Wirtschaftsbosse grenzen "schwarze Schafe" aus
Zumwinkels Fall bringt die Top-Manager in Erklärungsnot. BDI-Präsident Thumann erinnert seine Klientel an «Recht und Gesetz, Ehre und Gewissen». Die Politik dreht aber schon an den Daumenschrauben.
Angesichts des Steuerskandals um Post-Chef Klaus Zumwinkel ist die deutsche Wirtschaft um Schadensbegrenzung bemüht. Industrie-Präsident Jürgen Thumann sprach sich in der «Bild am Sonntag» für eine Ausgrenzung krimineller Wirtschaftsführer aus: «Wer gegen die Spielregeln verstößt, stellt sich gegen die Wirtschaft. Der verdient nicht die Unterstützung seiner Kollegen. Wir werden uns nur vor diejenigen stellen, die nach Recht und Gesetz, Ehre und Gewissen arbeiten. Wer das nicht akzeptiert, gehört nicht mehr dazu.»
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) forderte seine Mitgliedsfirmen auf, in den Betrieben «offen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über die eigene Unternehmenskultur» zu sprechen. Nicht nur viele Familienunternehmer, «auch die übergroße Mehrheit der Manager ist zu Recht besorgt angesichts des Schadens, den der eigene Berufsstand durch das Fehlverhalten einer kleinen Gruppe nimmt», schrieb DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun in einem offenen Brief. Er appellierte an die Firmen, klarzumachen, «dass Steuerhinterziehung und Bereicherung zulasten der Gemeinschaft der Steuerzahler oder zulasten des eigenen Betriebs bei Ihnen keinen Platz hat».
Fehler im System
Die Alfred-Herrhausen-Stiftung der Deutschen Bank sieht fehlendes Unrechtsbewusstsein von Managern im System begründet. «In allen Organisationen sind die Strukturen darauf ausgerichtet, dass der Chef Recht hat», sagte Wolfgang Nowak, Sprecher der Geschäftsführung der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft, dem «Tagesspiegel». «Selbstverständlich Recht zu haben, nimmt einem früher oder später den Blick für das Unrecht.» Auch Nowak mahnte eine Vorbildfunktion der Elite an.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt räumte ein, dass es zu viele Fälle von Manager-Fehlverhalten gebe. Das bedrücke ihn außerordentlich, «wir sollten aber nicht von Glaubwürdigkeits-Problemen der Wirtschaft insgesamt sprechen». Hundt warnte in der «Stuttgarter Zeitung» davor, Unternehmer und Manager in ein zu schlechtes Licht zu rücken. «In der überwiegenden Zahl der Fälle» würden Unternehmensführer ihrer Vorbildfunktion gerecht. «Schwarze Schafe gibt es überall. Das gilt für Priester, Gewerkschafter und Manager», meinte Hundt. Er hält es für möglich, dass es die Wirtschaft nun schwerer haben wird, mit ihren Forderungen Gehör zu finden.
Oettinger will Veröffentlichungspflicht
Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) ist für rasche Konsequenzen aus dem Fall Zumwinkel. «Ich werde im Präsidium der CDU vorschlagen, die Veröffentlichungspflichten von Managern mit hervorgehobener Funktion in der deutschen Wirtschaft dramatisch zu erhöhen. Für alle sichtbar sein müssen Gehalt, leistungsbezogener Bonus, Rentenvereinbarungen, zudem weitere Ansprüche für die Zeit nach dem Ausscheiden, etwa die lebenslange Zusage einer Sekretärin oder eines Dienstwagens», sagte er der «Welt am Sonntag». Vorstöße der SPD, die Höhe von Managementgehältern zu beschränken, hält Oettinger für fragwürdig. Aber: «Je weiter sich Managergehälter von der allgemeinen Gehaltsentwicklung entfernen, desto höher sind die Kriterien, die man an Leistung und Verhalten anlegen muss.»
Die Koalitionsparteien SPD und CDU denken angesichts der Affäre über schärfere Strafen für Steuerhinterzieher nach. Es müsse geprüft werden, ob die geltende Höchststrafe von zehn Jahren noch ausreiche, heißt es in einer Erklärung, die die SPD-Führung an diesem Montag in Hamburg verabschieden will. Auch die CDU sprach sich für eine «ernsthafte Debatte» über den Strafrahmen von Wirtschafts- und Steuerdelikten aus.
Bsirske schlägt Steuersatz von 80 Prozent vor
Der Vorsitzende der Gewerkschaft ver.di Frank Bsirske sprach sich für eine Steuer von 80 Prozent auf Managergehälter ab zwei Millionen Euro aus. «Hier hält eine Kultur der Maßlosigkeit Einzug», kritisierte er der «Bild am Sonntag». Er stimme in Aufsichtsräten, denen er angehöre, schon länger gegen die Anhebung von Managergehältern. Die Eigner setzten diese Gehaltsexplosionen oft einfach durch. Bsirske: «Deshalb müssen wir für eine ordentliche Besteuerung sorgen.» Die Einnahmen sollten «in den Ausbau unserer Schulen, Kindertagesstätten, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen fließen». (dpa)