102 Quadratmeter für 18-Jährige?

Rechtsanwalt Rudolf Stürzer von HAUS+GRUND MÜNCHEN über ein aktuelles Urteil zum Thema Eigenbedarf
MÜNCHEN Bei einer Kündigung des Vermieters wegen Eigenbedarfs, weil er die Räume für sich oder seine Angehörigen benötigt, sind die Mietgerichte nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht berechtigt, ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Vorstellungen und der Lebensplanung des Eigentümers zu setzen. Grundsätzlich unterliegt es der alleinigen, sich aus dem Eigentumsrecht ergebenden Befugnis des Vermieters zu bestimmen, welchen Wohnbedarf er für sich und seine Angehörigen als angemessen ansieht (so bereits BVerfG, Beschluss v. 23.11.1993, 1 BvR 904/93, DWW 1994, S. 44). Allerdings kann die Geltendmachung eines „weit überhöhten Wohnbedarfs" unter Missbrauchsgesichtspunkten dazu führen, dass von den Gerichten ein „Benötigen“ solcher Flächen (i. S. v. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) verneint wird.
Die Vielzahl der hierzu ergangenen Entscheidungen ist von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles abhängig und lassen sich somit nicht verallgemeinern. Ein in der Praxis häufiger Fall bei dem von den Gerichten sog. überhöhter Wohnbedarf angenommen wird liegt vor, wenn größere Wohnflächen (ab ca. 100 qm) an gerade Volljährige und noch in der Ausbildung stehende Kinder überlassen werden sollen. Auf dieser Linie liegt auch ein neues Urteil des AG Köpenick, wonach eine 5-Zimmer-Wohnung mit 102 qm Wohnfläche nicht wegen Eigenbedarfs für die 18-jährige Tochter der Vermieterin gekündigt werden kann, wenn die Tochter in der Stadt lediglich ein Praktikum machen will, aber weder über eine Ausbildungsstelle oder einen Arbeitsplatz noch über eigenes Einkommen verfügt, da eine Wohnung dieser Größe nach Auffassung des Mietgerichts dann nicht (i. S. v. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) „benötigt“ wird (AG Köpenick, Urteil v. 17.9.2013, 14 C 16/13, WuM 2013, S. 678).