Wenn's um Geld geht: Frauen fragen!

Das meinen jedenfalls viele der Teilnehmer einer aktuellen Forsa-Umfrage. Männer hingegen haben angeblich die höhere Finanz-Kompetenz. Die AZ hat mal bei einer Expertin nachgefragt.
von  Julia Sextl
Männer und Frauen ticken ganz offensichtlich unterschiedlich, wenn es um Altersvorsorge und Geldanlagen geht – noch.
Männer und Frauen ticken ganz offensichtlich unterschiedlich, wenn es um Altersvorsorge und Geldanlagen geht – noch. © Andrea Warnecke/dpa

Frauen sind umsichtiger im Umgang mit Geld, können besser haushalten und sind sparsamer als Männer – dieses Bild vom weiblichen Geschlecht hat rund ein Drittel der Deutschen im Kopf, so das Ergebnis einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Online-Bank RaboDirect.

Doch wenn’s ans Eingemachte geht, um Kenntnisse über Anlageformen oder Erfahrung mit Finanzierungsmöglichkeiten etwa, haben den Umfrageergebnissen zufolge Männer die höhere Kompetenz. Sind Männer und Frauen tatsächlich so verschieden? "Das Ergebnis ist für mich nicht neu", sagt Constanze Hintze, Geschäftsführerin der Münchner Finanzberatung Svea Kuschel + Kolleginnen, welche aus ausschließlich weiblichen Mitarbeitern besteht und hauptsächlich Frauen berät.

Frauen sind zur Sparsamkeit gezwungen

"Die Überzeugung rührt daher, dass in den letzten Jahrzehnten viele Frauen, ausgehend von ihrer Situation als Hausfrau und Familienmanagerin, immer nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung hatten, was ja eine Begrenzung der Ausgaben beinhaltet", sagt Hintze. Sie mussten Preise vergleichen und sich ein großes Know-how aneignen: Wo gibt es was für wie viel Geld, was ist günstig und was nicht. "Dazu kommt, dass berufstätige Frauen mit Blick auf ihren Gehaltszettel und die Rentenprognose ja schon immer auf schmaler Kante liefen", sagt Hintze. Sie sind zur Sparsamkeit und Bildung von Rücklagen gezwungen.

Männer hingegen verdienen oft mehr als Frauen – früher wie heute. Damit haben sie finanziell mehr Möglichkeiten – auch für riskantere Manöver. "Gerade in technischen Berufen, in denen Fachkräftemangel herrscht, steht ihnen oft schon von Anfang an ein gutes Einkommen zur Verfügung, eine betriebliche Altersvorsorge, vielleicht noch eine zusätzliche Absicherung. Die können sich dann auch einfach ein bisschen mehr zutrauen", so Hintze.

Männer wird mehr Finanz-Kompetenz zugeschrieben - ein Mythos!

Worauf auch die Zahlen aus der Forsa-Umfrage hindeuten: Fast die Hälfte der Befragten schreibt dem männlichen Geschlecht mehr Kompetenz zu. Doch: "Das ist ein Mythos", so die Vermögensberaterin. "Männer haben zwar häufig mehr Erfahrung, aber das heißt nicht zwangsläufig, dass ihr Know-how besonders groß ist." Im Allgemeinen habe die Finanzkompetenz aber zugenommen, bei beiden Geschlechtern.

Dennoch gebe es einen "dicken Bodensatz" von Männern und Frauen, die gar keine Ahnung haben: "Die kennen nicht den Unterschied zwischen Anleihe und Aktie, haben Schwierigkeiten mit Wörtern wie Rendite oder Wertsteigerung und haben vielleicht auch noch Probleme mit Prozentrechnung.

Dabei sind gerade in dieser Gruppe Altersarmut und Versorgungslücken immer wieder Thema, weiß Hintze aus der Erfahrungspraxis. "Die Zukunft hat ja doch einfach ein paar Fragezeichen. Sie müssen sich ja bloß die Diskussion in den vergangenen Tagen zur Großen Koalition und Mütterrente anhören. Das erzeugt Unsicherheit."

Frauen investieren defensiver als Männer

Dazu kommt: Die meisten Anleger wurden groß Zinsen und Zinseszinsen – die es seit vielen Jahren so nicht mehr gibt. Gleichzeitig ist die Zahl der Finanzprodukte enorm angestiegen. Daraus resultiere eine große Unsicherheit, so die Expertin. Gerade für Frauen bedeute das oft: "Bloß kein Risiko mit einer Geldanlage eingehen." Frauen investieren defensiver als Männer. Doch woher kommt das?

"Geld hat für Frauen eine ganz andere Bedeutung als für Männer", sagt Hintze. "Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen dazu. Wenn Frauen Geld anlegen, sind ihre Ziele: Sicherheit, damit sie zum Beispiel ihr Pflegeheim bezahlen können und damit sie sich keine Sorgen machen müssen."

Äußerst selten höre man von Frauen: "Ich will reich werden." Oder: "Ich will eine zweistellige Rendite haben." Die Motivation für eine Geldanlage sei schon ziemlich unterschiedlich, so die Expertin. Ihre Erfahrung zeigt: Männer freuen sich schon allein daran, wenn auf dem Papier eine Kurve nach oben zu sehen ist.

Frauen halten das Geld zusammen, Männer vermehren es

Bei Frauen hingegen sei es häufig so: "Die zweifeln das dann an. Die sehen die Kurve und sagen: ,Schön, aber das geht ja dann auch irgendwann wieder runter.‘" Frauen hätten ein angeborenes Misstrauen, eine größere Vorsicht. "Und die Männer wiederum fragen dann eher noch: ,Warum haben wir denn nicht alles so angelegt?‘" Anders gesagt: "Männer sehen das Geld und wollen, dass es mehr wird – Frauen sehen das Geld und wollen, dass es nicht weniger wird."

Was bedeutet: Männer und Frauen verfolgen im Prinzip zwei sehr unterschiedliche Anlagestrategien. Aber warum? "Ich denke, das hat schon was mit Sammeln und Jagen zu tun", so Hintze. "Der eine ist zu Hause in seinem Heim und hält da alles zusammen, und der andere erobert neue Reviere."

Hintze spricht aus Erfahrung. War ihr Unternehmen anfangs nur auf die Beratung von Frauen ausgelegt, nehmen mittlerweile immer mehr Männer das Angebot in Anspruch. Ihr Anteil ist auf 20 Prozent angewachsen. Oft kämen sie über ihre Partnerinne.

Männer sind risikobereiter

"Die Männer sind bei der Anlage deutlich risikobereiter", sagt Hintze. Mit Zwischenperioden, um eine Art Soll-Ist-Vergleich zu ziehen, die auch ein Mitdenken bezüglich der Kapitalmärkte erfordern. "So dass man sich quasi von Quartalsbericht zu Quartalsbericht der Unternehmen durchhangelt."

Das bestätigt auch die Forsa-Umfrage unter den rund 1.200 Teilnehmern: Demnach gehen 60 Prozent davon aus, dass Männer sich für dieses Thema mehr interessieren als Frauen.

Und doch vollzieht sich ein gesellschaftlicher Wandel. "Die Frauen sind mutiger geworden, weil sie erkennen, dass sie nur mit Zinsgeschäft nicht weiterkommen werden", sagt Hintze. Sie bräuchten bloß "andere Möhren, die man ihnen vor die Nase hält". Denn: Einen Mann könne man mit der Aussicht auf 30 Prozent Rendite locken. Eine Frau hingegen eher damit, dass ihre Kinder versorgt sein werden. "Lebensqualität, das ist es, womit man Frauen aus der Reserve locken und motivieren kann und muss", so Hintze. Denn eines sei klar: "Das mit der Rente wird nicht funktionieren. Es muss jeder zusätzlich privat vorsorgen."

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