Vorverurteilung?

Die Marine- Ermittler gehen erst am Donnerstag an Bord: Annette Zoch, AZ-Redakteurin, über die Entlassung des Gorch-Fock-Kapitäns
von  Abendzeitung
Annette Zoch
Annette Zoch © Martha Schlüter

Die Marine- Ermittler gehen erst am Donnerstag an Bord: Annette Zoch, AZ-Redakteurin, über die Entlassung des Gorch-Fock-Kapitäns

Drill, psychischer Druck, vorsintflutliche Rollenbilder: All das sollte auf einem Marine-Ausbildungsschiff wie der Gorch Fock keinen Platz haben, keine Frage. Und es ist nur richtig, dass die Vorwürfe nach dem Tod einer jungen Offiziersanwärterin im November 2010 jetzt endlich aufgeklärt werden.

Doch wie Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sich als vermeintlicher Aufklärer stilisiert, das ist schon bemerkenswert. Kleiner Rückblick: Als die Vorwürfe gegen die Gorch Fock in der vergangenen Woche bekannt wurden, strafte Guttenberg alle Kritiker, alle Fragen stellenden Journalisten und Oppositionspolitiker, öffentlich ab: Sie betrieben eine infame Vorverurteilung, sie sollten zunächst die Untersuchung abwarten.

Dann plötzlich feuert der Verteidigungsminister im Alleingang, ohne Rücksprache und per Handy-Telefonat den verantwortlichen Schiffskommandanten, Kapitän zur See Norbert Schatz. Ohne ihn vorher anzuhören. Wohlgemerkt: Die von Guttenberg losgeschickten Marine-Ermittler gehen erst an diesem Donnerstag an Bord. Die Gorch Fock ankert so lange imargentinischen Hafen Ushuaia. Wer betreibt hier Vorverurteilung?

Das Ganze erinnert unrühmlich an die Vorgänge nach dem Angriff auf einen Tanklaster bei Kundus: Auch da war Guttenberg ganz schnell dabei, seinen Generalinspekteur zu feuern. Doch indem man möglichst zackig und öffentlichkeitswirksam einen Sündenbock abschießt, lassen sich Führungsprobleme innerhalb der Bundeswehr nicht lösen.

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