Zum Simsen nach Polen

MÜNCHEN - Seit 1. Juli kosten Auslands-SMS nur noch 13 Cent. Das ist weniger als im Schnitt im Inland. Senken wollen die Telefonfirmen die Inlands-Preise aber nicht. Denn sie bescheren ihnen fette Gewinne. Deswegen hier unsere Spartipps und der große AZ-Test: Welcher Handy-Typ sind Sie?
In puncto SMS-Versand ist Bundeskanzlerin Angela Merkel ein Profi: Kaum eine Veranstaltung, bei der man Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht beobachten kann, wie sie eine ihrer Kurznachrichten per Handy versendet.
Das wird auch beim G8-Gipfel nächste Woche so sein. Der steigt im italienischen L’Aquila. Die gute Nachricht für Merkel: Die SMS, die sie von dort nach Deutschland schickt, kosten möglicherweise weniger als zu Hause.
Denn eine EU-Verordnung legt fest: Seit dem 1. Juli dürfen die Telefonfirmen für jede Kurznachricht in und aus EU-Ländern nur noch 13 Cent verlangen. Das Paradoxe: Der Preis liegt unter dem, was eine SMS im Schnitt innerhalb Deutschlands kostet – nämlich 16 Cent.
Von Finnland kostet es weniger als von Trudering
Wer also aus Polen, Bulgarien, Finnland oder Schweden eine SMS nach Hause schickt, zahlt dafür weniger als für jede Kurznachricht, die er beispielsweise von München-Trudering nach Laim sendet.
„Vor allem klassische Vertragskunden zahlen bei der Inlands-SMS drauf“, sagt Marc Kessler, Mobilfunk-Experte beim Branchendienst Teltarif. Bei vielen Handy-Verträgen kostet die Inlands-SMS noch immer 19 Cent pro Minute, also fast die Hälfte mehr als eine EU-SMS. Noch krasser ist der Unterschied bei Kunden mit Altverträgen: Sie zahlen je Inlands-SMS oft 29 Cent – mehr als das Doppelte wie innerhalb der EU (siehe unten).
Am Anfang war SMS-schicken kostenlos
Für Verbraucherschützer ein Unding. Denn der SMS-Versand kostet die Mobilfunkfirmen kaum was. „Da werden minimale Datenmengen übertragen“, sagt Experte Kessler. „Zum maximalen Preis.“
Eigentlich ist die Möglichkeit, eine SMS zu senden, nur ein Nebenprodukt, das beim Aufbau eines Gesprächskanals automatisch entsteht. Daher stellten die Anbieter zu Beginn der Mobilfunk-Ära den Kunden die Kurznachrichten auch kostenlos zur Verfügung. Im Jahr 1996 entdeckte E-Plus dann als erstes, dass sich damit gutes Geld verdienen lässt. Mittlerweile werden in Deutschland gut 29 Milliarden SMS jährlich versandt. Geschätzter Gewinn der Telefonfirmen daraus: 4 bis 5 Milliarden Euro.
Dennoch hält man beim Branchenverband VATM die Preise für Inlands-SMS keineswegs für zu hoch. Im Gegenteil: Die EU-SMS sei eher zu günstig, so VATM-Chef Jürgen Grützner zur AZ. Schließlich müssten die Telefonfirmen im Ausland Gebühren dafür bezahlen, dass sie fremde Netze nutzen. „Gut möglich“, meint Grützner daher, „dass die Firmen wegen des Preisrutsches bei der EU-SMS jetzt sogar anderswo mehr verlangen.“ A. Jalsovec
Welcher Handy-Typ sind Sie?
Die erste SMS wurde 1992 in Großbritannien versandt. Damals rechnete niemand mit dem gewaltigen Umsatzschub, den die elektronischen Kurznachrichten der Handy-Branche bringen sollten. Heute sind SMS nicht mehr aus dem Telekommunikations-Netz wegzudenken. Allerdings nutzen Menschen SMS unterschiedlich oft und zu unterschiedlichen Zeiten. Wer anhand seiner Bedürfnisse herausfinden will, welcher Anbieter für ihn am besten ist, findet unter www.teltarif.de
Der Alles-Checker
Hat den vollen Durchblick. Weil er sowieso dauernd mit dem Computer online ist, nutzt er nach Möglichkeit Gratis-SMS-Dienste übers Internet wie www.5vor12.de. Da die Zahl der Umsonst-SMS von den Anbietern begrenzt wird, weicht er je nach Bedarf auf kostengünstige Online-Angebot wie www.your-sms.com (ab 3,4 ct/SMS) aus. Ansonsten legt er alle vier Wochen fest, welcher Handy- und SMS-Tarif für ihn am lohnendsten ist. Die AZ-Tarifempfehlung für ihn: 100 Gesprächsminuten und 100 SMS bei E-Plus (Tarif T&M 150 Web) für zehn Euro im Monat.
Der Egalo-Simser
Telefoniert wenig, hat irgendwann mal einen Handytarif abgeschlossen, weil es in ist. Das ganze Tarif-Gedöns ist ihm aber zu kompliziert. Dummerweise nehmen in letzter Zeit die SMS seiner Freunde überhand und wollen beantwortet sein. Die Rechnung wird abgebucht, aber Kontoauszüge studiert dieser Nutzer aus Prinzip nicht. Ist auch besser so: Sein Alt-Vertrag mit T-Mobile beschert satte Kosten. Die AZ-Empfehlung für ihn: Prepaid 7,5Cent-Tarif von Discotel für 2,84 Euro pro Monat.
Der Wenig-Simser
Hat zu dicke Finger, um simsen zu können. Ärgert sich, dass in seinem jetzigen Tarif zu 24,95 Euro im Monat SMS inbegriffen sind, weil er nicht für etwas zahlen will, was er nicht nutzt. Will nur ein Handy für den Notfall. Tritt dieser ein, hat er die Pin vergessen. Immerhin – eine bessere Ausrede, nicht zuhause anzurufen, gibt’s nicht.Die AZ-Empfehlung: Prepaid-Karte, etwa Solomo 0/8/5 – kostet nix, wenn er sie nicht nutzt.
Der Pauschalist
Er will irgendwie sparen, kennt sich aber mit Tarifen nicht aus. War deswegen froh, als ihm seine Lebensabschnittsbegleiterin riet, sich ein SMS-Paketangebot zuzulegen. Zählt jetzt seine SMS akribisch, um sein jeweiliges Kontingent genau abzurufen. Die AZ-Empfehlung für ihn: Zwei Pakete von Tchibo – 9,95 Euro im Monat für 100 Gesprächsminuten, außerdem ein weiteres Tchibo-Paket über 4,95 Euro im Monat für 50 SMS.
Der Freak
Zwischen elf und 19 Jahre alt. Über die chronische Sehnenscheidenentzündung im Handgelenk ist er hinausgekommen – er spürt seinen rechten Daumen eh nicht mehr. Die gängigen SMS-Tarife würden ihn mit rund 1000 SMS pro Monat in die Privatinsolvenz treiben. Die AZ-Empfehlung für ihn: Der Tarif T&M 1000 (Web) bei E-Plus. Kostet 50 Euro im Monat – damit kommt der Viel-Simser relativ glimpflich weg.