Kaputte Ziegel und Vogeldreck

Wann sich eine Dachreinigung für Hausbesitzer lohnt, ist unter Experten umstritten. Nicht jede Maßnahme ist wirklich Erfolg versprechend
KÖLN Auch an fachmännisch verlegten Dächern nagt der Zahn der Zeit. Im Laufe der Jahre breiten sich Algen, Flechten, Moose und Verschmutzungen durch Vogelkot aus. Viele Hausbesitzer wollen das Problem mit einer Dachreinigung und nachträglicher Beschichtung lösen. Doch diese Maßnahmen sind bei Experten umstritten.
„Eine Hochdruckreinigung der Dachflächen mit Dampf- oder Wasserstrahlgeräten schönt zwar den optischen Gesamteindruck eines Gebäudes. Das Wasser kann jedoch zwischen den Ziegel- oder Betonplatten in das Haus eindringen“, erläutert Ulrike Heuberger vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks. Auch die Dämmschicht kann dabei durchnässt werden – ohne, dass es zunächst bemerkt wird. Beim Begehen des Daches besteht außerdem die Gefahr, dass einzelne Dachziegel oder Dachsteine brechen. „Da Schmutzablagerungen, Vogelkot oder Moosansatz in aller Regel keine Schäden verursachen, sollten Hausbesitzer sich mit den harmlosen Alterungserscheinungen besser abfinden“, rät Thomas Hagen von der Verbraucherzentrale. Die Hochdruckreinigung von Dächern mit Asbest-zementplatten ist außerdem wegen der dabei entstehenden Giftstoffe verboten.
Auch eine nachträgliche Dachbeschichtung kann unter Umständen problematisch sein. Die Farbe der Beschichtung kann die Dachpfannen verschließen. Diese fehlende Luftdurchlässigkeit kann zum Beispiel später zu Schimmel führen, warnt Reimund Stewen vom Verband Privater Bauherren.
Da es für die Ausführung von Dachbeschichtungen keine gesetzlichen Regeln gibt, wird dieser Service nicht selten von unseriösen Firmen als Haustürgeschäft angeboten. „Treten später Schäden durch die Beschichtung am Dach auf, sind solche reisenden Firmen in der Regel nicht mehr auffindbar und können nicht haftbar gemacht werden“, warnt Hagen. Der Fachbetrieb am Ort ist immer die bessere Wahl, fügt Stewen hinzu. Aber auch eine Beschichtung von einer Fachfirma ist nur eine optische Verschönerung, die Funktionsfähigkeit des Daches wird dadurch nicht verbessert.
„Finanziell ist es oft ratsam, über eine komplette Sanierung nachzudenken“, sagt der Dachdeckermeister Siegmund Becker. Für Beschichtungen werden oft 25 Euro pro Quadratmeter verlangt. Soviel kostet allerdings auch das Material pro Quadratmeter bei einer Neueindeckung. Für eine Sanierung spricht außerdem, dass gleichzeitig die Wärmedämmung unter dem Dach verbessert werden kann, ergänzt Stewen. Denn in vielen alten Häusern ist kaum oder gar kein Dämmstoff eingebaut. Anders als optische Maßnahmen steigert ein saniertes Dach auch den Wert der Immobilie.