Womit Anleger in diesem Jahr rechnen müssen

Leitzins-Erhöhung in den USA, Niedrigzinspolitik in Europa – was bedeutet das für Investoren und Sparer in Deutschland? 
Tobias Wolf |
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Mitte Dezember war es soweit: Die US-Notenbank Fed hat den Leitzins zum ersten Mal seit fast zehn Jahren wieder angehoben – auf eine Spanne von 0,25 bis 0,5 Prozent. Für Finanzexperten ein klares Signal: Die Zinswende ist eingeleitet. In Deutschland allerdings ist von dem Zinsschritt bislang kaum etwas zu spüren. Der Grund ist einfach: In Europa sind die Leitzinsen weiterhin niedrig. Stellt sich für Anleger die Frage: Wie lange bleibt das so? Und: Wohin mit dem Geld in so einer Situation? Ein Überblick:

Tages - und Festgeld: Die Zinsen für flexible Sparanlagen sind weiterhin niedrig. Laut der FMH-Finanzberatung aus Frankfurt am Main gibt es für Tagesgeld derzeit im Schnitt gerade mal etwa 0,5 Prozent Zinsen. Mehr gibt es nur für Festgeldanlagen. Für ein Festgeldkonto mit drei Jahren Laufzeit sind laut FMH immerhin bis zu 1,6 Prozent Zinsen möglich.

„Eine längere Laufzeit bringt dem Anleger kaum höhere Zinsen“

Von allzu langfristigen Anlagen rät FMH-Inhaber Max Herbst aber ab. „Es lohnt sich eher, das Geld flüssig zu halten und nur einen Teil in Zinspapiere zu packen“, sagt er. Denn das Signal aus den USA zeigt: Die Niedrigzinsphase bleibe nicht ewig bestehen. Außerdem: „Eine längere Laufzeit bringt dem Anleger kaum höhere Zinsen“, sagt Stephan Kühnlenz von der Stiftung Warentest. Bei einem Festgeld mit einer Laufzeit von fünf Jahren sind nach seinen Angaben maximal 1,9 Prozent möglich.

Mit Währungen zu spekulieren „lohnt sich fast nie“

Eine Alternative können auch sogenannte Kombi-Angebote sein, bei dem der gesamte Betrag mit festen Zinsen ausgestattet ist, der Anleger aber 20 oder sogar 50 Prozent vorzeitig wie beim Tagesgeld abrufen kann. Der Zinssatz ist hier bei 1,1 beziehungsweise 1,3 Prozent für zwei Jahre garantiert.

Währungen:  Da für 2016 weitere Zinserhöhungen der Fed geplant sind, dürfte der Dollar im kommenden Jahr noch stärker werden, schätzen Experten. Direkt mit Währungen zu spekulieren, ist aus Sicht von Stephan Kühnlenz aber nicht sinnvoll: „Sie lohnen sich fast nie“, sagt der Finanzexperte. Denn häufig schwanken Währungen, ohne einem langfristigen Trend zu folgen. Anleger könnten höchstens kurzfristig profitieren – dabei gehen sie ein hohes Risiko ein. „Das ist vergleichbar mit Lotto spielen.“

Unternehmensanleihen: Auch hoch verzinste Anleihen sind kein Allheilmittel. Denn hier besteht ein Ausfallrisiko, gibt Max Herbst zu bedenken. „Anleger sollten sich fragen: Warum sollte ein Unternehmen einem Anleger in der Niedrigzinsphase 4 bis 5 Prozent Zinsen bieten, wenn die Firma bei einer Bank für einen Kredit nur 1,4 Prozent zahlen muss?“ Das sei nur denkbar, wenn das Unternehmen dringend Geld braucht und es bei einer Bank keinen Kredit erhalten hat. „Anleger sollten kein derart hohes Risiko eingehen“, rät Herbst.

Staatsanleihen:  Weit sicherer sind deutsche Staatsanleihen. Stefan Kreuzkamp sieht hier aber geringe Rendite-Chancen für Anleger. „Zehnjährige deutsche Bundesanleihen liegen derzeit bei rund 0,5 Prozent“, sagt er. Da sei kaum Luft nach oben.

Fonds: Angesichts der Ungewissheit der Entwicklung bei den Zinsen und Aktienmärkten rät Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg: „Da hilft nur eine Verteilung der Geldanlagen weltweit auf verschiedene Anlageklassen.“ Wer Indexfonds wählt, kann das Risiko streuen und dabei auch noch die Kosten auf ein Minimum halten, weiß der Verbraucherschützer.

„Wer in den Dax investiert geht wenig Risiko ein“

Auch Herbst rät Sparern, mutiger zu sein und statt auf das altbewährte Sparbuch lieber auf Fonds zu setzen. „Wer in den Dax investiert, geht vergleichsweise wenig Risiko ein und kann mit einer soliden Rendite rechnen“, betont der Finanzexperte.

Stichwort Indexfonds

Anstatt einzelner Aktien rät „Finanztip“ zu Fonds, da diese viele Einzeltitel bündeln und so weniger Risiko bergen. Um mit einem Fonds Geld zu verlieren, müssten die gesamten Wirtschaftsaussichten schlecht sein, während bei einer Einzelaktie schon Verluste drohen, wenn einzig das Unternehmen in Schieflage gerät, erklärt das Verbrauchermagazin. „Finanztip“ empfiehlt, bei Aktienfonds unbedingt auf Indexfonds zu setzen, die oft unter dem Namen ETF (Exchange Traded Funds) verkauft werden. ETFs bilden die Wertentwicklung von Börsenindizes wie dem Dax oder dem Dow Jones nach und zeichnen sich durch niedrige Kosten aus.

AZ-Interview mit Finanz-Experte Dirk Eilinghoff

AZ: Herr Eilinghoff, welche Anlagen werden sich in diesem Jahr lohnen?
Dirk Eilinghoff: Welche Anlageklasse sich 2016 am besten entwickelt, lässt sich nicht voraussagen. Deshalb sollte der Privatanleger nicht spekulieren. Wer kurz- oder mittelfristig sein Geld benötigt oder kein Risiko eingehen möchte, muss mit den niedrigen Zinsen leben. Allerdings lässt sich durch die Wahl der besten Anbieter einiges an Rendite herausholen. Wer die Schwankungen der Aktienmärkte aushält, ist dort fast immer gut aufgehoben, allerdings nicht mit Einzelaktien, sondern mit breit gestreuten Indexfonds.

Welche Investitionen rentieren sich 2016?
Gerade bei Investitionen gilt: Abgerechnet wird am Schluss. Wer etwa 2016 ein Haus oder eine Wohnung kauft, weiß meist erst in 15 oder 20 Jahren, ob sich die Investition gerechnet hat. Denn die Rendite hängt vom Wiederverkaufswert der Immobilie ab. Deshalb sollte man gerade bei Immobilien nicht nur auf die niedrigen Zinsen schauen.

Auf was sollte man noch schauen?
Wichtig sind die Perspektiven des Standorts: Wird es dort in 15 oder 20 Jahren noch eine Nachfrage nach Immobilien geben und dass auch bei einem höheren Zinsniveau? Was den Baukredit selbst angeht, ist es besonders wichtig, die Tilgung auf die eigene Lebensplanung abzustimmen. Wer im Alter mietfrei wohnen möchte, sollte spätestens mit 65 oder 67 Jahren fertig sein. Dafür muss der Kunde gerade bei niedrigen Zinsen mehr tilgen, als die Banken standardmäßig vorgeben.

Wovon sollen Anleger lieber die Finger lassen?
Anleger sollten die Finger von Anlagen lassen, die mehr als etwa ein Prozent Rendite für eine risikolose und jederzeit verfügbare Geldanlage versprechen. Wer mehr möchte, muss entweder sein Geld längerfristig anlegen oder Risiken eingehen. Das bedeutet auch: Wird bei einer Geldanlage mehr Rendite versprochen, gibt es immer ein Risiko, das der Anleger kennen und verstehen sollten. Ansonsten gilt: Finger weg.

Wie wird sich der Aktienmarkt entwickeln?
Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten wird es an den Aktienmärkten wahrscheinlich auch in diesem Jahr große Schwankungen geben. Seit 1990 hat etwa der Dax in manchen Jahren fast 50 Prozent verloren, in anderen fast 50 Prozent gewonnen, im Durchschnitt lag der Zugewinn bei etwa 8 Prozent. Es kommt also darauf an, gleichmäßig zu investieren, in viele Werte gleichzeitig anzulegen und dann einen langen Atem zu haben. Empfehlenswert ist etwa ein Fondssparplan in einen Indexfonds bei einer günstigen Depotbank. Wer mittel- und kurzfristig Geld benötigt, sollte nicht in Aktien investieren, sondern stattdessen ein gut verzinstes Tagesgeld- oder Festgeldkonto wählen.

Werden die Zinsen 2016 steigen?
Die amerikanische Notenbank FED hat gerade die Leitzinsen um einen Viertelprozentpunkt angehoben. Die europäische Zentralbank hat dagegen die Politik der niedrigen Zinsen bestätigt und nichts verändert. Einen plötzlichen Zinsanstieg wird es auch 2016 nicht geben. Es ist allerdings möglich, dass wir auch in der Eurozone die Zinswende bekommen, und die Zinsen dann moderat steigen. Sparer sollten daher flexibel bleiben.

Wie sieht es mit alternativen Anlagemöglichkeiten – etwa Gold – aus?
Andere Anlagemöglichkeiten haben in der Vergangenheit die Hoffnungen der Anleger nicht erfüllt. Wer etwa auf dem Höhepunkt der Gold-Euphorie 2011/12 kaufte, hat bis heute gut 30 Prozent verloren. Gold ist also keinesfalls eine risikolose, sondern eine spekulative Anlage, auf die man nicht blind vertrauen sollte.

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