Zerfall der Regierung

Was bleibt nach dem 30. Juni? Misstrauen, Missmut, Angst? AZ-Redakteurin Anja Timmermann über die Auflösungserscheinungen in der Koalition
von  Abendzeitung
Anja Timmermann, AZ-Redakteurin
Anja Timmermann, AZ-Redakteurin © Ronald Zimmermann

Was bleibt nach dem 30. Juni? Misstrauen, Missmut, Angst? AZ-Redakteurin Anja Timmermann über die Auflösungserscheinungen in der Koalition

„Aufhören!“, titelt der „Spiegel“ zu einem Bild von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Guido Westerwelle. Gewagt. Aber sehr nachvollziehbar. Deutschland mag seine Schwächen haben (es hat Schwarz-Gelb schließlich gewählt) , aber eine so armselige Regierung hat es nicht verdient.

Zehn Jahre haben die „Wunschpartner“ aufeinander gewartet, wenige Monate später klingt das Schlagwort wie bitterer Hohn. Ein posierender Schreihals, der seine Partei gedrittelt hat, unter anderem, weil er sie verengt hat auf ein einziges Thema – das völlig an der Realität vorbeiging. Eine vermeintliche Meisterin der Macht, die solange erfolgreich war, wie sie Partner an der Seite hatte, denen altmodischerweise das Wohl des Landes am Herzen lag. Sie wollte die schrillen Selbstdarsteller durch ein wenig Leidensdruck und Kontakt mit der Realität domestizieren. Jetzt hat sie so viel Leidensdruck und Realität, dass ihr der Laden um die Ohren fliegt.

Die inhaltliche Bilanz? Nur soviel: Man freut sich schon immer, wenn wenigstens die irrwitzigsten Pläne beerdigt werden. Leider nicht alle. Gemeinsame Ideen? Man hofft nur noch, dass Wildsau und Gurkentruppe möglichst nichts anfassen.

Die Zerfallserscheinungen sind unübersehbar. Noch ist das Ende nicht da. Kann sein, dass die Panik vor Neuwahlen, bei denen Union wie FDP teuer zahlen müssten, disziplinierend genug wirkt, um das Bündnis über den 30. Juni zu schleppen. Aber was bleibt selbst dann? Eine Koalition des Misstrauens, des Missmuts, zusammengehalten einzig durch die Angst vor Machtverlust.

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