Wenn's dem Nachbarn stinkt

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Susanne Stephan |
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MÜNCHEN Der Mieter in der Wohnung nebenan ist ein reinlicher Mensch. Er staubsaugt jeden Tag – auch am Sonntag, und zwar gerne um sieben Uhr morgens. An Schlaf ist dann für die Nachbarn wegen der dünnen Wände nicht mehr zu denken.

Müssen sich die anderen Bewohner des Hauses den morgendlichen Krach gefallen lassen? Streitpunkte wie dieser können Menschen das Leben zur Hölle machen. Die AZ listet die häufigsten Knackpunkte beim Zusammenleben von Nachbarn auf.

Lärm. Alles, was über Zimmerlautstärke hinaus geht – also in einer anderen Wohnung deutlich gehört werden kann – beeinträchtigt die Nachbarn. Wer Lärm macht, muss sich nicht nur auf Ärger mit den Nachbarn, sondern auch mit der Polizei einstellen. Das Bußgeld kann bis zu 5000 Euro betragen. Ganz besonders gilt dies am Wochenende und zu den Ruhezeiten – also während der Nachtruhe, normalerweise zwischen 22 und sechs Uhr. Die Eigentümergemeinschaft eines Hauses kann die Nachruhe auch ausdehnen, etwa bis acht Uhr. Zudem gilt zwischen zwölf und 14 Uhr (mancherorts auch zwischen 12 und 15 Uhr) Mittagsruhe.

Außerhalb dieser Zeiten können Bewohner ihren Nachbarn Krach in bestimmten Grenzen zumuten, sagt der Münchner Anwalt Christian Langgartner. Beispielsweise urteilten Gerichte, dass es den Nachbarn zuzumuten sei, täglich eineinhalb bis zwei Stunden das Klavierspiel eines Bewohners zu ertragen. Bei lauteren Instrumenten sind kürzere Zeiten anzusetzen – eine dreiviertel bis eineinhalb Stunden Schlagzeug pro Tag beispielsweise sollten reichen. Wichtig: Die Pflicht zur Ruhe gilt auch bei Partys. Zwar ist lautstarke Geselligkeit ab und zu von den Nachbarn hinzunehmen, aber nicht nach 22 Uhr. Wer Scherereien vermeiden will, sollte deswegen laute Musik in der Nacht herunterregeln und, wenn es sein muss, die Fenster schließen. Ansonsten droht im ungünstigsten Fall Besuch von der Polizei oder eine Unterlassungsklage der Nachbarn. Alternative: Die Nachbarn mit zum Feiern einladen – damit dürften Konflikte in vielen Fällen am wirkungsvollsten vermieden werden.

Wer ständig unter Lärm leidet und in einer Mietwohnung lebt, kann die Miete mindern. Damit liegt der schwarze Peter beim Wohnungseigentümer. Er wird womöglich in der Eigentümerversammlung darauf dringen, dass rücksichtslose Bewohner des Hauses zur Ordnung gerufen werden.

Ein Sonderfall sind lärmende Kinder. Die Gerichte muten es ihnen und ihren Eltern nicht zu, sich wie Erwachsene an die Lärmschutzverordnungen zu halten. Allerdings müssen Eltern darauf achten, dass sich der Krach in Grenzen hält, warnt Anwalt Langgartner. Beispielsweise ist den Nachbarn nicht zuzumuten, dass Kinder von Stühlen springen, das Mobiliar umwerfen, im Hausflur Rollschuhlaufen, in der Wohnung Tennis spielen oder mit dem Aufzug spazieren fahren. Wer Ärger vermeiden möchte, kann beispielsweise einen Teppich in der Diele oder im Kinderzimmer verlegen, so dass Schritte gedämmt werden.

Grilldunst und andere Gerüche. Sommer, Sonne, Grillvergnügen – für viele Münchner sind das Steak und die Bratwurst auf dem Balkon oder der Terrasse unverzichtbar. Ob, beziehungsweise wie oft die Nachbarn die damit verbundenen Rauchschwaden hinnehmen müssen, steht oft in der Hausordnung. Sie kann das Grillen sogar ganz verbieten. Wer sich über Grillgerüche ärgert, sollte deswegen genau protokollieren, wann und wie lange sie auftauchen und sich damit an die Eigentümergemeinschaft werden. Ansonsten gibt es für das Grillen keine eindeutigen gesetzlichen Regelungen. Das bedeutet: Im Streitfall entscheiden die Gerichte aus dem Bauch heraus, was den Nachbarn zuzumuten ist und was nicht mehr. Grundsätzlich sind Bewohner angehalten, Beeinträchtigungen zu minimieren. Das bedeutet beispielsweise, dass der Grill möglichst weit entfernt vom nachbarlichen Grundstück oder seiner Wohnung platziert werden sollte. Um Rauchschwaden durch verbrennendes Fett zu vermeiden, sollte das Grillgut auf Aluminiumfolie gelegt werden. Wer seine Nachbarn schonen will, legt sich statt des Holzkohlegrills einen Elektro- oder Lavasteingasgrill zu. Was für Grilldunst gilt, gilt auch für Nikotinschwaden oder andere Gerüche. Grundsätzlich müssen es Nachbarn dulden, wenn beispielsweise auf dem Balkon nebenan geraucht oder in einer anderen Wohnung mit Knoblauch und weiteren Gewürzen gekocht wird. Diese Gerüche zählen zu den Äußerungen der privaten Lebensführung. Allerdings verlangen Gerichte in manchen Fällen, dass in der Küche eine Dunstabzugshaube eingebaut wird. Und die Hausordnung kann das Rauchen in Gemeinschaftseinrichtungen wie dem Flur oder dem Keller grundsätzlich verbieten. Tiere. Auch bei diesem Thema gibt es keine eindeutigen Paragraphen, sondern unterschiedliche juristische Auslegungen des gesunden Menschenverstandes. Das heißt: Gelegentliches Bellen aus der Nachbarwohnung ist zu dulden, stundenlanges Bellen dagegen nicht. Kampfhunde können von der Hausordnung verboten werden, egal, ob sie im konkreten Fall jemanden gefährdet haben oder nicht. Vermieter können das Halten von Kampfhunden untersagen. sun

Christian Langgartner:Nachbarrecht – Ihre Rechten und Pflichten. Verlag C.H. Beck. 123 Seiten, 6,90 Euro.

 

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