Wiedekings Demontage

Ferdinand Piëch kanzelt den Manager-Star öffentlich ab und schickt die Porsche-Aktie auf Talfahrt
WOLFSBURG/STUTTGARTOlbia auf Sardinien ist ein freundliches Provinzstädtchen, wie geschaffen, der Fachpresse den neuen VW-Polo vorzustellen. Das Örtchen gab jetzt außerdem die Kulisse für einen neuen Akt im VW-Porsche-Familiendrama: Genüsslich setzte VW-Aufsichtsratschef und Porsche-Anteilseigner Ferdinand Piëch zum Todesstoß gegen Porsche-Boss Wendelin Wiedeking an.
Unter Piëchs wachsamen Augen hatte Wiedeking Porsche saniert und den Wert des Unternehmens um ein Vielfaches gesteigert. Aber Piëch wäre nicht er selbst, könnte er den Erfolg seiner Zöglinge auf Dauer aushalten. Diese Erfahrung musste schon Ex-Audi-Chef Franz-Josef Paefgen und Ex-VW-Chef Bernd Pischetsrieder machen – beide lieferten gute Arbeit ab, beide wurden von Piëch öffentlich demontiert und durften sich kurz darauf ihre Papiere abholen.
Ätzende Kommentare Piechs über Wiedeking
Jetzt also Wiedeking. Mit dem missratenen Plan, VW zu übernehmen, dürfte Wiedeking sein eigenes Grab geschaufelt haben. Ob Wiedeking sein Vertrauen genieße, ließ sich Piëch in Olbia fragen, und diktierte den Journalisten in den Notizblock: „Zur Zeit noch – streichen Sie das 'noch'!“. Diabolisch kommentierte er die Bemühungen Wiedekings, mit der Schuldenlast von Porsche klarzukommen: „Er ist persönlich bemüht, den Reifendefekt rückgängig zu machen.“ Wie auf Kommando quittierte die Börse Piëchs Kommentare zur finanziellen Situation von Porsche. Die Aktie gab zeitweise um sieben Prozent nach – Piëch dürfte es kaum gejuckt haben.
Anstelle einer Fusion unter Gleichen könne VW Porsche genausogut schlucken, sagte Piëch: „Favorisiert ist, was schnell und schmerzarm geht.“ Versteht sich fast von selbst, dass Piëch den künftigen Autoriesen von Wolfsburg aus steuern will – nicht aus Stuttgart, dem Geburtsort von Piëchs Cousin und Porsche-Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche. „Das ist seit sechs Wochen nicht mehr strittig“.
Das Land Niedersachsen ist der lachende Dritte
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff ist der lachende Dritten der Fehde. Die Privilegien des Landes Niedersachsen – ein Mitspracherecht in wichtigen Fragen wie der Schließung von Werken – tastet Piëch nicht an. Und auch die mächtigen VW-Betriebsräte müssen nicht um ihre Rechte fürchten. Glücklicher Gewinner des Übernahmeclinchs ist auch Martin Winterkorn, VW-Chef von Piëchs Gnaden. Er ist Anwärter auf den Vorstandsvorsitz des neuen VW-Porsche-Konzerns. Wiedeking dagegen sollte sich nach einem neuen Job umsehen. Als untergeordneten Abteilungsleiter kann ihn sich Piëch nämlich nicht vorstellen. „Er müsste sehr weit runtersteigen und ein Rollenwechsel müsste stattfinden: vom Durchmarschierer zur Demut.“