"Wenn die Autoindustrie hustet, ist Bayern krank"

Unternehmensvertreter kritisieren beim "Tag der Bayerischen Wirtschaft" in Brüssel neue Pläne für Klimaschutzvorgaben im Straßenverkehr.
Otto Zellmer |
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Die EU will strenge Klimaschutzvorgaben, die Autoindustrie beschwert sich. (Symbolfoto)
Marijan Murat/dpa Die EU will strenge Klimaschutzvorgaben, die Autoindustrie beschwert sich. (Symbolfoto)

Brüssel - Zünftige Blasmusik, frisch gezapftes Bier, Bratwürstl vom Grill: Wenn der Arbeitgeber- und Wirtschafts-Dachverband vbw alle zwei Jahre zum "Tag der Bayerischen Wirtschaft" in die Vertretung des Freistaats nach Brüssel einlädt, liegt ein Hauch von weiß-blauer Heimat inmitten der Herzkammer der Europäischen Union in der Luft. So auch am Mittwoch.

Dutzende Unternehmens-Vertreter waren in den Prunkpalast gekommen, um Bayerns Wirtschaft und sich selbst zu feiern – aber vor allem, um ihren Unmut über neue Klimaschutzvorgaben der EU für Autos kundzutun.

Klimaschutzvorgaben der EU

Um Klimagase aus dem Straßenverkehr zu drosseln und den Klimapakt von Paris einzuhalten, schlägt die EU-Kommission vor, dass Neuwagen bis 2030 im Schnitt 30 Prozent weniger Kohlendioxid ausstoßen sollen als 2021. Der zuständige Umweltausschuss spricht sich sogar für eine CO2-Minderung um 45 Prozent aus, die EU-Grünen wollen noch mehr.

Für Audi und BMW sind das "vollkommen unrealistische Vorstellungen". Der Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Alfred Gaffal, sprach am Mittwoch von "ausgewürfelten Zielen" und kritisiert, dass einige Abgeordnete die Automobilindustrie "totreden wollen".

Wenig Nachfrage nach alternativen Antrieben

Um diese ehrgeizigen Pläne zu erreichen, müssten die Hersteller laut eigener Aussage den Anteil von Autos mit Elektro- oder anderen alternativen Antrieben drastisch erhöhen. Doch zum einen fehle dafür die Nachfrage der Kunden – und zum anderen Hunderttausende Ladesäulen in Europa.

vbw-Präsident Gaffal warnte, dass bei einem zu raschen Wandel viele Arbeitsplätze verloren gehen könnten – jetzt schon sei Bayerns Wirtschaft enorm von den Autobauern abhängig. "Wenn die Autoindustrie hustet, ist Bayern krank", sagte Gaffal.

Er fordert auch ein schlüssiges Gesamtkonzept für die gesamte Mobilitätswende. "Elektromobilität wird diskutiert ohne zu klären, wo der Strom herkommt und wie er an den Ort des Verbrauchers kommt", meinte Gaffal. Auch deshalb wird laut vbw der Diesel "mittelfristig noch eine wichtige Rolle spielen".

Die richtige Balance ist gefragt

Kritik an Herstellern und Wirtschaft kam vom SPD-Europaabgeordneten Ismail Ertug aus der Oberpfalz. Er verteidigte die ambitionierten CO2-Ziele. "Wo kämen wir da hin, wenn wir alles das machen, was die Lobby will?", schimpfte Ertug. Er will eine Balance finden zwischen Erhalt der Arbeitsplätze und den Klimaschutzzielen. Auf europäischer Ebene geht das Ringen in den nächsten Tagen erst richtig los. Kommende Woche will zunächst das EU-Parlament seine Position festlegen.

Für die Autobauer heißt es bis dahin: abwarten und auf niedrige Vorgaben hoffen – einen Husten soll weder BMW noch Audi bekommen. Ansonsten droht in zwei Jahren in der Bayern-Vertretung in Brüssel ein "Tag der kranken Bayerischen Wirtschaft".
 

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