Von Pierer streitet Korruptionsvorwürfe ab

München (dpa) - Nach erneuten Vorwürfen in der Schmiergeldaffäre bei Siemens und einem Treffen mit der Staatsanwaltschaft hat der frühere Konzernchef Heinrich von Pierer abermals seine Unschuld beteuert. Der Vorwurf, er habe Schmiergeldzahlungen angeordnet, sei falsch, sagte er «Welt Online».
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Der frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer wird schwer belastet.
dpa Der frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer wird schwer belastet.

München (dpa) - Nach erneuten Vorwürfen in der Schmiergeldaffäre bei Siemens und einem Treffen mit der Staatsanwaltschaft hat der frühere Konzernchef Heinrich von Pierer abermals seine Unschuld beteuert. Der Vorwurf, er habe Schmiergeldzahlungen angeordnet, sei falsch, sagte er «Welt Online».

Er könne sich aber «mit Blick auf die Gespräche mit der Staatsanwaltschaft im Moment in der Öffentlichkeit nur begrenzt gegen Vorwürfe wehren». Der Leitende Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld der Deutschen Presse-Agentur dpa, am Montag werde es ein weiteres Gespräch geben.

Die Staatsanwaltschaft München hatte am Samstag bestätigt, dass sie in Gesprächen mit Pierer stehe. Auf Wunsch Pierers habe es am Freitag zusammen mit seinem Anwalt ein längeres Gespräch bei der Staatsanwaltschaft gegeben, sagte Schmidt-Sommerfeld und bestätigte damit entsprechende Angaben der «Süddeutschen Zeitung» (SZ/Samstag). Zu Anlass und Inhalt des Gesprächs, wollte er sich nicht äußern. Ob es Ermittlungen gegen Pierer gebe, ließ er offen.

In dem Siemens-Korruptionsskandal geht es um 1,3 Milliarden Euro an dubiosen Zahlungen, die vermutlich größtenteils als Schmiergeld im Ausland eingesetzt wurden. Nach übereinstimmenden Medienberichten gibt es neue Anschuldigungen gegen Pierer. Ein Siemens-Manager habe ausgesagt, Pierer habe ihn und einen Kollegen angehalten, fragwürdige Provisionszahlungen im Millionenhöhe im Zusammenhang mit einem Großauftrag in Argentinien vorzunehmen, hieß es übereinstimmend in der «SZ» sowie in der Online-Ausgabe des «Handelsblattes» (Samstag) und bei «Spiegel Online».

Schmidt-Sommerfeld sagte dem «Handelsblatt»: «Es hat am Mittwoch eine Aussage gegeben, die Anlass dafür war, dass Herr von Pierer mit seinem Anwalt bei uns erschienen ist.» Erst, wenn die Gespräche abgeschlossen seien, werde die Staatsanwaltschaft entscheiden, wie es weitergeht. Pierer gelte damit weiter nicht als Beschuldigter, hieß es aus Justizkreisen.

Nach Angaben der «SZ» sagte der Manager bei einer Zeugenaussage der Münchner Staatsanwaltschaft, er habe sich gegen die Zahlungen gewehrt. Pierer habe ihm und seinem Kollegen daraufhin gesagt, sie müssten sich wie «Soldaten von Siemens» verhalten, später seien zehn Millionen Dollar an eine Beraterfirma in der Schweiz gezahlt worden. Pierer sagte dazu laut «Welt Online»: «Den Ausspruch ”Soldaten von Siemens” habe ich nie benutzt. Das ist auch nicht meine Terminologie.» Der frühere Konzernchef und Aufsichtsratsvorsitzende hat bisher stets jegliche Verwicklung in die Schmiergeldaffäre von sich gewiesen.

Ein Siemens-Sprecher wollte sich zu dem Bericht nicht äußern. Siemens habe Interesse an einer Aufklärung und kooperiere mit den Behörden, sagte er lediglich. Man vertraue auf die Arbeit der Experten. Mehrere Siemens-Angestellte der mittleren Ebene hatten laut «SZ» (Montagausgabe) ausgesagt, dass sie bei fragwürdigen Geschäften mitmachen mussten.

Am Vortag war bereits bekanntgeworden, dass der Aufsichtsrat von Siemens Schadenersatzklagen gegen bis zu zehn ehemalige Vorstände erwägt. Mehrere Mitglieder des Kontrollgremiums gingen davon aus, dass ein Vorgehen gegen den gesamten früheren Zentralvorstand «unumgänglich» sei, hatte die «SZ» berichtet. Das Unternehmen stütze sich auf ein Rechtsgutachten, dessen Existenz in Unternehmenskreisen bestätigt wurde. Insgesamt werde gegen 270 Verdächtige ermittelt, berichtete die «SZ» (Montagausgabe). Die Untersuchungen seien vom Unternehmensbereich Telekommunikation (Com) auch auf andere Konzernsparten ausgeweitet worden.

Auch Aktionärsschützer halten solche Schadenersatzforderungen gegen die Ex-Vorstände für unabdingbar, falls sich Beweise für Verfehlungen ergeben sollten. «Falls der jetzige Vorstand davon Kenntnis hat, dass das frühere Management von Korruption wusste, müssen sie meines Erachtens Schadenersatzansprüche geltend machen», sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz der dpa. «Ganz Siemens hat ein Vertrauens- und Imageproblem in der Außendarstellung.» Um gegenzusteuern, müsse Konzernchef Peter Löscher durchgreifen.

«Es darf keine Rücksicht auf irgendetwas genommen werden, auch nicht auf irgendwelche langjährigen Verdienste. Dafür sind die Vorwürfe einfach zu gravierend», sagte Bergdolt. Dies sei auch als Signal an die mächtige US-Börsenaufsicht SEC wichtig, von der Siemens in der Schmiergeldaffäre die größte Gefahr droht. «Eines ist sicher: Die SEC ist knallhart und nimmt auf Befindlichkeiten und frühere Verdienste keine Rücksicht», sagte Bergdolt.

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