Wir Gaffer
Im Dschungel geht das Abendland nicht unter - Matthias Maus, Chefreporter der AZ, bekennt sich zum Dschungelcamp.
Der Mensch, er ist ja verlogen manchmal. Gern tut er so, als könne er Grauen nicht ertragen, und ist doch fasziniert.
So wie bei Unfällen: Ganz schrecklich, aber man kann nicht wegsehen. Gegen die milde Form der Scheinheiligkeit hilft ein klares Bekenntnis. Also: Ich habe hingeschaut! Beim Dschungelcamp! Und siehe da: Es tut fast gar nicht weh.
Natürlich ist das alles streng verboten, „Unterschichtfernsehen“ , igitt im sittenstrengen Deutschland, wo man „die Nase eher rümpfen als putzen lernt“ wie Georg Christoph Lichtenberg festgestellt hat.
Nun ist RTL selten was für große Philosophen, aber selbst als Normalo muss man sich nicht immer nur schämen. Ich gaffe auch!
Wenn der hopsballige Moderator Dirk Bach sich über die „dicke Zietlow“, seine mit-giftige Co-Moderatorin mokiert, dann ist das Indiz für Selbstironie und passable Gag-Schreiber.
Wenn sich im Camp C-Promis zur Kenntlichkeit – und so zur Menschlichkeit – entstellen, dann lappt das ins Kammerspielhafte.
Wenn Ingrid von Bergen mit ihrer 77-jährigen Natürlichkeit der unsäglichen Giulia Siegel mitteilt, das sie eine dumme Pute sei, dann ist das fast wie bei Virginia Woolf. Es gibt Helden und Schurken, Sympathien verteilen sich sofort (Schade, der faule Günther Kaufmann muss schon gehen!), es entsteht Furcht und Mitleid, genau wie der alte Aristoteles das für die Tragödie vorschreibt.
Im Dschungel geht das Abendland nicht unter. Und wenn die Maden kommen oder dieWerbung, dann kann man ja wieder rüberzappen – zu Arte oder den Tagesthemen.
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