Eine rechtliche Grauzone

Was darf der Vermieter wissen und was nicht? Wer in eine neue Wohnung ziehen will, muss zwar einiges, aber längst nicht alles von sich offenbaren
KARLSRUHE Vermieter wollen von Bewerbern um ihre Wohnung in den meisten Fällen vieles wissen, dürfen aber längst nicht alles fragen. Andererseits sind potenzielle neue Mieter verpflichtet, bestimmte Angaben korrekt zu machen. Wenn sie es damit nicht allzu genau nehmen, könnte ihnen deshalb später sogar eine fristlose Kündigung der Wohnung drohen. Exakt per Gesetz geregelt ist allerdings nicht, wonach sich Vermieter berechtigterweise erkundigen können: „Da gibt es eine rechtliche Grauzone“, sagte der Rechtsanwalt Thomas Hannemann. „Er darf zum Beispiel in jedem Fall fragen, wie der Mieter das Objekt nutzen will, etwa, ob eine untergeordnete gewerbliche Teilnutzung geplant ist“, erläuterte der Spezialist für Immobilienrecht aus Karlsruhe. Und er darf beispielsweise auch fragen, wie viele Leute eigentlich einziehen wollen – oder auch nach Zahl oder Art der Haustiere. Die Faustregel lautet: Wenn der Vermieter ein nachvollziehbares sachbezogenes und berechtigtes Interesse an Informationen hat, um zu entscheiden, mit wem er den Mietvertrag abschließt, darf er das Thema auch ansprechen. „Die Rechtsprechung erkennt das an“, sagte Hannemann. Das gilt auch für die Bonität des Bewerbers – schließlich muss jeder Vermieter daran interessiert sein, dass die Miete überhaupt gezahlt werden kann. Gestattet ist deshalb auch, einen Nachweis zu fordern, die belegen soll, dass der Mietbewerber die bisherige Miete immer überwiesen hat.
„Allerdings hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Vermieter nicht verpflichtet sind, eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung auszustellen, sondern nur eine Quittung über erhaltene Zahlungen“, erläuterte Hannemann. Wenn sich der bisherige Vermieter also weigert, kann es sein, dass sein Mieter auf der Suche nach einer neuen Bleibe keine solche Bescheinigung vorlegen kann. „Viele Vermieter verlangen das inzwischen aber“, so der Rechtsanwalt.
Häufig erkundigen sich Vermieter auch nach dem Arbeitsverhältnis des Mietbewerbers – und das dürfen sie auch. Genau wie sie fragen dürften, ob er schon einmal eine eidesstattliche Versicherung – den früheren Offenbarungseid – abgelegt hat oder ob es über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren gab oder gibt. Gestattet ist prinzipiell, sich die Einwilligung des Mietbewerbers für eine Einsicht in seine Schufa-Daten geben zu lassen.
„Der Mieter kann Nein sagen“, erläuterte Hannemann. „Aber er muss dann damit rechnen, dass er die Wohnung möglicherweise nicht bekommt.“ Nicht klar geregelt ist, ob der Vermieter verlangen darf, sich für mehrere Monate einen Gehaltsnachweis ausstellen zu lassen. „Einen eindeutigen Anspruch darauf gibt es nicht“, sagte Hannemann, der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein ist. Das gilt vor allem, wenn der Gehaltsnachweis vom Arbeitgeber auch Daten zur Steuerklasse oder Religionszugehörigkeit enthält. „Das geht den Vermieter nichts an.“ Andere Fragen gehen aus Sicht des Immobilienrechts-Experten ebenfalls gar nicht: „Zum Beispiel die, ob ein Paar schon plant, Kinder zu bekommen.“ Die Mieter zu fragen, ob sie bereits Kinder haben, die mit einziehen, ist dagegen legitim.
Erlaubt ist auch, wenn sich der Vermieter nach den musikalischen Interessen der möglichen neuen Mieter erkundigt – also zum Beispiel, welche Instrumente sie in der Wohnung spielen wollen. „Er darf seinen Mietern Hausmusik aber nicht prinzipiell verbieten, solange sie die Ruhezeiten einhalten.“ Anders sieht es aus, wenn es um persönliche Einstellungen geht: Eine Partei- oder Religionszugehörigkeit hat den Vermieter nicht zu interessieren. Fragen wie „Ist Ihr Partner Ausländer?“ oder „Haben Sie eine homosexuelle Beziehung?“ sind ebenso tabu. Und auch Krankheiten sind ein Tabuthema, bei denen Mietbewerber sich nicht äußern müssen. „Da würde eine Grenze überschritten.“