzübergang Bornholmer Straße, der 1989 als erster geöffnet wurde. Auch der Mauerpark, ein einstiger Geisterbahnhof, auf dem Westberliner U-Bahnen nicht halten durften, sowie ein alter Wachturm mit Gedenkstätte stehen auf dem Programm. Los geht es mitten im Trendbezirk Prenzlauer Berg. Während die Touren und Ausflüge nicht unmittelbar an den 9. November gebunden sind, geht es rund um den 20. Jahrestag zu verschiedenen Ausstellungen. Da ist etwa die Ausstellung "Kunst und Kalter Krieg" im Deutschen Historischen Museum, in der Spuren des Wirtschaftswunders ebenso sichtbar werden wie nonkonforme DDR-Kunst. "Wir waren so frei ..." im Filmmuseum zeigt Bilddokumente aus der Zeit von 1961, dem Jahr des Mauerbaus, bis zur Wiedervereinigung.
Im Führungsbunker in Hanekop
Wer genug hat vom Trubel in der Spreemetropole, der fährt aus Berlin hinaus und etwa 40 Kilometer weiter nach Osten. In Harnekop liegt der Führungsbunker, in dem die Spitzen der Regierung und der Nationalen Volksarmee übten und sich im Ernstfall hätten verschanzen können. Zu besichtigen sind die alten Computerschränke ebenso wie der Speiseraum, das Lagezentrum mit den riesigen Karten und das Arbeitszimmer des Verteidigungsministers. Vor mehr als 30 Jahren wurde der riesige Schutzbau, atombombensicher und weitgehend autark, errichtet. Die Beklemmungen, die sich bei einer Führung durch die unterirdischen Schutzräume einstellen, sind dagegen ganz aktuell.
Marc Reisner
Service 20 Jahre Mauerfall
Miniatur-Wunderland Hamburg: Kehrwieder 2-4, Block D, 20457 Hamburg, www.miniatur-wunderland.de. Zonengrenz-Museum Helmstedt: Südertor 6, 38350 Helmstedt, Telefon 05351/1211133, www.grenzdenkmaler.de. Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn: an der A 2, Telefon 039406/92090, www.grenzdenkmaeler.de, Führung nach telefonischer Anmeldung. Rundfahrt Grenzenlos: Mai bis Oktober, jeden 4. Samstag im Monat, Abfahrt im Zonengrenz-Museum Helmstedt, Anmeldung erforderlich unter Telefon 05351/177777, 10 Euro pro Person. Checkpoint Bravo: Erinnerungs- und Begegnungsstätte Grenzkontrollpunkt Dreilinden/Drewitz, Bärlappsenke 2, 14532 Kleinmachnow, www.checkpoint-bravo.de. Checkpoint Charlie: Mauer-Museum, Friedrichstr. 43-45, 10969 Berlin, Telefon 030/25296245, www.mauermuseum.de, geöffnet täglich von 9.00 Uhr bis 22.00 Uhr. Berlin on Bike: Die Mauer-Tour, Knaackstr. 97, 10435 Berlin, Telefon 030/43739999, www.berlinonbike.de, ab 24.3.2009 täglich um 10 Uhr, Montag, Mittwoch und Samstag zusätzlich 15 Uhr, 18 Euro pro Person inklusive Fahrrad. Deutsches Historisches Museum: Zeughaus, Unter den Linden 2, 10117 Berlin, Telefon 030/2030-4444, www.dhm.de, geöffnet täglich von 10 Uhr bis 18 Uhr, "Kunst und Kalter Krieg" vom 3.10.2009 bis 10.1.2010. Filmmuseum: Potsdamer Straße 2, 10785 Berlin, Telefon 030/3009030, Internet: www.filmmuseum-berlin.de, geöffnet von 10 Uhr bis 18 Uhr, Eintritt 6 Euro, "Wir waren so frei ..." vom 1.5. bis 9.11.2009. Atombunker Harnekop: Lindenallee 1, 15345 Prötzel/Harnekop, Telefon 033436/35727, www.atombunker-harnekop.de, Führungen von März bis Oktober dienstags bis freitags um 12 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen um 10, 12, 14 und 16 Uhr, Eintritt 10 Euro.