Zensursulas Sieg

Löschen? Sperren? Was ist, wenn einfach beides richtig ist? Frank Müller, AZ-Aktuell-Chef, über die neue Debatte um Netzsperren
von  Abendzeitung
Frank Müller, Ressortleiter AZ-Aktuell
Frank Müller, Ressortleiter AZ-Aktuell © Martha Schlüter

Löschen? Sperren? Was ist, wenn einfach beides richtig ist? Frank Müller, AZ-Aktuell-Chef, über die neue Debatte um Netzsperren

Das Geschrei der deutschen Internet-Gemeinde war verdächtig groß, als die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen im vergangenen Jahr ihre Online-Stoppschilder aufstellen wollte. Zensur! Ende der Online-Freiheit! Skandal! So schallte es der schnell als „Zensursula“ verfemten Ministerin entgegen. Sehr viel seltener waren die nachdenklicheren Stimmen: Verlangt die Onlinefreiheit angesichts der entsetzlichen Bilder und Videos im Netz nicht vielleicht doch nach ein paar Einschränkungen – auch wenn sie mir als unbescholtenem Online-User das www-Leben vielleicht einmal etwas umständlicher machen?

Nun holt der europäische Zug die in Deutschland jäh gestoppte Debatte wieder ein. Und schon geht alles von vorne los: Wer etwas gegen Kinderpornos im Internet unternehmen wolle, der müsse sie löschen und nicht sperren, heißt es nun aufs Neue.

Und was wäre, wenn vielleicht einfach beides richtig ist? Wenn man die Urheber verfolgt, wo es geht, und zugleich den deutschen Perversling am Home-PC ebenfalls ausbremst, wo es nur geht? Es mag ja sein, dass mancher Versuch untauglich ist, manches auch daneben geht und nicht funktioniert: Noch ist das Internet für Politik und Rechtsprechung relatives Neuland.

Was aber nicht geht, ist das, was viele Netzaktivisten machen: Die Freiheit im Netz zum Dogma erklären, dem sich alles andere unterzuordnen habe. Das Netz ist wichtig für uns alle. Aber das wirkliche, gefährliche, manchmal tödliche Leben findet immer noch auf der anderen Seite des Computermonitors statt.

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