Wärme gegen den Schimmel: Nicht geizen, heizen!

MÜNCHEN - Die Kehrseite der hohen Energiepreise: Viele sparen daheim an der Temperatur. Doch das kann sich rächen: Zu kalte Wohnungen sind der ideale Nährboden für Schimmel – und das wird teuer.
In einem strengen Winter wie diesem blüht der Schimmel in Wohnungen und Kellern so richtig auf. Schon jedes zweite Haus hat nach Einschätzung des Verbands Privater Bauherrn (VPB) enorme Feuchtigkeitsprobleme. Alarmzeichen sind muffiger Geruch und Stockflecken, oft versteckt hinter Schränken und Rolladenkästen, in Neu- und Altbauten.
Was die Pilze zum Sprießen bringt, sind weniger bauliche Mängel als ein hausgemachter Mix aus Geizen beim Heizen und viel zu wenig Lüften plus Sanierungsfolgen. Mit jeder Erhöhung der Energiepreise breite sich die Massenplage mehr aus, beklagt der Mieterbund. Und die Zahl der Streitfälle zwischen Mietern und Vermietern wächst. Die AZ zeigt, wie man die Schimmelproblematik in den Griff kriegt:
So läuft es schief: Statt wie früher gleichmäßig durchzuheizen, lassen kostenbewusste Bürger die Heizkörper nur noch in einzelnen Räumen laufen, aber die Türen offen stehen. Manche machen die Heizung tagsüber sogar ganz aus. Oder fahren die Raumtemperatur drastisch runter. Abends wird dann volle Pulle aufgedreht. Die übertriebene Sparsamkeit ist aber total falsch, warnen Verbraucherschützer.
So entsteht Schimmel: Wird nur noch spärlich geheizt, schlägt sich auf den kalten Wänden unweigerlich die Feuchtigkeit nieder, die beim Wohnen entsteht. Durch Schwitzen, Atmen, Duschen, Putzen oder Kochen. In einem 4-Personen-Haushalt kommen so täglich rund zwölf Liter zusammen. Wird im Winter kaum mehr gelüftet, sind die Sporen nicht zu stoppen. Die Raumluft kann die Wassermenge nicht mehr aufnehmen, es bildet sich Tauwasser an kalten Stellen - ein idealer Nährboden für Schimmelpilze. Je stärker eine Wohnung auskühlt, desto schlimmer das Problem.
Vorsicht, Modernisierung: Das Abdichten eines Hauses kann das Schimmelwachstum beflügeln. Werden neue Kunststofffenster eingebaut, steigt die Luftfeuchtigkeit in den Räumen an. Ebenso, wenn Außenfassade oder Geschossdecken wärmegedämmt werden. Lüften die Bewohner dann nicht genug und drosseln auch noch die Heizung, sei das Problem perfekt, sagt Architektin Eva Reinhold-Postina vom VPB.
Weg mit den Sporen: Mit Schimmel ist nicht zu spaßen. Eingeatmete Mikroben können krank machen, Allergien auslösen. Manche der zigtausend Pilzarten gelten als krebserregend. Schimmel auf kleinen Flächen können oft noch selbst entfernt werden. Dabei unbedingt Handschuhe und Mundschutz tragen. Keinen Essig oder Schimmelentferner mit Aktivchlor benutzen. Zum Abtöten der Sporen am besten 80-prozentigen Ethylalkohol aus der Apotheke nehmen. Gut lüften. Das Putztuch gehört in den Müll. Größere Schäden sind ein Fall für Fachunternehmen.
So ist die Lage für Mieter: Schimmel ist ein Wohnungsmangel. Mieter müssen ihn sofort dem Vermieter melden. Der ist für die Beseitigung verantwortlich. Ausnahme: Der Mieter hat die Feuchtigkeitsschäden selbst verursacht oder verschuldet, weil er beispielsweise zu wenig geheizt oder gelüftet hat. Das führt immer häufiger zu juristischem Streit darüber, wer zahlen muss. Die Ursache für den Pilzbefall lässt sich oft nur durch ein Gutachten beweisen. Für Gernot Henrich, Sachverständiger und Leiter des unabhängigen Bochumer Instituts für angewandte Bauwerksdiagnostik (ifab) ist klar: „Der Vormarsch der Sporen liegt in über 90 Prozent der Fälle an falschem Wohnverhalten.“
So bleibt Schimmel draußen: In Massivbauten gleichmäßig durchheizen, selbst wenn die Wohnung leer steht. Warme Luft kann mehr Wasser aufnehmen als kalte. Temperaturen von 20, 21 Grad in Wohn- und 16 bis 18 Grad in Schlafzimmern sind ratsam. Selten genutzte Räume dürfen kühler sein. Aber dann müssen die Türen zu bleiben. So kann sich die wärmere Luft aus der Restwohnung dort nicht niederschlagen. Der Temperaturunterschied zwischen Räumen darf nicht größer als 5 Grad sein. Das Bad immer gut heizen und mehrmals täglich mindestens fünf Minuten stoßlüften, gerade im Winter (und die Fenster nicht nur kippen).
Mit einem Hygrometer lässt sich die Luftfeuchtigkeit im Haus kontrollieren. Sie sollte im Winter zwischen 30 und 45 Prozent liegen. Ein digitales Hygrometer ist im Baumarkt für etwa 20 Euro zu kriegen. Wer bereits Mikroben im Haus hat, kann den Befall testen lassen: beispielsweise bei der Stiftung Warentest (47 Euro). Berrit Gräber