"Von Schiffsfonds sollten Sie die Finger lassen"

Bei der AZ-Telefonaktion zum Thema Rente wurde klar: Immer wieder drängen Berater die Anleger in riskante Produkte, die für die Altersvorsorge überhaupt nicht geeignet sind. Was viele Leser neben Anlage-Tipps auch wissen wollten: Wann kann ich in Rente gehen? Und wieviel Abschläge muss ich hinnehmen, wenn ich früher aufhöre zu arbeiten?
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Was wird aus der Rente in der Krise? Das war das Hauptthema bei der AZ-Telefonaktion.
dpa 3 Was wird aus der Rente in der Krise? Das war das Hauptthema bei der AZ-Telefonaktion.
Walter Glanz von der Deutschen Rentenversicherung
DRV 3 Walter Glanz von der Deutschen Rentenversicherung
Merten Larisch, Altersvorsorgeexperte der Verbraucherzentrale Bayern
VZ Bayern 3 Merten Larisch, Altersvorsorgeexperte der Verbraucherzentrale Bayern

MÜNCHEN/NÜRNBERG - Bei der AZ-Telefonaktion zum Thema Rente wurde klar: Immer wieder drängen Berater die Anleger in riskante Produkte, die für die Altersvorsorge überhaupt nicht geeignet sind. Was viele Leser neben Anlage-Tipps auch wissen wollten: Wann kann ich in Rente gehen? Und wieviel Abschläge muss ich hinnehmen, wenn ich früher aufhöre zu arbeiten?

Wie wirkt sich die Wirtschaftskrise auf meine Rente aus? Diese Frage treibt derzeit viele Verbraucher um. Das wurde bei der Telefonaktion zur Altersvorsorge deutlich, die die AZ zusammen mit der Initiative „Altersvorsorge macht Schule“ veranstaltete.

Angela Müller und Walter Glanz von der Deutschen Rentenversicherung sowie Merten Larisch von der Verbraucherzentrale Bayern beantworteten die Fragen der AZ-Leser. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die Fragen zur Altersrente

Gunter J., München. Ich bin 61 Jahre alt und zahle seit 1963 in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Ich hatte jetzt eine Herzoperation und überlege daher, schon mit 63 in Rente zu gehen. Geht das?

Das geht, Sie müssten dann aber einen dauerhaften Abschlag auf Ihre Rente von 0,3 Prozent für jeden Monat hinnehmen, den Sie vor dem 65sten Lebensjahr in Rente gehen. Sie bekommen dann also 7,2 Prozent weniger Ruhegeld. Sie sollten prüfen, ob Sie wegen ihres Herzleidens nicht einen Schwerbehindertenausweis mit einem Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent bekommen. Dann könnten Sie bereits jetzt in Rente gehen – ebenfalls mit einem Abschlag von 7,2 Prozent.

Gerda H., Nürnberg. Ich bin Jahrgang 1953 und zahle seit 38 Jahren in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Wann kann ich frühestens in Rente gehen? Wann muss ich den Rentenantrag stellen?

Frühestens in Rente können Sie mit Beginn des 63sten Lebensjahres. Für Sie kommt leider die Altersrente für Frauen nicht mehr in Frage, bei der Sie schon mit 60 Jahren in Rente könnten. Sie gilt nur bis zum Jahrgang 1951. Den Rentenantrag können sie ein Jahr vor Rentenantritt stellen. Es reicht aber aus, wenn Sie das vier Monate vor Antritt der Rente tun.

Hilde F., Erlangen. Ich bin Jahrgang 1951 und würde gerne mit 60 in Rente gehen. Wieviele Abzüge muss ich hinnehmen?

Sie können mit 60 in Rente, wenn Sie ab dem 40sten Lebensjahr mindestens zehn Beitragsjahre und einen Monat Pflichtbeiträge angesammelt haben. Ihre Versicherungszeit muss insgesamt mindestens 15 Jahre betragen. Ihr Rentenabschlag liegt dann bei 18 Prozent. Für jeden Monat, den Sie später in Rente gehen, reduziert sich der Abschlag um 0,3 Prozent.

Andreas W., Germering. Mein Betrieb hat etlichen Mitarbeitern betriebsbedingt gekündigt. Sie wechseln in eine Transfergesellschaft und erhalten dort noch für neun Monate 75 Prozent ihres letzten Bruttolohns. Wie wirkt sich das auf die Rente aus?

Für diese Zeit werden nur noch Rentenbeiträge aus 75 Prozent des Einkommens gezahlt. Das heißt: Die Rentensteigerung fällt für diesen Zeitraum um ein Viertel geringer aus. Der Rentenabschlag, der sich daraus insgesamt ergibt, ist unterm Strich aber gering.

Gerlinde Z., München. Ich bin 62 Jahre alt. Mein Arbeitgeber möchte, dass ich vorzeitig in Rente gehe. Ich hätte dann aber erhebliche Abzüge. Was kann ich tun?

Sie könnten Ihrem Arbeitgeber eine Altersteilzeitlösung vorschlagen. Das ist noch möglich, wenn Ihr Arbeitgeber einverstanden ist. Nach dem Gesetz muss der Arbeitgeber mindestens 70 Prozent des bisherigen Entgeltes zahlen. Für die Rentenversicherung sind Beiträge in Höhe von 90 Prozent des bisherigen Entgeltes zu entrichten. Sie könnten die Altersteilzeit bis zum 65. Lebensjahr vereinbaren und würden dann ohne Rentenabschläge in die Rente gehen. Wählen Sie das Blockmodell, würden Sie in der ersten Hälfte der Altersteilzeit mit dem reduzierten Entgelt wie bisher weiterarbeiten, in der zweiten Hälfte bleiben Sie zuhause und beziehen das Entgelt bis zur Rente weiter.

Die Fragen zur privaten Altersvorsorge

Herbert K., Olching. Ich habe mit Hilfe betrieblicher Altersvorsorge bislang in eine Kapitallebensversicherung eingezahlt. Nun gibt es das Angebot, die Entgeltumwandlung in eine fondsgebundene Lebensversicherung fließen zu lassen. Soll ich meine Kapitallebensversicherung beitragsfrei stellen und stattdessen die fondsgebundene Lebensversicherung wählen?

Auf keinen Fall. Fondsgebundene Lebensversicherungen sind keine besonders attraktive Geldanlage. Außerdem haben Sie bei der Kapitallebensversicherung bereits hohe Provisionen gezahlt. Das müssten Sie für die fondsgebundene Versicherung erneut tun. Bleiben Sie daher lieber bei der Kapitallebensversicherung.

Thomas T., München. Ich habe einen Fondssparplan abgeschlossen und bislang 4000 Euro eingezahlt. Der Rückkaufswert beträgt aber nur noch 1200 Euro. Ich habe den Vertrag jetzt beitragsfrei gestellt. War das richtig?

Nein. Eigentlich ist es gerade jetzt besser, den Sparplan weiter zu bedienen. Weil die Börsenkurse niedrig sind, kaufen Sie derzeit Anteile günstig ein. Sie sollten allerdings überprüfen, ob die Fonds, in die Sie sparen, auch gut sind. Die Stiftung Warentest veröffentlicht monatlich in der Zeitschrift „Finanztest“ eine Fonds-Rangliste. Daran sollten Sie sich orientieren und möglicherweise Ihre Fondsauswahl überdenken.

Walter J., Fürth. Ich bin 59 Jahre alt und zahle seit vier Jahren über meinen Arbeitgeber in eine Pensionskasse ein. Seit März bin ich arbeitslos. Lohnt es sich, die Beiträge weiter zu zahlen?

Wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind, lohnt es sich nicht. Sie müssen auf die späteren Auszahlungen volle Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zahlen. Wenn Sie jetzt Beiträge aus der eigenen Tasche leisten, zahlen Sie diese Beiträge doppelt. Stellen Sie den Vertrag lieber beitragsfrei und suchen Sie sich eine andere Form der Geldanlage.

Sigrid J., München. Ich bin 73 Jahre alt. Aus dem Verkauf einer kleinen Wohnung bekomme ich 42.000 Euro. Wie soll ich das Geld für die nächsten Jahre möglichst sicher anlegen? Meine Bank hat mir einen Schiffsfonds empfohlen. Ist das sinvoll?

Von Schiffsfonds sollten Sie die Finger lassen. Da kann es passieren, dass Sie ihr Geld komplett verlieren. Wenn Sie ganz auf Nummer sicher gehen wollen, suchen Sie sich ein gut verzinstes Tagesgeld- oder Festgeldkonto. Auch ein Sparbrief kommt in Frage. Die Verzinsung sollte aber nicht unter drei Prozent liegen.

Jürgen F., Nürnberg. Ich habe vor Jahren 30.000 Euro in einen Drei-Länder-Fonds investiert. Mit diesem geschlossenen Immobilienfonds habe ich bereits eine Menge Verlust gemacht. Es gibt jetzt die Möglichkeit zu kündigen. Die Fondsgesellschaft plant, die Kündigungsfrist nochmal zu verlängern. Was soll ich tun?

Kündigen Sie! Die Drei-Länder-Fonds sind alles andere als sichere Geldanlagen. Sie laufen Gefahr, Ihr Geld restlos zu verlieren. Sie fahren ganz sicher besser, wenn Sie sich für den Restbetrag eine andere Anlageform suchen.

Hier gibt es Altersvorsorge-Kurse für Verbraucher

In Zusammenarbeit mit den Volkshochschulen bietet die Initiative "Altersvorsorge macht Schule" auch Kurse zur Altersvorsorge in den verschiedensten Städten an. Der Einstiegskurs geht über 90 Minuten und ist kostenlos. Die Intensivkurse gehen über drei mal vier Stunden und kosten 20 Euro.

Der nächste Intensivkurs in München findet am 20 Juni statt, in der Volkshochschule, Kellerstraße 6, Am Gasteig (Tel.: 089/480060). Einstiegskurse gibt es dann wieder im Herbstprogramm. In Erlangen gibt es einen Einstiegskurs am 23. Juni, VHS Erlangen, Friedrichstraße 19-21 (Tel. 09131/862668).

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