Viele zieht es in die Stadt

Der Traum von der Landvilla ist passé – gefragt ist die Wohnung in München! Und zwar bei Jung und Alt genau wie bei Arm und Reich
MÜNCHEN Fast alle wollen in die Stadt. Und sie wollen in München, Berlin, Frankfurt oder Köln am liebsten in den eigenen vier Wänden wohnen. In den Großstädten, Ballungszentren und Universitätsstädten fehlen zugleich bezahlbare Wohnungen. Dafür stehen in strukturschwachen Landstrichen Häuser leer und verfallen. „Es gibt einen deutlichen Trend in die Städte – bei Jungen wie bei Alten”, sagt der Geschäftsführer des Frankfurter Zukunftsinstituts Andreas Steinle. Und viele träumen vom Eigenheim. „Das ist einfach eine Sehnsucht des Menschen.” Torsten Weidemann von der Eigentümerschutz-Gemeinschaft Haus & Grund hat auch beobachtet: „Die Generation 50 Plus zieht gerne vom Eigenheim am Stadtrand zurück in eine Eigentumswohnung in der Stadt.” Der Anstieg der Eigentümerquote in Deutschland von 43,2 (2008) auf 45,7 Prozent (2010) ist nach seiner Einschätzung „plötzlich ein großer Schritt”. Dies liege sicherlich an einem zunächst recht stabilen Wirtschaftswachstum und an günstigen Finanzierungskonditionen in der Krise, die diejenigen nutzten, die ein stabiles Einkommen hätten. Diese Investitionen ins „Betongold” sind nach Ansicht von Zukunftsforscher Steinle aber nicht der einzige Grund. „Die Herzen der Menschen gehen nach wie vor zur eigenen Immobilie.” Sie biete Sicherheit und einen emotionalen Anker – „ein Wert, der in unserer mobilen und rastlosen Gesellschaft einen immer höheren Stellenwert hat”. Dabei zieht es viele in die Stadt. „Die Jungen wegen der attraktiveren Job-Möglichkeiten, die Alten wegen der besseren Infrastruktur.” Sie suchen Kultur, Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten in Wohn-Nähe. „War früher das schöne Anwesen auf dem Land Luxus, so ist heute die Nachfrage nach Luxuswohnungen in der Stadt sehr stark.” Die Folge: Wohnungen für Familien und Geringverdiener werden in den Städten rar. „Trotz sinkender Bevölkerung haben wir zu wenig Wohnraum”, sagt Steinle. Der Deutsche Mieterbund spricht sogar von einer „neuen Wohnungsnot”, verursacht durch den Rückzug des Bundes und der Länder aus der Wohnungsbauförderung. „In den zehn deutschen Großstädten, die den stärksten Wohnungsmangel haben, fehlen mehr als 100 000 Mietwohnungen”, heißt es in einer Mitteilung der Kampagne „Impulse für den Wohnungsbau”, die neben vom Mieterbund etwa auch der Berufsverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen unterstützt. Bis 2017 müssten 825000 Mietwohnungen gebaut werden.
Die Mieten seien vor allem wegen der Nebenkosten deutlich gestiegen, sagt Ulrich Ropertz vom Mieterbund. „Durchschnittszahlen sind dabei fatal”, sagt er mit Blick auf die Erhebung des Statistischen Bundesamtes, nach der die deutschen Haushalte 2010 im Durchschnitt 22,5 Prozent ihres Nettoeinkommens in die Kaltmiete steckten. Zukunftsforscher Steinle sieht neben den kommunalen Bauträgern auch die Kreativität der Städte gefordert. Sie müssten jede noch so kleine Lücke nutzen und darauf bauen: Minihäuschen oder schwebende Wohnungen.