Wohnen oder leben?
MÜNCHEN Viele Menschen erfahren es täglich am eigenen Leib, jetzt ist es wissenschaftlich belegt: Hohe Mieten lassen das Armutsrisiko deutlich steigen. Die Bertelsmann-Stiftung hat die Mieten in 100 deutschen Städten ins Verhältnis zu den dort erzielten Einkommen gesetzt. Das Ergebnis: Besonders schlimm ist es in Regensburg, aber auch in München.
Armut hängt (auch) von den örtlichen Gegebenheiten ab. Die Stiftung wollte mit ihrer Studie ein realistisches Bild der Armut in Deutschland zeichnen. Alle bisherigen Definitionen führten nicht weit heißt es. „Eine bundesweit einheitliche Armutsgrenze lässt regionale Unterschiede der Lebenshaltungskosten außer Acht. Ein Einkommen von 2000 Euro ist etwa in Zwickau ungleich mehr wert als in Hamburg.“ Die Experten berechneten deswegen, was eine nach regionalen Maßstäben einkommensschwache vierköpfige Familie (ein Kind unter sieben Jahren, ein siebenjähriges Kind) monatlich ausgeben kann, nachdem sie die Miete bezahlt hat.
2003 Euro Netto, 994 Euro Miete im Monat. In München gingen die Autoren von einem Haushalts-Nettoeinkommen von 2003 Euro im Monat aus – dieser Wert sei angesichts des Lohnniveaus in der Landeshaupstadt mit der Armutsschwelle gleichzusetzen. Er leitet sich vom mittleren Münchner Einkommen in Höhe von 3338 Euro Netto für eine vierköpfige Familie ab. In den 2003 Euro sind bereits Kindergeld und Wohngeld enthalten. Für die Wohnung (75 Quadratmeter) müsse die Familie realistischerweise 994 Euro zahlen, so die Studie. Damit bliebe sie mit ihrem verbliebenen Haushaltseinkommen um 14 Prozent unter dem Sozialhilfesatz.
Noch schlechter sehe es – wegen des niedrigeren Lohnniveaus und vergleichbar hohen Mieten – in Regensburg aus: Dort blieben der Familie nach Überweisung der Miete nur 865 Euro im Monat. Das verfügbare Einkommen in Regensburg, so die Bertelsmann-Stiftung, liege 26 Prozent unter der staatlichen Grundsicherung, auf die eine vergleichbare Familie ohne Erwerbseinkommen Anspruch habe.
Wer wenig verdient, zieht raus. Die Autoren fordern, für Menschen mit geringerem Einkommen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die einkommensschwache Beispielfamilie könne sich in München nur zwei Prozent der angebotenen Wohnungen leisten. Schon mit einem mittleren Einkommen seien viele Familien in München gezwungen, bis zu 40 Kilometer von der Stadtmitte entfernt eine Bleibe suchen.
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