Wirtschaftsboom: Warum man jetzt in Asien-Aktien investieren sollte
Die Corona-Krise wirkt hier wie ein Katalysator. Asien hat die Pandemie effektiver bekämpft und auf weiter Strecke schneller gemeistert, profitiert nun massiv von konjunktureller Erholung. Die Welt stehe vor einer "asiatischen Dekade", glauben die Anlagestrategen der US-Bank JP Morgan. Andere Vermögensmanager sehen ein asiatisches Jahrhundert am Horizont.
Nach Prognosen der Asian Development Bank wird Asien bis 2050 seinen Anteil an der weltweiten Wirtschaftsleistung verdoppeln und dann für 52 Prozent des Welt-BIP stehen, wie vor der Industriellen Revolution des 18. Jahrhunderts. McKinsey sieht Asien bereits zehn Jahre früher, 2040, bei diesen Werten. 40 Prozent des weltweiten Konsum würden dann von Asiaten kommen, jedes zweite Auto weltweit werde an einen asiatischen Käufer gehen.
Taiwan und Südkorea verzeichnen Hightech-Exportboom
Gerade im vergangenen Jahr bildeten die Aktienmärkte und damit die Kapitalströme dies gut ab: Der Taiwan Weighted und der Kospi, Leitindizes von Taiwan und Südkorea, legten auf Jahressicht 37 und 40 Prozent zu. Die Anleger goutierten nicht nur das erfolgreiche Management von Corona, sondern auch die Tatsache, dass beide Länder einen Hightech-Exportboom verzeichnen. 50 Prozent der Halbleiter etwa, die weltweit in elektronischen Geräten aller Art verbaut sind, stammen aus den Fabriken von Taiwan Semiconductor, dem weltgrößten Auftragsfertiger für Chips.
In Südkorea, der viertgrößten Volkswirtschaft Asiens, sitzen beispielsweise Samsung, der Marktführer für Smartphones, oder auch Hyundai, ein Pionier in der Entwicklung wasserstoffgetriebener Autos.
Der chinesische Shanghai A wiederum schaffte ein Plus von 27 Prozent, der japanische Nikkei 225 steig sogar um 29 Prozent, der Sensex aus Indien steht aktuell 26 Prozent höher als vor einem Jahr. Der Dax hingegen ging auf Jahressicht nur gut zwei Prozent nach oben, der amerikanische Dow Jones immerhin 7,3 Prozent.
Höheres Risiko bei Investitionen in Asien-Aktien
In den Depots der meisten deutschen Anleger jedoch finden sich kaum asiatische Werte - und dies, obwohl die Bewertungen im Schnitt 30 Prozent unter jenen der westlichen Industriestaaten liegen. Der Abschlag reflektiert dabei ein höheres Risiko - sei es wegen struktureller Probleme wie in Indien, wegen der Einstufung als Entwicklungs- oder Schwellenland oder auch wegen des staatlichen Einflusses auf Wirtschaft und Unternehmen wie in China oder Vietnam.
Bei rund 20 Prozent könne der Anteil asiatischer Aktien im Depot aber durchaus liegen, sagen Fondsmanager und Anlageexperten unisono. Auf den Kauflisten der meisten Vermögensmanager wie auch Asien-Fonds stehen vor allem Aktien aus China, Indien, Südkorea und Taiwan. Zu allen Ländern finden Anleger nicht nur aktiv gemanagte Fonds, sondern auch passive ETF mit geringeren Kosten.
Alibaba zeigt Risiken eines Engagements in der Diktatur China
Wer das Risiko senken will, kann auch auf ganz Asien setzen oder auf einen Korb verschiedener Länder. Allein gemein ist: Chinesische Aktien stellen stets den Löwenanteil. Auch in Produkten, die auf Schwellenländer ("Emerging markets") setzen, gehen dann aufgrund der Dominanz Chinas meist mehr als 50 Prozent des Geldes nach China.
Aktien wie die Serviceplattform Meituan mit deutlich mehr als 600 Millionen registrierten Usern, China Mobile, der Social-Media-Konzern Tencent, die China Construction Bank finden sich in praktisch allen Fonds und Depots der Profis. Größte Position in vielen China-Fonds ist Alibaba, ein 1999 gegründeter Internet-Konzern. Alibaba macht auch deutlich, wo die Risiken eines Engagements in der Diktatur China liegen: Peking hatte den Konzern wegen monopolistischer Position an die Kandare genommen, den anstehenden Börsengang der Finanztochter Ant gekippt und auch Konzerngründer Jack Ma nach einigen staatskritischen Äußerungen für einige Monate von der Bildfläche verschwinden lassen.
Japanischer Markt wächst weiter
Anders als China wird Japan von Fondsgesellschaften und Anlegern oft ignoriert, obwohl das Land derzeit, gemessen an der Wirtschaftsleistung, auf Rang drei direkt hinter China steht, der Leitindex Nikkei 225 auch etwas besser dasteht als chinesische Indizes. In den Köpfen vieler Anleger steckt noch die jahrzehntelange Baisse, die dazu geführt hatte, dass viele Asienfonds sich nur mit dem Zusatz "ex Japan" , ohne Japan, verkauft hatten.
Nun jedoch wächst das Land wieder. Pro Kopf erwirtschaftet Japan jedoch immer noch knapp vier mal mehr als China - eine Relation, die sich bis 2025 nach Prognosen der Weltbank auf etwas weniger als die Hälfte verengen könnte.
Gleichwohl rüstet Japan eher unbemerkt von der Weltöffentlichkeit auf. Das Land hat sich gerade erstmals seit Dekaden neue Flugzeugträger gekauft, streckt seine wirtschaftlichen Fühler neuerdings nach Afrika aus, gehört in punkto Digitalisierung und Künstliche Intelligenz zu den führenden Ländern der Welt und erwirtschaftete gerade das höchste Quartalsplus seit vier Jahrzehnten.
Der Nikkei 225 kletterte vor Kurzem auf ein 30-Jahres-Hoch. Gepusht hat viele asiatische Märkte vor allem das Freihandelsabkommen, das im November zwischen 15 Staaten Asiens (und des Pazifik) besiegelt wurde und 2,2 Milliarden Menschen beziehungsweise rund ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung umfasst. Mit Japan, China, Vietnam, Singapur, Indonesien, Malaysia, Thailand, den Philippinen, Myanmar, Laos, Brunei und Kambodscha ist ganz Süd- und Ostasien dabei - bis auf Indien.
"Asien geht als großer Sieger aus der Pandemie hervor"
Das Abkommen werde den Handel zwischen den Ländern stark fördern und die Wertschöpfungsketten vertiefen, glaubt Tilman Galler, globaler Marktstratege von JP Morgan Asset Management. Galler sieht asiatische Aktien querbeet positiv: In den kommenden zehn bis 15 Jahren würden Papiere aus Asien sich um im Schnitt zwei Prozent pro Jahr besser entwicklen als Aktien aus westlichen Industrieländer, so Gallers optimistische Prognose.
"Unbestreitbar geht Asien, obwohl Ausgangspunkt der Pandemie, als großer Sieger aus der Krise hervor", so auch Olivier de Berranger, Chefanlagestratege bei der französischen Fondsgesellschaft LFDE.
Allerdings: Keine Chance ohne Risiko. Gerade beim Taktgeber China seien nicht nur beeindruckende Erfolge, sondern auch massives Krisenpotenzial vorhanden, etwa in den Bereichen Umwelt, Bankensysteme oder Ressourcenmanagement, sagt Eberhard Sandschneider, Asienexperte und Professor an der FU Berlin. Das Land sei weiter kommunistisch orientiert, öffne sich nur wirtschaftlich dem Kapitalismus, ordne sonst jedoch alles der Systemerhaltung unter, baue parallel dazu den globalen Einfluss massiv aus.
Und: Auch der Westen schläft nicht. Gerade nach der Corona-Pandemie werden viele Volkswirtschaften sich daran machen, ihre Abhängigkeiten von den asiatischen Werkbänken zu vermindern.
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