Wechsel an VW-Spitze - Aufsichtsrat für Konzernumbau

«Weiterentwicklung der Führungsstruktur»: Mit einer Mitteilung an die Finanzwelt wirft Volkswagen am Dienstag etliche Fragen auf - auch zur Zukunft des Konzernchefs.
von  dpa
Matthias Müller (r), Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, und Herbert Diess, Markenvorstand Volkswagen Pkw, stehen am 14.03.2017 bei der Jahrespressekonferenz der Volkswagen AG in der Autostadt.
Matthias Müller (r), Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, und Herbert Diess, Markenvorstand Volkswagen Pkw, stehen am 14.03.2017 bei der Jahrespressekonferenz der Volkswagen AG in der Autostadt. © Julian Stratenschulte/dpa

"Weiterentwicklung der Führungsstruktur" - mit einer Mitteilung an die Finanzwelt wirft VW viele Fragen auf. Die Erklärung von Insidern: Konzernchef Müller soll von Kernmarken-Chef Diess abgelöst werden. Die Erwartungen an den Ex-BMW-Manager sind hoch.

Wolfsburg/Berlin - Überraschender Führungswechsel an der VW-Spitze: Der bisherige Markenchef Herbert Diess soll Konzernchef Matthias Müller ablösen. Dies erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Kreisen des Aufsichtsrats und des Unternehmens. Zuvor hatten auch andere Medien darüber berichtet. Insidern zufolge ist der Schritt im Rahmen eines größeren Konzernumbaus zu sehen, die insgesamt geplanten Veränderungen seien umfassend.

VW selbst hatte kurz zuvor in einer Mitteilung an die Finanzwelt angekündigt, man prüfe "eine Weiterentwicklung der Führungsstruktur". Dies schließe Änderungen bei den Verantwortlichkeiten ein, jedoch womöglich auch "eine Veränderung im Amt des Vorstandsvorsitzenden".

Vertrag von Matthias Müller läuft eigentlich noch bis 2020

Welche Schritte im Einzelnen vorgesehen sind und was dies konkret für die Zukunft Müllers bedeuten würde, war vorerst unklar geblieben - Volkswagen machte zunächst keine weiteren Angaben dazu. Der Vertrag von Müller (64) läuft eigentlich noch bis 2020. Diess (59) kam 2015 von BMW und handelte unter anderem das Reform- und Sparprogramm "Zukunftspakt" bei der Stammsparte mit dem mächtigen Betriebsrat aus.

Müller habe seine "grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, an den Veränderungen mitzuwirken", erklärte VW. An diesem Freitag soll nach dpa-Informationen der Aufsichtsrat des weltgrößten Autobauers zusammenkommen. Dabei dürfte es um Umbaupläne wie eine mögliche Abspaltung des Lkw-Geschäfts und wohl auch um Top-Personalien gehen.

Elektromobilität fordert Veränderungen

Bei Volkswagen sind die internen Strukturen seit langem ein wichtiges Thema, der riesige Konzern kämpft mit seinem komplexen Aufbau und will den einzelnen Marken und Regionen mehr Verantwortung geben. Außerdem erfordern die Elektromobilität und die Vernetzung viele Veränderungen. Volkswagen investiert hier bereits Milliarden.

Zeitgleich mit den Wolfsburgern ging die Muttergesellschaft Porsche SE an die Öffentlichkeit und teilte mit, dass Veränderungen im VW-Vorstand auch zu Änderungen im Vorstand bei der Porsche SE führen könnten. Die von den Familien Porsche und Piëch kontrollierte Porsche SE hält gut 52 Prozent der Stimmrechte an Volkswagen. Die VW-Vorzugsaktien legten am frühen Nachmittag deutlich zu.

Müller hatte vor einigen Tagen dem Spiegel gesagt, aus seiner Sicht müsse das oberste Management von Volkswagen "weiblicher, jünger und internationaler" werden. "Das ist ein riesiges Problem des Konzerns. (...) Ich würde auf jeden Fall gerne mit dem Aufsichtsrat diskutieren, wie der Konzern nach meiner Zeit geführt werden soll und von wem."

Müller stieß Iniativen zu einem "Kulturwandel" an

Der frühere Porsche-Chef war im Herbst 2015 an die Spitze von Volkswagen gekommen, nachdem Vorgänger Martin Winterkorn im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden des Diesel-Skandals in den USA zurückgetreten war. Weil im Zuge der Affäre um manipulierte Abgastests auch viel grundsätzliche Kritik an den Abläufen bei VW laut wurde, stieß Müller Initiativen zu einem "Kulturwandel" an.

Im vergangenen Jahr konnte Volkswagen erneut stark zulegen. Die Kernmarke warf einen Betriebsgewinn von rund 3,3 Milliarden Euro ab – bereinigt um Sonderkosten für die Diesel-Affäre. Unabhängig von den sehr guten Zahlen müsse der Kulturwandel jetzt jedoch mutig und offen angegangen werden, hieß es aus dem Aufsichtsrat.

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