Weiter Hängepartie um griechischen Schuldenschnitt

Die Verhandlungen über einen griechischen Schuldenschnitt bleiben trotz des enormen Zeitdrucks eine Hängepartie.
von  dpa

Die Verhandlungen über einen griechischen Schuldenschnitt bleiben trotz des enormen Zeitdrucks eine Hängepartie. Nach erneuten Gesprächen zwischen Regierung und internationalem Bankenverband IIF wächst in Athen zwar der Optimismus.

Athen/Berlin - "Elemente eines noch nie dagewesenen freiwilligen Schuldenschnitts werden in die Tat umgesetzt", erklärte ein Sprecher des Internationalen Bankverbandes IIF in Athen. Die Gespräche sollten in den nächsten Tagen fortgesetzt werden, hieß es. Es müsse jetzt entschlossen gehandelt werden um diesen "historischen Deal" zu einem Ende zu bringen und Griechenland, den Euroraum und die Weltwirtschaft zu stabilisieren.

Zuvor hatten der griechische Ministerpräsident Lucas Papademos und der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos mit dem Chef des Internationalen Bankenverbandes Charles Dallara mehrere Stunden lang verhandelt. Griechische Medien gingen am Samstag davon aus, dass die angestrebte Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) spätestens am Montag fertig sein könnte.

Diese Absichtserklärung bedeutet jedoch noch nicht, dass der langwierige Schuldenschnitt-Prozess damit zu Ende ist. Ein Erfolg hängt am Ende davon ab, wie viele Banken und andere Besitzer griechischer Staatsanleihen mitmachen und auf Geld verzichten. Angepeilt ist die Summe von 100 Milliarden Euro. Der Finanzminister plant nach eigenen Angaben, das Memorandum mit dem IIF seinen Kollegen der Eurogruppe am Montag zu präsentieren.

Unabhängig von den noch unbekannten Details wird der angestrebte Schuldenschnitt Europa nach Einschätzung von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann auch auf lange Sicht teuer zu stehen kommen. "Die Erwartung war, dass Staatsanleihen zu 100 Prozent zurückgezahlt werden. Dieses Prinzip wurde verletzt - und zwar entgegen allen Aussagen, die zuvor gemacht worden waren", sagte Ackermann der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Dafür werden wir einen hohen Preis zahlen müssen, unter anderem in Form höherer Zinsen, die Investoren von vielen Regierungen verlangen werden." Die Beteiligung privater Gläubiger sei aus politischen Gründen notwendig gewesen. "Anders hätte es im Deutschen Bundestag keine Mehrheit für das Rettungspaket gegeben", sagte Ackermann. "Aber klar ist auch, dass dies eine historische Trendwende markiert: Europäische Staatsanleihen waren bisher mündelsicher."

Ziel des angestrebten Schuldenschnitts ist, Griechenland um 100 Milliarden Euro zu entlasten. Das Land sitzt derzeit auf einem Schuldenberg von rund 352 Milliarden Euro. Das entspricht 161 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Erlaubt sind nach den EU-Spielregeln eigentlich allenfalls 60 Prozent.

206 Millarden davon befinden sich in den Händen von Privatleuten, Banken, Versicherungen und Hedge Fonds. Sollte der Schuldenschnitt gelingen, können die Schulden nach Schätzungen der EU und des Internationalen Währungsfonds IWF zunächst auf 152 Prozent fallen. Bis 2020 sollen sie auf 120 Prozent sinken - allerdings unter der Voraussetzung, dass die Wirtschaft nach mehrjähriger Rezession ab 2013 wieder deutlich wächst. Dies jedoch ist bislang nicht in Sicht.

Den teilweisen Schuldenerlass für Athen sollen die privaten Gläubiger freiwillig schultern. Ihr Engagement ist ein entscheidender Baustein für das zweite, 130 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm für Griechenland. Die privaten Gläubiger, darunter Banken und Hedge-Foernationands, sollen bestehende Anleihen in neue tauschen, dabei auf Teile ihrer Forderungen verzichten und auch niedrigere Zinsen in Kauf nehmen. Genau darin soll das Problem der endlosen Verhandlungen liegen:

Informationen aus Bankkreisen deuteten am Samstag darauf hin, dass die Geldgeber aus dem Euroland sowie der Internationale Währungsfonds (IWF) noch niedrigere Zinsen fordern. Anderenfalls werde Griechenland nie auf eigenen Beinen stehen können. Zunächst soll es eine Vereinbarung gegeben haben für einen Zinssatz von im Durchschnitt vier Prozent für 30-jähre Laufzeit. Danach soll es aber eine Intervention seitens des IWF gegeben haben, um den Zinssatz auf weniger als drei Prozent zu drücken, was die Banken wiederum nicht hätten akzeptieren wollen.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.